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Steuerberatung

Positiver Erwerb aus Vermächtnis und negativer Erwerb aus Erbschaft

FG Münster 18.5.2017, 3 K 961/15 Erb

Das FG Müns­ter hat sich mit der Frage be­fasst, ob ein Al­lein­erbe, der zu­gleich Vermächt­nis­neh­mer ist, einen po­si­ti­ven Er­werb aus dem Vermächt­nis mit einem ne­ga­ti­ven Er­werb aus der Erb­schaft sal­die­ren darf.

Der Sach­ver­halt:
Aus­weis­lich ei­nes no­ta­ri­el­len Tes­ta­ments war der Kläger un­ter I. als Al­lein­erbe des Erb­las­sers ein­ge­setzt. Darüber hin­aus setzte der Erb­las­ser un­ter II. zu­guns­ten meh­re­rer Per­so­nen, dar­un­ter auch zu­guns­ten des Klägers, Vermächt­nisse aus, die die begüns­tig­ten Per­so­nen nach Berück­sich­ti­gung der Vermächt­nisse und Aus­ga­ben gem. Zif­fern III, IV und V vom ver­blei­ben­den Net­to­nach­lass er­hal­ten soll­ten. Auf den Kläger sollte ein An­teil von 5,5 % ent­fal­len. Die un­ter II. an­ge­ord­ne­ten Vermächt­nisse wa­ren "erst fällig nach vollständi­ger Veräußerung des Im­mo­bi­li­en­be­sit­zes".

Der Kläger er­hielt das Vermächt­nis als Vor­aus­vermächt­nis. Darüber hin­aus hatte der Erb­las­ser Tes­ta­ments­voll­stre­ckung an­ge­ord­net. Zum Nach­lass gehörte auch Grund­be­sitz, der - wie vom Erb­las­ser an­ge­ord­net - durch den Tes­ta­ments­voll­stre­cker veräußert wurde. Nach der Veräußerung des Grund­be­sit­zes erklärte der Tes­ta­ments­voll­stre­cker, dass der Er­werb durch Er­ban­fall ne­ga­tiv war, während das Vermächt­nis zu­guns­ten des Klägers aus­fiel.

Das Fi­nanz­amt ging da­von aus, dass ein Er­werb durch Er­ban­fall i.H.v. 0 € und ein Er­werb durch Vermächt­nis an­zu­set­zen sei. Ein Er­werb durch Er­ban­fall i.H.v. 0 € er­gab sich des­halb, weil der Be­klagte den Ge­samt­wert der Nach­lass­ge­genstände um den auf­grund der Veräußerung des Grund­be­sit­zes er­ziel­ten Mehr­wert erhöhte. Der Kläger macht dem­ge­genüber gel­tend, dass für die Er­mitt­lung des Er­werbs durch Er­ban­fall der Grund­be­sitz le­dig­lich mit den fest­ge­stell­ten Grund­be­sitz­wer­ten an­zu­set­zen sei. Da­nach er­gebe sich für den Er­werb durch Er­ban­fall ein ne­ga­ti­ver Wert, der mit dem Wert des Er­werbs durch Vermächt­nis zu sal­die­ren sei.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde zur Fort­bil­dung des Rechts zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass vor­lie­gend zwei ei­genständige Er­werbe ein­ge­tre­ten sind, wo­bei der ne­ga­tive Er­werb als Erbe nicht mit dem po­si­ti­ven Er­werb als Vermächt­nis­be­rech­tig­ter sal­diert wer­den darf, § 14 Abs. 1 S. 5 ErbStG.

Be­reits zi­vil­recht­lich han­delt es sich um zwei ei­genständige Er­werb­st­at­bestände. Gem. § 1922 BGB ist der Kläger in­folge der Er­bein­set­zung Ge­samt­rechts­nach­fol­ger des Erb­las­sers ge­wor­den, des­sen Vermögen als Gan­zes auf ihn über­ge­gan­gen ist. Als Vermächt­nis­neh­mer hat er einen schuld­recht­li­chen An­spruch ge­gen den Nach­lass auf Aus­keh­rung von Geld in der in II. des Tes­ta­ments be­zif­fer­ten Höhe er­hal­ten, § 2174 BGB. Grundsätz­lich fal­len so­wohl die Erb­schaft als auch das Vermächt­nis mit dem Tod des Erb­las­sers an.

Da­bei kann im vor­lie­gen­den Fall da­hin­ste­hen, ob das dem Kläger zu­ste­hende Vermächt­nis gem. § 2177 BGB auf­schie­bend be­dingt oder un­ter der Be­stim­mung ei­nes An­fangs­ter­mins an­ge­ord­net und des­halb erst mit Ein­tritt der Be­din­gung bzw. des Ter­mins an­ge­fal­len ist. Denn für Zwecke der Erb­schaft­steuer gilt, dass ver­schie­dene Steu­er­ent­ste­hungs­zeit­punkte zu selbständi­gen Er­werbs­vorgängen führen, für die grundsätz­lich je­weils ge­son­dert Erb­schaft­steuer un­ter Berück­sich­ti­gung des § 14 ErbStG fest­zu­set­zen ist.

Dem­nach lie­gen hier zwei Er­werbs­vorgänge vor. Der Kläger ist Erbe ge­wor­den. Maßgeb­lich ist in­so­weit gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der To­des­tag des Erb­las­sers. Darüber hin­aus ist der Kläger nach dem ein­deu­ti­gen, nicht aus­leg­ba­ren Wort­laut des Tes­ta­ments Vermächt­nis­neh­mer ge­wor­den. Hier­bei han­delt es sich um einen auf­schie­bend be­tag­ten Er­werb, da die Fällig­keit des Vermächt­nis­ses durch ein un­ge­wis­ses Er­eig­nis - nämlich die vollständige Veräußerung des Grund­be­sit­zes - hin­aus­ge­scho­ben war.

In­so­fern liegt ein Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 1a 1. Halbs. ErbStG vor. Denn der Er­werb an sich - das Vermächt­nis - ist von einem un­ge­wis­sen künf­ti­gen Er­eig­nis abhängig. § 9 Abs. 1 Nr. 1a 2. Halbs. ErbStG be­zieht sich dem­ge­genüber nur auf ein­zelne, zu einem Er­werb gehörige Er­werbs­ge­genstände. Diese Kon­stel­la­tion liegt hier al­ler­dings nicht vor.

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