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OLG Hamburg: Internet-Reiseportal darf für kommerzielle Flugvermittlungen nicht auf Buchungswebsite einer Fluggesellschaft zugreifen

Urteil des OLG Hamburg vom 24.10.2012 - 5 U 38/10

Greift ein In­ter­net-Rei­se­por­tal zum Zwecke der kom­mer­zi­el­len Flug­ver­mitt­lung auf die Bu­chungs­web­site ei­ner Flug­ge­sell­schaft zu, so kann das wett­be­werbs­recht­lich un­zulässig sein. Denn auch die nicht au­to­ri­sierte Ver­mitt­lung sei­ner Leis­tun­gen kann einen An­bie­ter in sei­ner wett­be­werb­li­chen Ent­fal­tung be­hin­dern, wenn da­durch seine ei­gent­li­chen Ver­triebs­wege nicht nur ent­ge­gen sei­ner erklärten Ab­sicht, son­dern ge­rade in wett­be­werbs­wid­ri­ger Weise um­gan­gen wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine in Dub­lin ansässige Flug­ge­sell­schaft, die in­ter­na­tio­nale Li­ni­enflüge im sog. Low-Fare-Seg­ment an­bie­tet. Diese Flüge ver­treibt sie aus­schließlich di­rekt über ihre Bu­chungs­web­site und ein ei­ge­nes Call-Cen­ter, um so zu  gewähr­leis­ten, dass die End­preise möglichst nied­rig blei­ben und die Kun­den nicht mit Ver­mitt­lungs­gebühren Drit­ter be­las­tet wer­den. Die Kläge­rin hat die ge­werb­li­che Ver­mitt­lung so­gar in ih­ren AGB ausdrück­lich aus­ge­schlos­sen und ihre Web­site tech­ni­sch so ge­stal­tet, dass ohne vor­he­rige Ak­zep­tanz der AGB keine Bu­chung bzw. Bu­chungs­ver­mitt­lung möglich ist.

Die Be­klagte ist ein großer nie­derländi­scher Rei­se­an­bie­ter. Sie be­treibt u.a. ein In­ter­net-Rei­se­por­tal, in dem sich der Kunde über die schnellste und güns­tigste Flug­ver­bin­dung zum gewünsch­ten Ziel in­for­mie­ren und an­schließend den Flug bu­chen kann. Dort können auch Flüge der Kläge­rin ge­bucht wer­den, ohne dass der Kunde de­ren Web­site be­su­chen muss.

Um die für die Aus­wer­tung nöti­gen Flug­da­ten zu er­hal­ten, greift die Be­klagte auf die Web­site der Kläge­rin mit de­ren Flug­da­ten­bank zu. Ent­schei­det sich der Kunde für einen Flug der Kläge­rin, über­mit­telt die Be­klagte die Kun­den­da­ten an de­ren Bu­chungs­sys­tem und ver­mit­telt den Ver­trags­schluss. Dafür zahlt der Kunde den Flug­preis zzgl. ei­ner von der Be­klag­ten er­ho­be­nen Ver­mitt­lungs­gebühr an die Be­klagte, die ih­rer­seits den Flug­preis an die Kläge­rin wei­ter­lei­tet.

Die Kläge­rin sah darin ein wett­be­werbs­wid­ri­ges Ver­hal­ten. Sie for­derte von der Be­klag­ten, es zu un­ter­las­sen, wei­ter­hin kom­mer­zi­ell Flüge der Kläge­rin un­ter Ver­wen­dung de­ren On­line-Flug­da­ten­bank zu ver­mit­teln. Der Klage hat das OLG nun über­wie­gend statt­ge­ge­ben. Al­ler­dings hat das Ge­richt die Re­vi­sion zum BGH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Be­klagte be­hin­dert die Kläge­rin mit ih­rem Ge­schäfts­mo­dell wett­be­werbs­wid­rig un­ter dem Ge­sichts­punkt des sog. Schleich­be­zugs.

