Daher dürfen die Aufsichtsbehörden selbst derartige Plattformen nicht nutzen. Dies gilt aber auch für andere Behörden und Unternehmen, auf die die Aufsichtsbehörde in naher Zukunft zugehen will.
Anlass für die Ankündigung des LfDI BW, das soziale Netzwerk Twitter künftig nicht mehr zu nutzen, sind Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Mit Urteil vom 5.6.2018 (Rs. C-210/16) hat der EuGH entschieden, dass neben dem Betreiber des sozialen Netzwerks auch der Betreiber einer Fanpage in diesem Netzwerk für die Datenverarbeitung durch den Betreiber des sozialen Netzwerkes verantwortlich ist. Fanpages sind, nach dem Verständnis des EuGH, Benutzerkonten, die sowohl von Privatpersonen als auch von Unternehmen eingerichtet werden können. Der Fanpage-Anbieter kann die Fanpage dazu benutzen, sich den Nutzern dieses sozialen Netzwerks zu präsentieren und Äußerungen aller Art in den Medien- und Meinungsmarkt einzubringen. Über die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten der Besucher einer Facebook-Fanpage hat der EuGH keine Aussage getroffen. Dieser Entscheidung hat sich das BVerwG mit Urteil vom 11.9.2019 (Az. 6 C 15/18) angeschlossen und entschieden, dass eine Aufsichtsbehörde auch gegenüber dem Betreiber einer Fanpage anordnen darf, diese zu deaktivieren.
Zur Rechtmäßigkeit des Betriebs von Fanpages in den sozialen Medien hat die Datenschutzkonferenz, ein Gremium aus den Landesdatenschutzbeauftragten und dem Bundesdatenschutzbeauftragten, in Reaktion auf das Urteil des EuGH in einer Positionierung vom 1.4.2019 ausgeführt, dass ein datenschutzkonformer Betrieb von Fanpages derzeit nicht möglich ist. Denn ohne Kenntnis der Verarbeitungstätigkeiten, die der eigenen Verantwortung unterliegen, ist der Verantwortliche nicht in der Lage zu bewerten, ob die Verarbeitungstätigkeiten rechtskonform durchgeführt werden. Zweifel gehen zu Lasten der Verantwortlichen.
Der LfDI BW hat angekündigt, mit Behörden und Unternehmen Gespräche zu führen und ggf. Verwarnungen auszusprechen oder die Abschaltung des Accounts anzuordnen. Neben diesen Maßnahmen verfügen die Aufsichtsbehörden seit Inkrafttreten der DSGVO über weitere Untersuchungs- und Aufsichtsbefugnisse. Dies sind z. B. die Verhängung von Verboten oder Bußgeldern. Von der Möglichkeit, Bußgelder zu verhängen, machen die Aufsichtsbehörden zunehmend Gebrauch. Bei Verstößen gegen die Vorgaben der DSGVO drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 4 % des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes oder bis zu 20 Mio. Euro, je nachdem, welcher Betrag höher ist.
Unklar bleibt derweil, welche Maßnahmen des LfDI BW konkret zu befürchten sind. Auch ist nicht geklärt, wie andere Behörden mit Fanpages umgehen werden. Denn die Auffassung des LfDI BW findet teilweise deutlichen Widerspruch. Unter Datenschützern wird diskutiert, ob sich das Urteil des BVerwG überhaupt auf Twitter und andere Plattformen übertragen lässt. Die Verarbeitung personenbezogener Daten unterscheide sich bei jedem Betreiber. Die bloße Nutzung eines sozialen Netzwerkes sei zudem nicht mit dem Betrieb einer Fanpage gleichzusetzen. Weiter wird darauf hingewiesen, dass auch für Facebook-Fanpages die Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung noch nicht feststeht. Auch andere Behörden werden den Betrieb ihrer Kanäle in den sozialen Medien indes nicht einstellen. Die französische Datenschutzbehörde kündigte am 14.1.2020 an, in Zukunft eine Seite auf der Plattform Reddit zu betreiben.
Zuletzt ist der Ankündigung des LfDI BW zu entnehmen, dass er zunächst mit anderen Behörden und erst im Anschluss mit Unternehmen Gespräche führen wird. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen der LfDI BW gegenüber den Behörden ergreifen wird. Unternehmen, die weiterhin die Kanäle der sozialen Medien nutzen möchten, sollte sich in jedem Fall um höchste Transparenz bei der Datenverarbeitung bemühen und beobachten, ob die zuständige Behörde sich der Auffassung des LfDI BW anschließt.