Im Anschluss an die Veröffentlichung der Campact-Entscheidung des Finanzamts Berlin hat nun Finanzminister Olaf Scholz erneut und mit Nachdruck eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts angekündigt. Da hierfür bereits dem Vernehmen nach Vorschläge vorliegen, könnte diese Änderung sehr zeitnah erfolgen. Schon jetzt gibt es die unterschiedlichsten Verlautbarungen und Initiativen, aus denen sich erahnen lässt, welche Vorhaben möglicherweise in ein Reformgesetz einfließen könnten.
Bereits seit Längerem in der Diskussion ist die Erweiterung des Gemeinnützigkeits-Katalogs des § 52 Abs. 2 AO. Hierzu liegt z. B. ein Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen vor (BR-Drs. 266/2019), wonach die Förderung des Journalismus als gemeinnützig anerkannt werden soll. Hierbei geht es nicht darum, dass der einzelne Journalist gemeinnützig tätig ist, denn dieser wird immer auch eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen. Begünstigt werden soll vielmehr die Förderung des Journalismus als solchem, wenn die Körperschaft der Selbstregulierung durch den Pressekodex oder der Beschwerdeordnung des Deutschen Presserates unterliegt. Nach der Begründung des Gesetzesantrags zeigten Erfahrungen mit stiftungs- und spendenfinanziertem Journalismus, insbesondere im angelsächsischen Raum, dass journalistische Initiativen ohne Gewinnstreben signifikante Beiträge zur Stärkung der Medienvielfalt leisten können. Damit würden Meinungsvielfalt und Pressefreiheit als wesentliche Bestandteile der Demokratie gefördert werden. Nach einem anderen Vorstoß soll auch die Einrichtung und Unterhaltung von Kommunikationsnetzwerken, die der Allgemeinheit ohne Gegenleistung offenstehen, sogenannte Freifunknetze, in den Zweckkatalog aufgenommen werden.
Ebenfalls in der Diskussion ist die Frage, ob es zu einer Verbesserung für Organisationen kommen soll, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Diesen droht der Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus, weil nach der Rechtsprechung des BFH der aktuelle Gemeinnützigkeitskatalog einer gemeinnützigen Organisation kein allgemeinpolitisches Mandat zubilligt (Vgl. hierzu novus Öffentliche Hand & Gemeinnützigkeit 3. Ausgabe 2019, Seite 12).
Daneben werden auch noch weitere Ergänzungen des Gemeinnützigkeitskatalogs diskutiert, u. a. die Förderung der Integration, die Förderung des Klimaschutzes sowie die Förderung der Menschenrechte.
Bereits Eingang in den Gesetzgebungsprozess des Jahressteuergesetzes 2019 hatte zunächst die Anhebung der Übungsleiterpauschale sowie der Ehrenamtspauschale gefunden. Diese Punkte sind jedoch in der nunmehr vom Bundestag verabschiedeten Fassung nicht mehr enthalten. Es bleibt abzuwarten, ob sie einem Gemeinnützigkeitsreformgesetz vorbehalten bleiben sollen.
Ebenfalls im Gespräch sind dem Vernehmen nach Änderungen beim Kriterium der Unmittelbarkeit. Hier wurde überlegt, ob eine Körperschaft auch dann als unmittelbar gemeinnützig tätig gelten kann, wenn sie planmäßig mit mindestens einer anderen gemeinnützigen Organisation zusammenwirkt. Ergänzt wurde dies durch Überlegungen, ob sich eine Zweckbetriebseigenschaft für die Tätigkeit einer Körperschaft auch daraus ergeben kann, dass deren Engagement die Tätigkeit einer anderen gemeinnützigen Organisation unterstützt und in der Zusammenschau die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs gegeben sind. Auch Änderungen bei der Mittelweitergabe sollen geprüft werden. Bisher regelt § 58 Nr. 2 AO, dass, soweit keine Zweckidentität gegeben ist, eine Organisation ihre Mittel nur teilweise und auch nur an in Deutschland ansässige gemeinnützige Organisationen weitergeben darf. Zukünftig könnte sich die Mittelweitergabe dann allein an § 58 Nr. 1 AO orientieren. Diese Vorschrift setzt allerdings Zweckidentität zwischen der weitergebenden und der empfangenden Organisation voraus. Es bleibt abzuwarten, ob eine solche Regelung tatsächlich beschlossen wird und wenn ja, ob diese für die betreffenden Organisationen auch tatsächlich nur vorteilhaft ist.
Positiv wäre, wenn die von den Bundesländern verschiedentlich angeregte Anhebung der Bagatellgrenze für die Steuerpflicht von Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben gemäß § 64 Abs. 3 AO beschlossen werden würde. Diese sollte ursprünglich bereits zum 1.1.2020 von derzeit 35.000 Euro auf 45.000 Euro erhöht werden.
Ob, wann und in welcher Form eine solche Gemeinnützigkeitsreform tatsächlich umgesetzt wird, ist derzeit völlig offen. Es ist zu hoffen, dass die Initiative des Finanzministers von Ende Oktober 2019 im Anschluss an das Campact-Entscheidung den Prozess nun befeuert und zeitnah eine weitere Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts erfolgt. Leider ließ sich bisher nicht ermitteln, warum die ursprünglich in das Jahressteuergesetz 2019 eingeflossenen Verbesserungen im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens wieder herausgenommen wurden.