Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand u.a. die Übernahme, die Fortführung und der Verkauf von Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen ist. Sie ist zu 100 % an der C-GmbH beteiligt.
Im Rahmen einer Außenprüfung ging der Prüfer davon aus, dass zwischen der Klägerin und der C-GmbH seit dem Streitjahr 2007 eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestehe. Die C-GmbH habe umsatzsteuerpflichtige Erlöse auf ein nicht mit Umsatzsteuer belastetes Ertragskonto umgebucht, im Jahr 2007 ausgestellte Ausgangsrechnungen nicht verbucht und Anzahlungen nicht erfasst. Der Prüfer berücksichtigte dabei zumindest einen zeitlich vor der Eintragung des Beherrschungsvertrages im Handelsregister liegenden Geschäftsvorfall. Am 1.1.2011 wurde über das Vermögen der C-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
Infolgedessen hob das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid 2007 gegenüber der C-GmbH auf und änderte den Umsatzsteuerbescheid 2007 gegenüber der Klägerin, in dem es die Umsätze der C-GmbH nach den Feststellungen der Betriebsprüfung bei der Klägerin erfasste. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wie die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Zwar hat das FG zu Recht aus dem Beherrschungsvertrag auf die organisatorische Eingliederung der C-GmbH geschlossen, es hat aber zu Unrecht Umsatzsteuer aus Rechnungen der C-GmbH, die diese vor Wirksamwerden des Beherrschungsvertrages am 4.12.2007 begeben hatte, bei der Klägerin erfasst. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, welche Geschäftsvorfälle im Einzelnen von der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft umfasst werden.
Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Eine juristische Person ist organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert, wenn der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen muss.
Die organisatorische Eingliederung erfordert im Regelfall eine personelle Verflechtung über die Geschäftsführung der juristischen Person als Organgesellschaft. Diese Voraussetzungen werden durch die Stellung eines Mehrheitsgesellschafters gem. § 46 Nr. 6 GmbHG nicht erfüllt. Anders ist dies jedoch, wenn die juristische Person gem. § 291 AktG in direkter (bei Aktiengesellschaften) oder analoger Anwendung im GmbH-Recht die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen als dem Organträger unterstellt. In diesem Fall begründet der Beherrschungsvertrag die organisatorische Eingliederung.
Dies folgt aus den weitergehenden Rechten aus einem Beherrschungsvertrag die zur organisatorischen Eingliederung führen, weil sich das Weisungsrecht nach § 308 AktG nicht nur auf die Überwachung beschränkt, sondern darüber hinaus auf die Leitung der Gesellschaft bezieht. Im Gegensatz zum Weisungsrecht des Mehrheitsgesellschafters, das nur die Möglichkeit eröffnet, einzelne laufende Angelegenheiten an sich zu ziehen, umfasst das Weisungsrecht aus § 308 AktG die Geschäftsführung, die organschaftliche Vertretung sowie Maßnahmen im Innenverhältnis der Gesellschaft unter Einschluss der Rechnungslegung.
Dem Geschäftsführer der abhängigen GmbH können damit direkt Weisungen erteilt werden, ohne dass der Weg über die Gesellschafterversammlung beschritten werden müsste. Der Beherrschungsvertrag gewährleistet folglich von Rechts wegen den Vorrang des Organträgers vor dem Interesse der Organgesellschaft und rechtfertigt die Eingliederung.
Linkhinweis:
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