Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Einzelunternehmer und Organträger einer GmbH, die Garten- und Landschaftsbau betreibt (GL-GmbH). Diese hatte im Juni 2009 mit der F-GmbH für das Bauvorhaben "X-Gärten" die Durchführung sämtlicher Leistungen des Gewerkes "Garten- und Landschaftsbau" gegen eine Pauschalvergütung zzgl. Umsatzsteuer vereinbart. Im Preis nicht enthalten war die Lieferung der einzusetzenden Pflanzen, diese sollten vom Bauherrn (F-GmbH) zur Verfügung gestellt werden. Für die Beschaffung der Pflanzen wandte sich die F-GmbH an eine Firma L, mit der es aber zu keinem Vertragsabschluss kam.
Stattdessen bot die GL-GmbH im Dezember 2009 die Pflanzenlieferung gemäß dem Angebot der Firma L an. Hierauf vereinbarte die GL-GmbH mit der F-GmbH u.a. das "Liefern und Einsetzen der Pflanzen, inkl. Anwachsgarantie gemäß geprüftem Angebot, abzgl. 3% vereinbarter Nachlass gemäß Angebot Firma L" zu einem Nettopreis von 99.775 €. Sämtliche Pflanzen erwarb die GL-GmbH bei der Firma L, die ihr dabei einen Nachlass von 15% für die Übernahme der Gewährleistung und für das An- und Weiterwachsen der Pflanzen gewährte. Die vereinbarten Pflanzenlieferungen durch die GL-GmbH an die F-GmbH erfolgten im Streitjahr 2010.
Laut Schlussrechnung der GL-GmbH entfielen auf die Pflanzenlieferungen 129.840 €; nach dem Abzug von Minderungsbeträgen verblieben noch rund 129.060 €, auf die der ermäßigte Steuersatz von 7 % angewandt wurde. In seiner Umsatzsteuererklärung des Streitjahres behandelte der Kläger die Pflanzenlieferung als eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Lieferung. Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt allerdings die Ansicht, die Pflanzenlieferungen seien als Bestandteil einer einheitlichen Leistung dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH die Entscheidung auf und wies die Klage ab.
Gründe:
Das FG ist zu Unrecht vom Vorliegen getrennter Leistungen ausgegangen. Die Lieferung der Pflanzen bildet zusammen mit den Gartenarbeiten eine einheitliche, dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung.
Zu beachten ist, dass zunächst in der Regel jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten ist. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind.
Ein einheitlicher Umsatz wird für zwei Fallgruppen bejaht:
- Zum einen liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen
- Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Im vorliegenden Fall waren die Pflanzenlieferungen zwar keine (untergeordnete) Nebenleistung zu den Gartenbauarbeiten als Hauptleistung. Denn sie stellen kein bloßes Mittel dar, um die Gartenbauarbeiten unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Die Gartenbauarbeiten bilden vielmehr erst im Zusammenwirken mit den eingepflanzten Büschen, Bäumen und Hecken eine Gartenanlage, sodass es sich bei diesen um ein wesentliches und unentbehrliches Element für den zu einer Wohnanlage gehörenden "Barockgarten" handelt.
Es lag jedoch eine einheitliche Leistung in Form einer komplexen Leistung vor, da durch die Kombination der Pflanzenlieferungen (Büsche, Sträucher, Bäume, Rasen) mit den Gartenbau-arbeiten eine Gartenanlage und damit etwas Eigenständiges, Neues (Drittes) geschaffen wurde, hinter das die Pflanzenlieferungen und die Gartenbauarbeiten zurücktraten. Das FG hatte nicht berücksichtigt, dass das Interesse des Leistungsempfängers auf die Erstellung einer fertigen Gartenanlage und damit eines Werkes gerichtet war, hinter das die einzelnen Lieferungen und Dienstleistungen zurücktraten.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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