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Steuerberatung

Personengesellschaft als umsatzsteuerliche Organgesellschaft

Bis­her setzt die Ein­be­zie­hung ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft in einen um­satz­steu­er­li­chen Or­gankreis nach der Recht­spre­chung des V. Se­nats des BFH und der Fi­nanz­ver­wal­tung die fi­nan­zi­elle Ein­glie­de­rung der Per­so­nen­ge­sell­schaft und al­ler wei­te­ren Ge­sell­schaf­ter an die­ser vor­aus. Diese Recht­spre­chung gibt der V. Se­nat des BFH im An­schluss an die EuGH-Recht­spre­chung auf.

Hintergrund der Entscheidung

Im Jahr 2015 ent­schie­den beide Um­satz­steu­er­se­nate des BFH, dass im Wege ei­ner Aus­le­gung des Be­griffs der ju­ris­ti­schen Per­son auch Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten als Or­gan­ge­sell­schaf­ten in um­satz­steu­er­li­che Or­gankreise ein­be­zo­gen wer­den können. Un­ei­nig wa­ren sich die bei­den Se­nate le­dig­lich im Hin­blick auf die kon­kre­ten Ein­glie­de­rungs­vor­aus­set­zun­gen.

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Nach Auf­fas­sung des V. Se­nats des BFH setzt die Ein­glie­de­rung ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft ne­ben der fi­nan­zi­el­len Ein­glie­de­rung der Per­so­nal­ge­sell­schaft auch die fi­nan­zi­elle Ein­glie­de­rung al­ler wei­te­ren Per­so­nen, die an der Per­so­nen­ge­sell­schaft be­tei­ligt sind, in den po­ten­zi­el­len Or­ganträger vor­aus (vgl. bspw. BFH-Ur­teil vom 02.12.2015, Az. V R 25/13, BStBl. 2017 II, S. 547). Diese Auf­fas­sung über­nahm die Fi­nanz­ver­wal­tung (Ab­schn. 2.8 Abs. 5a UStAE). Der XI. Se­nat hatte sich hin­ge­gen mit Ur­teil v. 01.06.2016 (Az. XI R 17/11, BStBl. 2017, II S. 581) an­ders geäußert und le­dig­lich fest­ge­stellt, dass der Be­griff „ju­ris­ti­sche Per­son“ auch „ka­pi­ta­lis­ti­sch struk­tu­rierte“ Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten wie eine GmbH & Co. KG um­fasse.

Auf Vor­lage des FG Ber­lin-Bran­den­burg wi­der­sprach der EuGH mit Ur­teil vom 15.04.2021 (Rs. C-868/19, Fi­nanz­amt für Körper­schaf­ten Ber­lin) der re­strik­ti­ven Aus­le­gung des V. Se­nats des BFH und der Fi­nanz­ver­wal­tung.

Aktuelle Entscheidung des V. Senats des BFH

  • Auf­gabe der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung zur fi­nan­zi­el­len Ein­glie­de­rung

Die­ser Recht­spre­chung schließt sich nun der V. Se­nat des BFH mit Ur­teil vom 16.03.2023 (Az. V R 14/21 (V R 45/19)) im Hin­blick auf die Ein­be­zie­hung von Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten mit "ka­pi­ta­lis­ti­scher Struk­tur" an und gibt seine bis­he­rige Recht­spre­chung auf. Auf die fi­nan­zi­elle Ein­glie­de­rung al­ler wei­te­ren Ge­sell­schaf­ter der Per­so­nen­ge­sell­schaft kommt es nun­mehr nicht mehr an.

Da­mit kann nun­mehr auch nach Auf­fas­sung des V. Se­nats eine Per­so­nen­ge­sell­schaft um­satz­steu­er­li­che Or­gan­ge­sell­schaft sein, wenn an die­ser ne­ben dem Or­ganträger auch Per­so­nen be­tei­ligt sind, die in das Un­ter­neh­men des Or­ganträgers nicht fi­nan­zi­ell ein­ge­glie­dert sind. In dem Ent­schei­dungs­fall ging es um die Ein­glie­de­rung ei­ner GmbH & Co. KG, an der auch ein Kom­man­di­tist mit 20 % be­tei­ligt war.

