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Steuerberatung

Pflanzenlieferung für Gartenanlage: Ermäßigter oder Regelsteuersatz?

BFH v. 14.2.2019 - V R 22/17

Bei einem Um­satz, der ein Bündel von Ein­zel­leis­tun­gen und Hand­lun­gen um­fasst, ist aber im Rah­men ei­ner Ge­samt­be­trach­tung zu be­stim­men, ob zwei oder mehr ge­trennte Umsätze vor­lie­gen oder ein ein­heit­li­cher Um­satz. Die Lie­fe­rung von Pflan­zen bil­det mit den da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den Gar­ten­bau­ar­bei­ten eine ein­heit­li­che kom­plexe Leis­tung, wenn auf der Grund­lage ei­nes Ge­samt­kon­zepts et­was selbständi­ges Drit­tes (Gar­ten­an­lage) ge­schaf­fen wird.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Ein­zel­un­ter­neh­mer und Or­ganträger ei­ner GmbH, die Gar­ten- und Land­schafts­bau be­treibt (GL-GmbH). Diese hatte im Juni 2009 mit der F-GmbH für das Bau­vor­ha­ben "X-Gärten" die Durchführung sämt­li­cher Leis­tun­gen des Ge­wer­kes "Gar­ten- und Land­schafts­bau" ge­gen eine Pau­schal­vergütung zzgl. Um­satz­steuer ver­ein­bart. Im Preis nicht ent­hal­ten war die Lie­fe­rung der ein­zu­set­zen­den Pflan­zen, diese soll­ten vom Bau­herrn (F-GmbH) zur Verfügung ge­stellt wer­den. Für die Be­schaf­fung der Pflan­zen wandte sich die F-GmbH an eine Firma L, mit der es aber zu kei­nem Ver­trags­ab­schluss kam.

Statt­des­sen bot die GL-GmbH im De­zem­ber 2009 die Pflan­zen­lie­fe­rung gemäß dem An­ge­bot der Firma L an. Hier­auf ver­ein­barte die GL-GmbH mit der F-GmbH u.a. das "Lie­fern und Ein­set­zen der Pflan­zen, inkl. An­wachs­ga­ran­tie gemäß geprüftem An­ge­bot, ab­zgl. 3% ver­ein­bar­ter Nach­lass gemäß An­ge­bot Firma L" zu einem Net­to­preis von 99.775 €. Sämt­li­che Pflan­zen er­warb die GL-GmbH bei der Firma L, die ihr da­bei einen Nach­lass von 15% für die Über­nahme der Gewähr­leis­tung und für das An- und Wei­ter­wach­sen der Pflan­zen gewährte. Die ver­ein­bar­ten Pflan­zen­lie­fe­run­gen durch die GL-GmbH an die F-GmbH er­folg­ten im Streit­jahr 2010.

Laut Schluss­rech­nung der GL-GmbH ent­fie­len auf die Pflan­zen­lie­fe­run­gen 129.840 €; nach dem Ab­zug von Min­de­rungs­beträgen ver­blie­ben noch rund 129.060 €, auf die der ermäßigte Steu­er­satz von 7 % an­ge­wandt wurde. In sei­ner Um­satz­steu­er­erklärung des Streit­jah­res be­han­delte der Kläger die Pflan­zen­lie­fe­rung als eine dem ermäßig­ten Steu­er­satz un­ter­lie­gende Lie­fe­rung. Nach ei­ner Be­triebsprüfung ver­trat das Fi­nanz­amt al­ler­dings die An­sicht, die Pflan­zen­lie­fe­run­gen seien als Be­stand­teil ei­ner ein­heit­li­chen Leis­tung dem Re­gel­steu­er­satz zu un­ter­wer­fen. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH die Ent­schei­dung auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Das FG ist zu Un­recht vom Vor­lie­gen ge­trenn­ter Leis­tun­gen aus­ge­gan­gen. Die Lie­fe­rung der Pflan­zen bil­det zu­sam­men mit den Gar­ten­ar­bei­ten eine ein­heit­li­che, dem Re­gel­steu­er­satz un­ter­lie­gende sons­tige Leis­tung.

