Recht zur Optionsausübung
Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften sollen bei dem für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte zuständigen Finanzamt einen unwiderruflichen Antrag auf Anwendung der Körperschaftsbesteuerung ab dem folgenden Wirtschaftsjahr stellen können. Andere Personengesellschaften, wie z. B. die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sollen nach jetzigem Stand nicht zur Körperschaftsteuer optieren können. Die Optionsausübung soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022 möglich sein. Grundsätzlich bedarf die Antragstellung der Zustimmung aller Gesellschafter. Sofern eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag enthalten ist, soll aber eine Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter genügen, wobei die Mehrheit - ungeachtet der vertraglichen Vorgaben - mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen betragen muss.
Ausgenommen von der Option sollen zum einen Investmentfonds sein. Auch Investmentvermögen in der Rechtsform einer Personengesellschaft sollen nicht durch Ausübung der Option steuerlich zum Investmentfonds werden und die im Investmentsteuergesetz vorgesehenen Teilfreistellungen nutzen können. Zum anderen soll die Option nicht von ausländischen Gesellschaften genutzt werden können, wenn sie nach Optionsausübung in dem Staat, in dem sich ihre Geschäftsleitung befindet, keiner der deutschen unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht unterliegen.
Rechtsfolgen der Option
Die Ausübung der Option hat ausschließlich ertragsteuerliche Wirkung, d. h. es erfolgt ausschließlich ein Wechsel hin zur Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz. Für z. B. die Umsatzsteuer, Grunderwerbsteuer oder Erbschaft- und Schenkungsteuer soll die Optionsausübung unbeachtlich sein. Zivilrechtlich bleibt die bestehende Rechtsform unverändert und es gelten weiterhin die im Mittelstand geschätzten flexiblen gesellschaftsrechtlichen Regelungen für Personengesellschaften.
Nach der Optionsausübung soll die optierende Personengesellschaft mit ihren Gewinnen der Körperschaftsteuer mit 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 % und der Gewerbesteuer unterliegen. Die Steuerbelastung auf Gesellschaftsebene beliefe sich damit auf rund 30 %.
Der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung soll als Formwechsel gelten, mit all seinen ertragsteuerlichen Auswirkungen. Ein solcher Formwechsel kann zwar nach den Vorgaben des Umwandlungssteuerrechts steuerneutral erfolgen, wenn ein entsprechender Buchwertantrag gestellt wird. Erschwernisse für Personengesellschaften können sich aber dadurch ergeben, dass keine funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten werden dürfen. Dies gilt auch für funktional wesentliche Betriebsgrundlagen, die sich im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters befinden (z. B. ein an die Personengesellschaft zur Nutzung überlassenes Grundstück). Konkret bedeutet dies, dass die entsprechenden Wirtschaftsgüter mit Optionsausübung auf die Personengesellschaft übertragen werden müssen.
Im Nachgang zur Optionsausübung wären die - wie im Fall eines „echten“ Formwechsels - bestehenden siebenjährigen Sperrfristen zu beachten. Eine steuerliche Rückwirkung kommt anders als beim „echten“ Formwechsel nicht in Betracht.
Ein weiterer Nachteil kann darin bestehen, dass die steuerliche Behandlung als Formwechsel u. a. dazu führt, dass bei vorgehender Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung die Nachversteuerung eines nachversteuerungspflichtigen Betrags ausgelöst wird. Eine Verbesserung oder eine Abstimmung der Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung mit dem Optionsmodell sind im Gesetzentwurf bislang nicht vorgesehen.
Zur Umsetzung des Systemwechsels von der Besteuerung als Personengesellschaft hin zur Körperschaftsbesteuerung soll das bislang in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital auf dem sog. steuerlichen Einlagekonto der optierenden Gesellschaft erfasst werden und würde im Fall der Rückzahlung keine Besteuerung auf der Ebene der Gesellschafter auslösen (unter Beachtung der Verwendungsreihenfolge vorrangig auszuschüttender künftiger Gewinne, die als Dividende zu versteuern sind).
Die Gesellschafter der optierenden Gesellschaft würden mit ausgeschütteten Gewinnanteilen dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Natürliche Personen als Gesellschafter hätten diese als Kapitaleinkünfte ggf. mit dem Abgeltungssteuersatz oder unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens mit ihrem individuellen Einkommensteuersatz zu versteuern. Bei Kapitalgesellschaften als Gesellschafter würden die ausgeschütteten Gewinne zu 5 % der Besteuerung unterliegen, wenn die Kapitalgesellschaft zu mindestens 15 % beteiligt ist. Zu beachten ist, dass bereits eine Gewinngutschrift auf das Gesellschafterdarlehenskonto wie eine Gewinnausschüttung zu behandeln sein dürfte.
