Am 08.07.2022 hat der Bundesrat mit dem „Osterpaket“ die wohl weitreichendsten Änderungen u. a. am Erneuerbare-Energien-Gesetz seit Jahren gebilligt. Bis zuletzt haben die Parlamentarier um die Regelungen gerungen. So sind noch durch Beschluss des zuständigen Bundestagsausschusses am Tag vor der Abstimmung im Bundestag Änderungen am Regierungsentwurf erfolgt.
Vereinfachter Netzanschluss bei Kleinanlagen
Nach derzeit geltendem Recht müssen Netzbetreiber Anschlussbegehrenden innerhalb von acht Wochen nach Eingang des vollständigen Netzanschlussbegehrens einen Zeitplan, eine Auflistung der noch erforderlichen Informationen, einen Kostenvoranschlag und die erforderlichen Informationen gemäß § 9 EEG (Messsystem) übermitteln. In der Vergangenheit ist es immer wieder zu Streitigkeiten darüber gekommen, ob der Netzbetreiber bei der Herstellung des Anschlusses anwesend sein muss oder nicht.
Mit einer Änderung in § 8 Abs. 6 Nr. 3 EEG hat der Gesetzgeber jetzt geregelt, dass der Netzbetreiber dem Anschlussbegehren bei Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 kWp, die auf einem Grundstück mit bestehendem Netzanschluss angeschlossen werden, darüber informieren muss, ob bei Herstellung des Netzanschlusses die Anwesenheit des Netzbetreibers erforderlich ist oder nicht. Wenn sie ausnahmsweise erforderlich sein sollte, muss der Netzbetreiber dies begründen. Unterbleibt die fristgemäße Information durch den Netzbetreiber, können diese Anlagen unter Beachtung der maßgeblichen Regelungen auch ohne Anwesenheit des Netzbetreibers angeschlossen werden.
Ab dem 01.01.2025 müssen Netzbetreiber bundesweit einheitliche Informationen für die Abwicklung von Netzanschlussbegehren für Anlagen bis 30 kWp am Hausanschluss vorhalten.
Wirkleistungsbegrenzung für Kleinstanlagen wird abgeschafft
Bislang bestand für PV-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 25 kWp ein Wahlrecht dahingehend, ob eine Einrichtung zur Fernsteuerbarkeit installiert oder die Wirkleistung auf 70 % der installierten Leistung begrenzt wird. Für Anlagen mit einer Anschlussleistung von bis zu 25 kWp, die nach Inkrafttreten des Gesetzes in Betrieb genommen werden, entfällt die Regelung ersatzlos. D. h., dass bei diesen Anlagen weder eine Einrichtung zur Fernsteuerbarkeit installiert, noch die Wirkleistung auf 70 % der installierten Leistung begrenzt werden muss. Wenn allerdings ein intelligentes Messsystem installiert ist, bleibt es dabei, dass Einrichtungen zur Fernsteuerbarkeit vorhanden sein müssen.
Erleichterungen beim Mieterstrom
Die von vielen erhofften grundlegenden Änderungen und Vereinfachungen beim Mieterstrom sind ausgeblieben. Der Gesetzgeber hat lediglich die Regelung gestrichen, wonach ein Mieterstromzuschlag nur bei Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 100 kW in Anspruch genommen werden kann. Damit ist der Weg frei, auch bei größeren Anlagen Mieterstrommodelle zu realisieren.
Höhere Vergütung für Eigenverbrauch und Volleinspeisung
Künftig wird bei der Höhe der Vergütung für Strom aus PV-Anlagen, die nicht durch Ausschreibung ermittelt, sondern im Gesetz festgelegt wird, zwischen sog. Eigenverbrauchstarifen und sog. Volleinspeisertarifen unterschieden. Der Eigenverbrauchstarif kommt zum Tragen, wenn der Strom aus der Anlage vorrangig selbst verbraucht und nur der überschüssige Strom in das Netz eingespeist wird. Der Volleinspeisetarif kommt zum Tragen, wenn der Anlagenbetreiber sich verpflichtet, dem gesamten in der Anlage erzeugten Strom in das Netz einzuspeisen und dies dem Netzbetreiber auch mitgeteilt hat. Im Eigenverbrauchstarif beträgt der anzulegende Wert bei Anlagen bis zu 10 kWp künftig 8,60 Cent/kWh (derzeit für Neuanschlüsse im Juli 2022 6,23 Cent/kWh), bei Anlagen größer 10 und bis zu 40 kWp 7,50 Cent/kWh und bei Anlagen bis zu 750 kW 6,20 Cent/kWh.
Wählt der Anlagenbetreiber den Volleinspeisetarif, erhöht sich der anzulegende Wert bei Anlagen bis zu 10 kWp noch einmal um 4,80 Cent/kWh, bei Anlagen bis zu 40 kWp um 3,80 Cent/kWh, bei Anlagen bis zu 100 kWp um 5,10 Cent/kWh und bei Anlagen bis zu 300 kWp um 3,20 Cent/kWh.
Weiterhin hat der Gesetzgeber eine Ausnahmeregelung von den Grundsätzen der Anlagenzusammenfassung eingeführt. Abweichend von § 24 EEG, der anordnet, dass die innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Monaten in Betrieb genommenen Anlagen als eine Anlage gelten, kann der Anlagenbetreiber PV-Module, die auf demselben Gebäude angebracht sind, als zwei Anlagen deklarieren, wenn der Strom aus beiden Anlagen jeweils über eine eigene Messeinrichtung abgerechnet wird und der Anlagenbetreiber dem Netzbetreiber mitteilt, für welche der beiden Anlagen er die Erhöhung aus dem „Volleinspeisetarif“ in Anspruch nehmen will.
Mit dieser Regelung kann der Anlagenbetreiber sein Anlagenkonzept optimieren. Den Anlagenteil, der den Eigenverbrauch etwa genau abdeckt, kann er dem Eigenverbrauchstarif zuordnen. Den verbleibenden Anlagenteil kann er dem Volleinspeisetarif zuordnen und damit eine deutlich höhere Vergütung erzielen.
Hinweis: Diese Anlagenkonfiguration muss bei Installation der Anlage sorgfältig geprüft werden, weil beide Anlagen messtechnisch getrennt werden müssen.
Sonderregelung: „Garten-PV“
Einen absoluten Sonderfall regelt § 48 Abs. 1 Nr. 1a EEG. Wenn auf einem Wohngebäude, das innerhalb eines bebauten Ortsteils gemäß § 34 BauGB errichtet ist, die Errichtung einer Solaranlage nicht möglich ist, darf stattdessen auf dem Grundstück eine PV-Anlage errichtet werden. Dies ist der Fall, wenn aus denkmalschutzrechtlichen oder sonstigen Gründen eine Installation einer Anlage auf einem Dach nicht in Betracht kommt. In diesen Fällen darf ausnahmsweise auf demselben Grundstück eine PV-Anlage mit einer Leistung von bis zu 20 kW errichtet werden, deren Grundfläche allerdings die Grundfläche des Wohngebäudes nicht überschreiten darf.