In Rechtsstreitigkeiten zu Gesamtversorgungszusagen entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass die Vereinbarung des Pensionseintrittsalters mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Versorgungsordnungen, die vor dem Inkrafttreten des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 gefasst wurden, auszulegen ist. Mit einer solchen Bestimmung des Pensionseintrittsalters wird nach Auffassung des BAG auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Bezug genommen, die durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz schrittweise von 65 auf 67 Jahre erhöht wurde. Somit ist als Pensionseintrittsalter die jeweilig für den Arbeitnehmer maßgebliche Regelaltersgrenze zu berücksichtigen (BAG-Urteil vom 15.5.2012, 3 AZR 11/10, BAG-Urteil vom 13.1.2015, 3 AZR 897/12). Diese Auslegung verhindert den gleichzeitigen Bezug von Lohn/Gehalt einerseits und Betriebsrente andererseits. Bilanzsteuerrechtlich bleibt laut BMF-Schreiben vom 9.12.2016 (IV C 6 - S 2176/07/10004 :003, BStBl. I 2016, S. 1427) jedoch grundsätzlich das schriftlich fixierte Pensionseintrittsalter maßgebend (vgl. hierzu novus Januar/Februar 2017, S. 12).
Ist beabsichtigt, der Rechtsprechung des BAG zu folgen und für den Beginn der Rentenzahlungen (Pensionseintrittsalter) auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abzustellen, ist nach Auffassung des BMF aus bilanzsteuerrechtlicher Sicht die Anpassung des Pensionseintrittsalters durch eine entsprechende schriftliche Änderung der Gesamtversorgungszusage zu dokumentieren. Andernfalls erkennt die Finanzverwaltung die Gesamtversorgungzusage wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis steuerlich nicht mehr an. Die dafür gebildeten Pensionsrückstellungen sind dann in voller Höhe gewinnerhöhend aufzulösen.
Allerdings will es die Finanzverwaltung nicht beanstanden, wenn die entsprechende schriftliche Anpassung der Gesamtversorgungszusage bis zum Ablauf des nach dem 9.12.2016 beginnenden Wirtschaftsjahres, somit regelmäßig bis zum 31.12.2017, erfolgt (Übergangsfrist).
Wie schon das BMF betont nun auch die OFD Niedersachsen mit Verfügung vom 1.9.2017 (Az. S 2176 - 115 - 241, DStR 2017, S. 2282), dass diese Rechtsauffassung nur Gesamtversorgungszusagen betreffen soll. Zudem führt die OFD Niedersachsen aus, dass eine schriftliche Anpassung der Zusage nicht erforderlich ist, sollte der Arbeitgeber vor dem Ablauf der Übergangsfrist zunächst entsprechend der BAG-Rechtsprechung die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als maßgebliches Pensionseintrittsalter herangezogen haben, nun aber zum schriftlich fixierten Pensionsalter zurückkehren wollen. Auf eine Dokumentation des in der Vergangenheit abweichend zugrunde gelegten Pensionsalters könne in diesem Fall verzichtet werden.
Zwar betreffen sowohl die Urteile des BAG als auch die Äußerungen der Finanzverwaltung nur Gesamtversorgungszusagen. Allerdings führt die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung bei konsequenter Anwendung u. E. dazu, dass auch bei solchen Pensionszusagen, die inhaltlich nicht als Gesamtversorgungszusagen ausgestaltet sind, dringender Handlungsbedarf bis zum Jahresende besteht. Denn in diesen Fällen findet die BAG-Rechtsprechung keine direkte Anwendung, sodass die Abweichung von dem schriftlich vereinbarten Rentenbeginn nicht einmal als unmittelbare Folge der BAG-Rechtsprechung begründet werden kann. Wurde in diesen Zusagen als Pensionseintrittsalter auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abgestellt, wird jedoch in entsprechender Anwendung der BAG-Rechtsprechung von dem schriftlich fixierten Pensionseintrittsalter abgewichen, droht die Nichtanerkennung der Pensionsrückstellung. Auch hier sollte dringend vor dem 31.12.2017 eine Anpassung der schriftlichen Vereinbarung vorgenommen werden, damit diese im Gleichklang mit der tatsächlichen Durchführung steht.
Hinweis
Zur Sicherstellung der steuerlichen Anerkennung der Pensionsrückstellungen dürfte deshalb in einer Vielzahl von Fällen eine Anpassung der schriftlich vereinbarten Pensionszusage noch vor Jahresende erforderlich sein. Entsprechendes kann sich ergeben bei Versorgungzusagen über eine Unterstützungskasse. Dabei sollten jedoch stets auch arbeitsrechtliche Aspekte mit berücksichtigt werden.