Tätigkeitsvergütungen für natürliche Personen als Gesellschafter sollen, soweit sie fremdüblich sind, als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu behandeln sein und dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Entsprechend sollen Vergütungen für gewährte Darlehen zu Einkünften aus Kapitalvermögen und Vergütungen für überlassene Wirtschaftsgüter zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen, soweit vergleichbare Leistungen an eine echte Kapitalgesellschaft steuerlich ebenso behandelt werden würden.
Rückoption
Die optierende Gesellschaft soll auf Antrag zur Besteuerung nach Personengesellschaftsgrundsätzen für nachfolgende Wirtschaftsjahre zurückkehren können. Eine zeitliche Vorgabe, nach welchem Zeitraum der Anwendung der Körperschaftsbesteuerung die Rückoption offensteht, besteht nicht. Hinsichtlich des Übergangs sollen wiederum die steuerlichen Regelungen für einen Formwechsel heranzuziehen sein. Eine steuerliche Rückwirkung scheidet erneut aus. Die Rückoption ist ihrerseits mit umfassenden ertragsteuerlichen Konsequenzen verbunden, die bestenfalls bereits in die Überlegungen zur Optionsausübung einbezogen werden sollten.
Worauf bei der Optionsausübung zu achten ist
Bei mittelständischen Personengesellschaften, die die Option zur Körperschaftsbesteuerung in Betracht ziehen, dürften regelmäßig Anpassungen im Gesellschaftsvertrag erforderlich sein. So sollten insb. die Gewinnverwendungsregelungen überprüft werden, um den sofortigen Zufluss des Gewinnanteils und damit dessen Besteuerung als Dividenden bei den Gesellschaftern zu vermeiden.
Vor der Optionsausübung sollte geprüft werden, ob im Sonderbetriebsvermögen eines oder mehrerer Gesellschafter funktional wesentliche Betriebsgrundlagen vorhanden sind. Ist dies der Fall, müsste sichergestellt werden, dass diese in das Gesamthandsvermögen der optierenden Gesellschaft übertragen werden, um die Steuerneutralität des Übergangs zur Körperschaftsbesteuerung nicht zu gefährden. Dies ist sorgfältig zu strukturieren, da die genaue zeitliche Abfolge der Übertragung und dem Wechsel zur Körperschaftsbesteuerung für die Steuerneutralität der Übertragung entscheidend sein wird.
Überlassungen von Finanzmitteln, Wirtschaftsgütern sowie Arbeitsleistung der Gesellschafter sollten auf ihre Fremdüblichkeit hin überprüft werden, um die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen in Höhe etwaiger überhöhter Zahlungen zu vermeiden.
Einkommensteuerliche oder körperschaftsteuerliche Verlustvorträge, die bei der Personengesellschaft auf Ebene der Gesellschafter festgestellt wurden, können nach Optionsausübung nicht mit Gewinnen der optierenden Gesellschaft verrechnet werden.
Gewerbesteuerlich ist unklar, ob ein vor der Optionsausübung bestehender Verlustvortrag auch bei der optierenden Gesellschaft noch genutzt werden kann, da ggf. die hierfür erforderliche Unternehmeridentität fehlen könnte. Es ist somit zu überprüfen, ob bestehende Verlustvorträge infolge der Option ggf. steuerlich nicht mehr genutzt werden können.
Neben weiteren steuerlichen Auswirkungen der Optionsausübung sollten auch die steuerlichen Folgen der etwaig in Zukunft zu nutzenden Rückoption stets ins Kalkül gezogen werden, bevor die Option erstmals ausgeübt wird.
Die Vorteilhaftigkeit der Option wird u. a. von der Geschäftsentwicklung der Gesellschaft nach der Optionsausübung abhängen. Einer besonders kritischen Prüfung sollte sie unterzogen werden, wenn negative Wert- oder Ergebnisentwicklungen zu erwarten sind.
Hinweis: Zwischenzeitlich hat das BMF den Entwurf eines Anwendungsschreibens zum Optionsmodell vorgelegt. Mehr dazu lesen Sie hier.