Mit Beschluss vom 13.09.2023 (Az. I B 11/22 (AdV)) äußert der BFH nach summarischer Prüfung verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel, weil bei unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen für das Streitjahr 2016 die niedrigste Gesamtsteuerbelastung in Deutschland - unter Einbeziehung der Gewerbesteuer - bei 22,825 % liegt, während die Niedrigsteuerschwelle des § 8 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 AStG a. F. 25 % beträgt. Diese auch im Schrifttum geäußerten Zweifel seien gewichtig, da sich damit die Niedrigsteuerschwelle nicht mehr mit dem Gesetzeszweck der Bekämpfung der Gewinnverlagerung in niedrig besteuerte Gebiete sachlich rechtfertigen lasse. Vielmehr sei das Festhalten an der Niedrigsteuerschwelle von 25 % geeignet, die Hinzurechnungsbesteuerung in Richtung eines generellen Anrechnungssystems zu ändern, in dem alle betroffenen ausländischen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterworfen werden sollen. Insbesondere im Fall einer inländischen gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft könne es aber dabei - infolge der im Ausland nicht bekannten Gewerbesteuer - zu Anrechnungsdefiziten kommen, die auch den unionsrechtlichen Vorgaben zum vollen Abzug ausländischer Steuern von der inländischen Steuerschuld widersprechen.
Dennoch lehnt der BFH die Gewährung einer AdV ab, da wegen der im Streitfall vorliegenden Nullbesteuerung der Einkünfte der Zwischengesellschaft im Ausland der inländische Steuerpflichtige von einer etwaigen Verfassungs- oder EU-Rechtswidrigkeit nicht profitieren könnte. Dem BFH erscheint es als schlechthin ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber einen etwaigen Verfassungsverstoß durch eine vollständige Abschaffung der Hinzurechnungsbesteuerung beseitigen würde.
Hinweis: Derzeit ist beim BVerfG noch eine Verfassungsbeschwerde gegen die Regelung der Hinzurechnungsbesteuerung unter dem Az. 2 BvR 923/21 anhängig.
Auch § 8 Abs. 5 AStG in der seit 01.01.2022 geltenden Fassung sieht eine Niedrigsteuerschwelle von 25 % vor. Im Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der globalen Mindeststeuer in nationales Recht vom 16.08.2023 ist jedoch eine Absenkung auf 15 % für Zwischeneinkünfte, die in einem nach dem 31.12.2023 endenden Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstehen, vorgesehen.