Keine erweiterte Kürzung bei Inventarpensionsgeschäft
Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder zudem eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, profitieren von einer erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung. Werden neben Grundbesitz Betriebsvorrichtungen, wie z. B. das Inventar eines Hotels, zeitlich begrenzt überlassen, ist die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags jedoch grundsätzlich ausgeschlossen.
Im Streitfall hatte die Eigentümerin einer Hotelimmobilie zunächst das Hotel inklusive des Inventars vermietet. Im Jahr 2015 wurde der Mietvertrag dahingehend geändert, dass das Eigentum am Hotelinventar für die Dauer des Mietvertrags an den Mieter übertragen wurde. Der Mietzins blieb unverändert. Nach Beendigung des Mietverhältnisses sollte das Inventar der Art und Qualität der Erstausstattung entsprechend an die Vermieterin zurückübereignet werden. Die von der Vermieterin ab dem Jahr 2015 begehrte erweiterte gewerbesteuerliche Grundstückskürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG lehnte das Finanzamt ab.
Das FG Schleswig-Holstein bestätigte mit Urteil vom 29.09.2021 (Az. 4 K 36/20, EFG 2022, S. 54) die Versagung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags und verwies auf eine ähnlich gelagerte BFH-Entscheidung vom 11.04.2019 (Az. III R 36/15, DStR 2019, S. 1859), in der ein Hotel samt Ausstattung vermietet wurde. Für die Finanzrichter ist die zeitlich befristete Überlassung des Inventars im Streitfall ein Pensionsgeschäft und steht als solches einer Vermietung gleich. Da es sich bei dem Hotelinventar um Betriebsvorrichtungen handele, liege ein für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags schädliches Nebengeschäft vor.
Hinweis: Die Revision ist beim BFH anhängig (Az. IV R 24/21). In der Praxis sehr zu begrüßen ist die ab dem Erhebungszeitraum 2021 mit dem Fondsstandortgesetz in Kraft getretene Neuregelung in § 9 Nr. 1 Satz 3 GewStG, die verschiedene kürzungsunschädliche Ausnahmetatbestände auflistet. Dazu gehört eine Bagatellgrenze für Einnahmen aus gewerblichen Nebengeschäften mit den Mietern (z. B. aus der Überlassung von Betriebsvorrichtungen). Sofern die Einnahmen daraus nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Grundstücksüberlassung sind, ist dies begünstigungsunschädlich (§ 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG).
Keine schädliche Wirkung eines Formwechsels
Bei einem Formwechsel werden trotz eines tauschähnlichen Rechtsträgerwechsels Grundstücke nicht schädlich für die Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung „überführt“ oder „übertragen“.
Geklagt hatte eine grundbesitzverwaltende Objektgesellschaft, welche die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen i. S. d. § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG begehrte. Die Klägerin war zunächst als KG gegründet worden, wurde aber im Streitjahr in eine GmbH umgewandelt. In diesem Jahr veräußerte sie eine Immobilie.
Das Finanzamt verweigerte mit Verweis auf § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung. Demnach scheidet die erweiterte Kürzung aus, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus Grundbesitz enthält, der innerhalb der vorangegangenen drei Jahre zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist.
Dieser Rechtsauffassung des Finanzamts widersprach der BFH mit Urteil vom 27.10.2021 (Az. I R 39/19, DStR 2022, S. 544) und erklärte die erweiterte Grundstückskürzung für anwendbar. Nach dem Formwechsel seien der GmbH die Vermietungen der vormaligen KG zuzurechnen, sodass die GmbH qualitativ, quantitativ und auch zeitlich die Voraussetzung der ausschließlichen Grundbesitzverwaltung erfülle. Der Ausnahmetatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG sei laut BFH nicht gegeben, da eine Besitzzeitanrechnung, wie sie auch umwandlungssteuerrechtlich in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG geregelt ist, erfolge. Damit sei auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Grundbesitz in das Betriebsvermögen der übertragenden Gesellschaft, also der ursprünglichen KG, gelangt ist, was im Streitfall deutlich über drei Jahre vor der Veräußerung war.
Versagung der Begünstigung in „Immobilienkonzernen“ bei gewerblichem Grundstückshandel im Konzern
Das FG Berlin-Brandenburg versagt einer Objektgesellschaft die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG mit der Begründung, dass unter Berücksichtigung der Tätigkeiten im Immobilienkonzern aufgrund des gewerblichen Grundstückshandels die Grenzen der Vermögensverwaltung überschritten seien.
Im Streitfall erwarb eine GmbH als Objektgesellschaft eines Immobilienkonzerns in 2016 kurz nach ihrer Gründung mehrere Grundstücke mit Mehrfamilienhäusern, die vermietet wurden. Im Streitjahr 2018 wurden alle Grundstücke an einen Käufer veräußert, wobei der Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten des letzten Grundstücks mit Wirkung zum 31.12.2018 erfolgte. Weitere Objektgesellschaften des gleichen Immobilienkonzerns veräußerten ebenfalls mit gleicher Urkunde Grundstücke, so dass im Ergebnis 29 Grundstücke übertragen wurden.
Nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18.01.2022, Az. 8 K 8008/21) versagte das Finanzamt der GmbH die erweiterte Grundstückskürzung zu Recht. Die Anwendung dieser Kürzung werde nach dem Gesetzeswortlaut auf die „Verwaltung und Nutzung“ eigenen Grundbesitzes beschränkt, was dem ertragsteuerlichen Begriff der Vermögensverwaltung entspreche. Deren Abgrenzung habe nach den gleichen Grundsätzen zur Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb i. S. v. § 15 EStG zu erfolgen.
Durch die Überschreitung der sog. Drei-Objekt-Grenze innerhalb von fünf Jahren werde im Streitfall die Gewerblichkeit indiziert. Außergewöhnliche Umstände, die die Annahme eines daraus resultierenden gewerblichen Grundstückshandels ausschließen würden, sieht das Gericht nicht für gegeben. Zwar könnte die Veräußerung mehrerer Objekte an einen einzigen Erwerber als nicht nachhaltig angesehen werden und damit der Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels entgegenstehen. Jedoch ergebe sich die Nachhaltigkeit im Streitfall daraus, dass die gesellschaftsrechtliche Gestaltung des Immobilienkonzerns auf mehrere Verkäufe ausgelegt sei. Die dazu zu prüfende Wiederholungsabsicht der Geschäftsführer, die in Personalunion auf Ebene der Objektgesellschaft, in weiteren Objektgesellschaften und auf höheren Konzernebenen des Immobilienkonzerns entscheiden, sei den einzelnen Objektgesellschaften „zuzurechnen“, so dass für die gesamte Gruppe Wiederholungsabsicht bestehe. Das Gericht verneint insofern die Abschirmwirkung der einzelnen Objekt-Kapitalgesellschaften, da Entscheidungen nur formell auf Ebene der Objektgesellschaft, tatsächlich aber von der Konzernspitze getroffen würden.
Hinweis: Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen. Laut FG Berlin-Brandenburg biete der Fall die Möglichkeit zu klären, ob für die Feststellung der Nachhaltigkeit der Tätigkeit auf die einzelnen Objektgesellschaften oder unter Durchbrechung der Abschirmwirkung von Kapitalgesellschaften auf den Immobilienkonzern abzustellen ist.