  • Ver­fah­rens­recht­li­che Hin­weise

Zu­dem enthält die Ent­schei­dung des BFH in­ter­es­sante As­pekte zur nachträgli­chen Berück­sich­ti­gung ei­ner um­satz­steu­er­li­chen Or­gan­schaft. Denn im Streit­fall be­rief sich nur die Or­gan­ge­sell­schaft auf das Vor­lie­gen der Or­gan­schaft und be­gehrte eine geänderte Steu­er­fest­set­zung. Der Or­ganträger ge­noss dem­ge­genüber gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auf­grund der bis­he­ri­gen BFH-Recht­spre­chung Ver­trau­ens­schutz, so dass seine Ver­an­la­gung ohne Ände­rungs­an­trag nicht mehr änder­bar war.

Die­ser di­ver­gie­ren­den Her­an­ge­hens­weise wi­der­sprach nun der BFH un­ter Bestäti­gung sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung. Denn Or­ganträger und Or­gan­ge­sell­schaft können nicht be­an­spru­chen, im sel­ben Be­steue­rungs­zeit­raum für den einen Un­ter­neh­mens­teil (z. B. die Or­gan­ge­sell­schaft) auf der Grund­lage der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung und für den an­de­ren Un­ter­neh­mens­teil (z. B. der Or­ganträger) nach der geänder­ten Recht­spre­chung be­steu­ert zu wer­den (so be­reits BFH-Ur­teil vom 26.08.2021, Az. V R 13/20). Eine Auf­he­bung der bis­lang ge­genüber der GmbH & Co. KG er­gan­ge­nen Steu­er­be­scheide setzt da­her einen Ände­rungs­an­trag des Or­ganträgers nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO vor­aus. Zeit­li­che Grenze für einen sol­chen Ände­rungs­an­trag ist die Fest­set­zungs­verjährung.

Da der BFH we­der prüfen konnte, ob ein sol­cher An­trag des Or­ganträgers ge­stellt wurde, noch ob auf­grund wi­der­strei­ten­der Steu­er­fest­set­zun­gen gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 AO beim Or­ganträger ggf. doch noch keine Fest­set­zungs­verjährung ein­ge­tre­ten war, wurde die Sa­che an die er­ste In­stanz zurück­ver­wie­sen.

Was bedeutet das Urteil für Sie in der Praxis?

Un­mit­tel­bar von der geänder­ten Recht­spre­chung be­trof­fen sind bis­lang nur ka­pi­ta­lis­ti­sch struk­tu­rierte Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten. Eine Re­ak­tion der Fi­nanz­ver­wal­tung steht noch aus.

Un­abhängig da­von soll­ten Un­ter­neh­mens­grup­pen, die in der Ver­gan­gen­heit zur Ver­mei­dung von um­satz­steu­er­li­chen Or­gan­schaf­ten mit Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten diese häufig mit ei­ner Be­tei­li­gung ei­nes nicht in das Un­ter­neh­men des Mehr­heits­ge­sell­schaf­ters ein­ge­glie­der­ten Kom­man­di­tis­ten ge­stal­tet ha­ben, diese Kon­struk­tio­nen im Hin­blick auf das Vor­lie­gen der wei­te­ren Ein­glie­de­rungs­vor­aus­set­zun­gen überprüfen und zur Ver­mei­dung von Or­gan­schaf­ten ggf. wei­tere Maßnah­men tref­fen. Bei der Überprüfung po­ten­zi­el­ler Or­gan­schaf­ten sollte auch berück­sich­tigt wer­den, dass Or­ganträger grundsätz­lich auch eine natürli­che Per­son, bspw. ein ge­genüber sei­ner Ge­sell­schaft selbständig täti­ger Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer, sein kann.

Be­reits mit News­let­ter vom 03.04.2023 hat­ten wir darüber be­rich­tet, dass die deut­sche um­satz­steu­er­li­che Or­gan­schafts­re­ge­lung auf­grund ei­ner er­neu­ten Vor­lage des BFH im Hin­blick auf die Nicht­steu­er­bar­keit der In­nen­umsätze auf dem Prüfstand des EuGH steht. Auch in­so­weit muss die wei­tere Rechts­ent­wick­lung ab­ge­war­tet wer­den. Wei­tere In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier.

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