Hintergrund:
Die Verordnung (EG) Nr. 6/2002 sieht den Schutz eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters vor, soweit es neu ist und Eigenart hat. Ein Geschmacksmuster gilt u.a. dann nicht als neu, wenn es vor den zwölf Monaten, die dem in Anspruch genommenen Prioritätstag vorausgehen, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, es sei denn, dass dies den in der EU tätigen Fachkreisen nicht bekannt sein konnte.
Im November 2004 meldete die Western Brands LLC beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) Geschmacksmuster als Gemeinschaftsgeschmacksmuster für Schuhe an und nahm die Priorität einer im Mai 2004 in den USA eingereichten Patentanmeldung in Anspruch. Das Geschmacksmuster wurde im Februar 2005 als Gemeinschaftsgeschmackmuster eingetragen. Im November 2005 wurde das Gemeinschaftsgeschmackmuster auf die Klägerin, das Unternehmen Crocs, übertragen.
Im Jahr 2013 reichte das französische Unternehmen Gifi Diffusion beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung des Geschmacksmusters ein, weil es ihm an Neuheit fehle. Gifi trägt vor, das Geschmacksmuster sei der Öffentlichkeit vor Mai 2003, d.h. vor dem Zeitraum von zwölf Monaten vor dem in Anspruch genommenen Prioritätstag (d.h. dem Zeitpunkt der Einreichung einer Patentanmeldung in den USA) zugänglich gemacht worden.
Im Juni 2016 erklärte das EUIPO das Geschmacksmuster mit der Begründung für nichtig, dass es vor Mai 2003 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei und es ihm daher an Neuheit fehle. Nach Ansicht des EUIPO war die Offenbarung mit der Präsentation auf der Website von Crocs, mit einer Präsentation anlässlich einer Nautikmesse in den USA und damit erfolgt, dass die nach dem Geschmacksmuster gestalteten Schuhe hätten erworben werden können. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Crocs stützt sich insbesondere darauf, dass die Offenbarung im Internet Handlungen betreffe, die den in der Union tätigen Fachkreisen des betroffenen Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf nicht hätten bekannt sein können.
Das EuG wies die Klage ab. Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.
Die Gründe:
Im Hinblick auf die Frage, ob das Geschmacksmuster vor Mai 2003 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht bestritten hat, dass die drei vom EUIPO festgestellten Offenbarungshandlungen tatsächlich stattgefunden haben. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Handlungen, die eine Offenbarung darstellen, nicht unbedingt im Unionsgebiet erfolgt sein müssen. Das EUIPO ist insoweit rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass zumindest durch diese drei Offenbarungshandlungen zusammen das streitige Geschmacksmuster der Öffentlichkeit vor Mai 2003 zugänglich gemacht worden ist.
Zudem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die drei vom EUIPO festgestellten Offenbarungshandlungen den in der Union tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs (d.h. den Fachkreisen für Schuhverkauf und -erzeugung) im normalen Geschäftsverlauf nicht hätten bekannt sein können. Die Klägerin hat weder rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass ihre Website von Schuherzeugern, die außerhalb der USA tätig seien, nicht habe gefunden werden können, noch dass diese Fachkreise von der Nautikmesse in Fort Lauderdale keine Kenntnis gehabt hätten, in Anbetracht des internationalen Charakters und des großen Erfolgs, den die Präsentation der betreffenden Schuhe dort verzeichnete.
Im Übrigen wurden die Schuhe damals in einer großen Anzahl amerikanischer Bundestaaten vermarktet; in Anbetracht der Bedeutung der Geschäftstrends auf dem amerikanischen Markt ist es insoweit für den Unionsmarkt wenig wahrscheinlich, dass diese Vermarktung den in der Union tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs nicht aufgefallen wäre.
Linkhinweis:
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