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Plagiate: Schadensersatz bei irreführenden Lieferantenangaben

BGH 17.9.2015, I ZR 47/14

Es fällt un­ter den Schutz­zweck der Pflicht zur rich­ti­gen Aus­kunfts­er­tei­lung, den Aus­kunfts­be­rech­tig­ten vor Schäden zu be­wah­ren, die adäquat durch eine un­rich­tige oder ir­reführende Aus­kunft nicht nur ver­ur­sacht, son­dern nach Lage der Dinge auch bei an­ge­mes­sen be­son­ne­nem Vor­ge­hen ge­ra­dezu her­aus­ge­for­dert wer­den. Der Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen der ir­reführen­den Aus­kunft und den nutz­los auf­ge­wen­de­ten Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten kann nicht mit der Erwägung ver­neint wer­den, der Pro­zess wäre auch bei zu­tref­fen­der man­gel­freier Aus­kunft ver­lo­ren ge­gan­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte im Jahr 2009 den Ein­zelhänd­ler J. we­gen des An­ge­bots ei­nes Kof­fers, den sie als Nach­ah­mung ei­nes von ihr her­ge­stell­ten Ril­len­kof­fers an­sah, ab­ge­mahnt. J. teilte ihr dar­auf­hin mit, er habe den Kof­fer von der Be­klag­ten be­zo­gen. Kläge­rin und Be­klagte schlos­sen Ende 2009 eine Ver­ein­ba­rung, wo­nach sich die Be­klagte ver­pflich­tete, den Her­stel­ler der streit­ge­genständ­li­chen Pro­dukte mit vollständi­ger Adresse zu be­nen­nen. Die Kläge­rin ver­zich­tete dafür auf Scha­dens­er­satz so­wie wei­tere An­nex­an­sprüche ge­gen J. so­wie die Be­klagte.

Im Ja­nuar 2010 teilte die Be­klagte der Kläge­rin mit, sie habe den Her­stel­ler der Kof­fer bis­her nicht in Er­fah­rung brin­gen können. Kurz dar­auf gab sie an, der Lie­fe­rant sei die S-Ltd. China. Nach frucht­lo­ser Ab­mah­nung er­hob die Kläge­rin ge­gen die S-Ltd. vor dem LG Klage auf Un­ter­las­sung des Ver­triebs der Ril­len­kof­fer im deut­schen Ho­heits­ge­biet, Aus­kunft, Er­stat­tung von Ab­mahn­kos­ten so­wie Fest­stel­lung der Scha­dens­er­satz­pflicht. Die S-Ltd. ver­tei­digte sich da­mit, die frag­li­chen Kof­fer we­der nach Deutsch­land ex­por­tiert noch ver­kauft zu ha­ben.

Die Be­klagte über­mit­telte der Kläge­rin eine Zoll­ur­kunde, aus der sich er­gab, dass die S-Ltd. le­dig­lich an die Mut­ter­ge­sell­schaft der Be­klag­ten in den Nie­der­lan­den ge­lie­fert hatte, nicht je­doch in das Ge­biet der Bun­des­re­pu­blik. Dar­auf­hin erklärte die Kläge­rin die Kla­gerück­nahme, der die S-Ltd. nicht zu­stimmte. In­fol­ge­des­sen wurde die Klage ge­gen die S-Ltd. ab­ge­wie­sen. Dar­auf­hin ver­langte die Kläge­rin von der Be­klag­ten die Er­stat­tung der ihr im Ver­fah­ren ge­gen die S-Ltd. ent­stan­de­nen Kos­ten i.H.v. rund 28.557 €.

Das LG gab der Klage i.H.v. 17.028 € statt; das OLG wies sie ins­ge­samt ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH die Be­ru­fungs­ent­schei­dung auf und wies die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück.