Es ist all­ge­mein an­er­kannt, dass ein Händ­ler un­lau­ter han­delt, wenn er beim Kauf ei­nes Pro­dukts ge­genüber dem An­bie­ter, der das Pro­dukt aus­schließlich selbst ver­mark­tet und den ge­werb­li­chen Wei­ter­ver­kauf ver­bie­tet, seine Wie­der­ver­kaufs­ab­sicht ver­schweigt. Ein un­lau­te­rer Schleich­be­zug kann al­ler­dings auch dann vor­lie­gen, wenn es - wie hier - nicht um den Wei­ter­ver­kauf ei­nes Pro­dukts geht, son­dern le­dig­lich ein Ver­trags­schluss ver­mit­telt wird. Denn auch die nicht au­to­ri­sierte Ver­mitt­lung sei­ner Leis­tun­gen kann einen An­bie­ter in sei­ner wett­be­werb­li­chen Ent­fal­tung be­hin­dern, wenn da­durch seine ei­gent­li­chen Ver­triebs­wege nicht nur ent­ge­gen sei­ner erklärten Ab­sicht, son­dern ge­rade in wett­be­werbs­wid­ri­ger Weise um­gan­gen wer­den.

In­fol­ge­des­sen liegt eine Ver­let­zung le­gi­tim ab­satz­be­zo­ge­ner In­ter­es­sen der Kläge­rin vor. Ziel der Be­klag­ten ist es, den Kun­den auf ih­rer Web­site zu hal­ten und ihn zu ver­an­las­sen, den ge­sam­ten kom­mer­zi­el­len Ge­schäfts­ab­lauf aus­schließlich mit ihr und nicht mit der Kläge­rin ab­zu­wi­ckeln. So­mit wird die Kläge­rin daran ge­hin­dert, dem Kun­den vor sei­ner Bu­chungs­ent­schei­dung ihre Zu­satz­leis­tun­gen wer­bend an­zu­bie­ten. Zu­dem ist das In­ter­esse der Kläge­rin, Flug­preise an­zu­bie­ten, die nicht noch durch Ver­mitt­lungs­pro­vi­sio­nen Drit­ter ge­stei­gert wer­den, grundsätz­lich schutzfähig. Zu­mal die Be­klagte es durch die in­trans­pa­rente Ge­stal­tung ih­rer Kos­ten dar­auf an­legt, dass der Kunde nicht er­kennt, dass die Zu­satz­gebühr von ihr und nicht von den Flug­ge­sell­schaf­ten er­ho­ben wird.

Zwar stellt nicht jede Nut­zung, die dem Wil­len des An­bie­ters zu­wi­derläuft, einen wett­be­werbs­wid­ri­gen Schleich­be­zug dar. Al­ler­dings hat die Kläge­rin die ge­werb­li­che Ver­mitt­lung nicht nur in ih­ren AGB ausdrück­lich aus­ge­schlos­sen; sie hat außer­dem ihre Web­site tech­ni­sch so ge­stal­tet hat, dass ohne vor­he­rige Ak­zep­tanz der AGB keine Bu­chung bzw. Bu­chungs­ver­mitt­lung möglich ist. In­fol­ge­des­sen hatte die Be­klagte vor je­der Bu­chungs­ver­mitt­lung zunächst das Ver­mitt­lungs­ver­bot ak­zep­tiert und es an­schließend miss­ach­tet. Da­mit hat sie die Grenze zu ei­ner wett­be­werbs­recht­lich nicht mehr ak­zep­ta­blen Be­einträch­ti­gung der Kläge­rin über­schrit­ten. Da über die grund­le­gende Frage der recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen für Ver­mitt­lungs­dienst­leis­tun­gen und die Schutzfähig­keit ex­klu­si­ver Ver­triebs­mo­delle im In­ter­net noch nicht höchstrich­ter­lich ent­schie­den wurde, hat das Ge­richt die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

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