Das FG Berlin-Brandenburg legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die restriktive Rechtsauffassung der Finanzverwaltung (Abschn. 2.8 Abs. 5a S. 1 UStAE) sowie des BFH (Urteil vom 02.12.2015, Az. V R 25/13, BStBl. II 2017, S. 547) zur Einbeziehung einer Personengesellschaft als Organgesellschaft EU-rechtskonform ist. Um die als Organgesellschaft erforderliche finanzielle Eingliederung vorweisen zu können, setzt diese voraus, dass an der Personengesellschaft ausschließlich der Organträger und in dessen Unternehmen finanziell eingegliederte Personen beteiligt sind. Diese einschränkende Auslegung der finanziellen Eingliederung einer Personengesellschaft in den Organträger wird mit dem fehlenden Formzwang für Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften begründet.
Der EuGH beurteilt eine solche restriktive Auslegung jedoch mit Urteil vom 15.04.2021 (Rs. C-868/19) als EU-rechtswidrig. Die Bildung einer umsatzsteuerlichen Organschaft mit einer Personengesellschaft als Organgesellschaft dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Entscheidend sei vielmehr die Willensdurchsetzung auf Basis der Stimmrechtsverhältnisse.
Hinweis: Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diese Entscheidung reagiert. In der Praxis könnten künftig, aber auch in noch offenen Fällen Personengesellschaften mit Fremdgesellschaftern in die umsatzsteuerliche Organschaft einzubeziehen sein. In diesem Zusammenhang wird auch auf die anhängigen Verfahren beim EuGH zur Frage der Zulässigkeit der deutschen Organschaftsregelungen verwiesen. Interessant sind übrigens auch die Ausführungen des EuGH zur „Bewilligung der Bildung einer Mehrwertsteuergruppe durch die Finanzbehörde“ in Rz. 64 des o.g. Urteils, denn aktuell ist die Einführung eines Antragsverfahrens zur Umsatzsteuerorganschaft wieder einmal im Gespräch („Paket für Bürokratieerleichterungen“ des Bundeskabinetts vom 13.04.2021). Auch hier gilt es, die weitere Rechtsentwicklung zu beobachten.