Gründe:
Das Be­ru­fungs­ge­richt hatte zu Un­recht eine Haf­tung der Be­klag­ten ins­ge­samt ver­neint. Der Kläge­rin ste­hen aber keine wei­ter­ge­hen­den als die ihr vom LG zu­ge­spro­che­nen Scha­dens­er­satz­an­sprüche zu.

Die Be­klagte war gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. der Ver­ein­ba­rung der Par­teien ver­pflich­tet, die ge­schul­dete Aus­kunft vollständig und rich­tig zu er­tei­len. Eine ver­trag­li­che Ne­ben­pflicht aus dem Aus­kunfts­ver­trag war es zu­dem, die Aus­kunft so zu ge­ben, dass der Empfänger der Aus­kunft nicht ir­re­geführt wird. Ge­gen diese Pflich­ten hatte die Be­klagte schuld­haft ver­stoßen. Mit der An­gabe, die S-Ltd. sei "Lie­fe­rant", hatte die Be­klagte die Kläge­rin durch eine un­vollständige Aus­kunft ir­re­geführt. Sie hatte nicht vor­ge­tra­gen, wie der Ab­ruf der Ware in den Nie­der­lan­den recht­lich aus­ge­stal­tet war. Zu Un­recht hat das Be­ru­fungs­ge­richt dies­bezüglich den Zu­rech­nungs­zu­sam­men­hang zwi­schen der man­gel­haf­ten Aus­kunft der Be­klag­ten und dem Scha­den der Kläge­rin in Form nutz­lo­ser Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten ver­neint.

Es ent­sprach hier dem adäqua­ten Kau­sal­ver­lauf, dass die Kläge­rin durch die Aus­kunft der Be­klag­ten zu ei­ner Ab­mah­nung der S-Ltd. ver­an­lasst wor­den war und, nach­dem die Ab­mah­nung un­be­ant­wor­tet ge­blie­ben war, Klage er­ho­ben hat. Wird die Klage ab­ge­wie­sen, weil die er­teilte Aus­kunft falsch war und sich her­aus­stellte, dass die S-Ltd. nicht nach Deutsch­land, son­dern nur in die Nie­der­lande ge­lie­fert hatte, be­steht der er­for­der­li­che Zu­rech­nungs­zu­sam­men­hang zwi­schen fal­scher Aus­kunft und Scha­den in Form der not­wen­di­gen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten. Es fällt je­den­falls un­ter den Schutz­zweck der Pflicht zur rich­ti­gen Aus­kunfts­er­tei­lung, den Aus­kunfts­be­rech­tig­ten vor Schäden zu be­wah­ren, die adäquat durch eine un­rich­tige oder ir­reführende Aus­kunft nicht nur ver­ur­sacht, son­dern nach Lage der Dinge auch bei an­ge­mes­sen be­son­ne­nem Vor­ge­hen ge­ra­dezu her-aus­ge­for­dert wer­den.

Der Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen der ir­reführen­den Aus­kunft der Be­klag­ten und den nutz­los auf­ge­wen­de­ten Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten der Kläge­rin ge­gen die S-Ltd. konnte nicht mit der Erwägung ver­neint wer­den, die Kläge­rin hätte die­sen Pro­zess auch bei zu­tref­fen­der man­gel­freier Aus­kunft ver­lo­ren. Denn hätte die Be­klagte of­fen­ge­legt, die S-Ltd. habe an das La­ger der Mut­ter­ge­sell­schaft in den Nie­der­lan­den ge­lie­fert, oder hätte die Be­klagte sich auf die ver­trag­lich al­lein ge­schul­dete An­gabe des Her­stel­lers der be­an­stan­de­ten Kof­fer be­schränkt, hätte es kei­nen An­halt dafür ge­ge­ben, dass die Kläge­rin die Klage beim LG zu er­he­ben. Viel­mehr ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Kläge­rin sich bei ei­ner rich­ti­gen Aus­kunft fol­ge­rich­tig ver­hal­ten hätte.

Link­hin­weis:

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