Zu be­ach­ten ist, dass zunächst in der Re­gel jede Lie­fe­rung oder Dienst­leis­tung als ei­gene, selbständige Leis­tung zu be­trach­ten ist. Bei einem Um­satz, der ein Bündel von Ein­zel­leis­tun­gen und Hand­lun­gen um­fasst, ist aber im Rah­men ei­ner Ge­samt­be­trach­tung zu be­stim­men, ob zwei oder mehr ge­trennte Umsätze vor­lie­gen oder ein ein­heit­li­cher Um­satz. Da­bei sind un­ter Berück­sich­ti­gung ei­nes Durch­schnitts­ver­brau­chers die cha­rak­te­ris­ti­schen Merk­male des Um­sat­zes zu er­mit­teln. In­so­weit darf ei­ner­seits eine wirt­schaft­lich ein­heit­li­che Leis­tung nicht künst­lich auf­ge­spal­ten wer­den. An­de­rer­seits sind meh­rere for­mal ge­trennt er­brachte Ein­ze­lumsätze als ein­heit­li­cher Um­satz an­zu­se­hen, wenn sie nicht selbständig sind.

Ein ein­heit­li­cher Um­satz wird für zwei Fall­grup­pen be­jaht:

  • Zum einen liegt eine ein­heit­li­che Leis­tung vor, wenn eine oder meh­rere Ein­zel­leis­tun­gen eine Haupt­leis­tung bil­den und die an­dere Ein­zel­leis­tung oder die an­de­ren Ein­zel­leis­tun­gen eine oder meh­rere Ne­ben­leis­tun­gen bil­den, die das steu­er­li­che Schick­sal der Haupt­leis­tung tei­len. Eine Leis­tung ist ins­be­son­dere dann Ne­ben- und nicht Haupt­leis­tung, wenn sie für die Kund­schaft kei­nen ei­ge­nen Zweck, son­dern das Mit­tel dar­stellt, um die Haupt­leis­tung des Leis­tungs­er­brin­gers un­ter op­ti­ma­len Be­din­gun­gen in An­spruch zu neh­men
  • Zum an­de­ren kann sich eine ein­heit­li­che Leis­tung dar­aus er­ge­ben, dass zwei oder meh­rere Hand­lun­gen oder Ein­zel­leis­tun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen für den Kun­den so eng mit­ein­an­der ver­bun­den sind, dass sie ob­jek­tiv einen ein­zi­gen un­trenn­ba­ren wirt­schaft­li­chen Vor­gang bil­den, des­sen Auf­spal­tung wirk­lich­keits­fremd wäre.

Im vor­lie­gen­den Fall wa­ren die Pflan­zen­lie­fe­run­gen zwar keine (un­ter­ge­ord­nete) Ne­ben­leis­tung zu den Gar­ten­bau­ar­bei­ten als Haupt­leis­tung. Denn sie stel­len kein bloßes Mit­tel dar, um die Gar­ten­bau­ar­bei­ten un­ter op­ti­ma­len Be­din­gun­gen in An­spruch neh­men zu können. Die Gar­ten­bau­ar­bei­ten bil­den viel­mehr erst im Zu­sam­men­wir­ken mit den ein­ge­pflanz­ten Büschen, Bäumen und He­cken eine Gar­ten­an­lage, so­dass es sich bei die­sen um ein we­sent­li­ches und un­ent­behr­li­ches Ele­ment für den zu ei­ner Wohn­an­lage gehören­den "Ba­rock­gar­ten" han­delt.

Es lag je­doch eine ein­heit­li­che Leis­tung in Form ei­ner kom­ple­xen Leis­tung vor, da durch die Kom­bi­na­tion der Pflan­zen­lie­fe­run­gen (Büsche, Sträucher, Bäume, Ra­sen) mit den Gar­ten­bau-ar­bei­ten eine Gar­ten­an­lage und da­mit et­was Ei­genständi­ges, Neues (Drit­tes) ge­schaf­fen wurde, hin­ter das die Pflan­zen­lie­fe­run­gen und die Gar­ten­bau­ar­bei­ten zurück­tra­ten. Das FG hatte nicht berück­sich­tigt, dass das In­ter­esse des Leis­tungs­empfängers auf die Er­stel­lung ei­ner fer­ti­gen Gar­ten­an­lage und da­mit ei­nes Wer­kes ge­rich­tet war, hin­ter das die ein­zel­nen Lie­fe­run­gen und Dienst­leis­tun­gen zurück­tra­ten.

Link­hin­weis:

 

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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