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Rechtsberatung

Präzisierung des bei Quartierslösungen relevanten Begriffs der Kundenanlage

Für die Ent­wick­lung von Quar­tierslösun­gen und de­zen­tra­len Er­zeu­gungs­kon­zep­ten ist der Be­griff der Kun­den­an­lage (§ 3 Nr. 24a EnWG) von zen­tra­ler Be­deu­tung. Mitt­ler­weile lie­gen ober­ge­richt­li­che Ent­schei­dun­gen vor, die sich mit der Ab­gren­zung des Be­griffs be­fas­sen.

Eine Kun­den­an­lage gemäß § 3 Nr. 24a EnWG ist eine En­er­gie­an­lage, die sich auf einem räum­lich zu­sam­men­gehören­den Ge­biet be­fin­det, mit einem En­er­gie­ver­sor­gungs­netz oder ei­ner Er­zeu­gungs­an­lage ver­bun­den ist, für die Si­cher­stel­lung ei­nes wirk­sa­men Wett­be­werbs un­be­deu­tend ist und je­der­mann zur Be­lie­fe­rung der an­ge­schlos­se­nen Letzt­ver­brau­cher un­ent­gelt­lich und dis­kri­mi­nie­rungs­frei zur Verfügung ge­stellt wird. Eine Kun­den­an­lage ist kein En­er­gie­ver­sor­gungs­netz und un­ter­liegt da­her nicht der Re­gu­lie­rung. Ne­ben der Kun­den­an­lage und dem En­er­gie­ver­sor­gungs­netz kann es noch an­dere En­er­gie­an­la­gen ge­ben. Der BGH hat das in der Ent­schei­dung un­ter Az. EnVR 68/10 her­aus­ge­ar­bei­tet.

We­sent­li­che As­pekte in den Ent­schei­dun­gen des OLG Düssel­dorf (Be­schluss vom 13.6.2018, Az. VI-3 Kart 48/17 (V) und vom 13.6.2018 Az. 3 Kart 77/17 (V)) so­wie des OLG Frank­furt) Be­schluss vom 8.3.2018, Az. 11 W 40/16 (Kart)) wa­ren die Fra­gen, ob ein „räum­lich zu­sam­men­gehören­des Ge­biet“ vor­liegt und ob die An­la­gen „für die Si­cher­stel­lung ei­nes wirk­sa­men und un­verfälsch­ten Wett­be­werbs un­be­deu­tend sind“.

Was „räum­lich zu­sam­men­gehörend“ ist, ist we­der im EnWG aus­geführt, noch gibt es in der Ge­set­zes­begründung klare An­halts­punkte dafür. Ob auf die Aus­le­gung des Be­griffs der „un­mit­tel­ba­ren räum­li­chen Nähe“ aus dem Strom­steu­er­recht und aus § 3 Nr. 19 EEG 2017 zurück­ge­grif­fen wer­den kann, wird un­ter­schied­lich be­ur­teilt. Aus den Ent­schei­dun­gen er­gibt sich nun, dass sich die En­er­gie­an­la­gen auf einem Ge­biet be­fin­den müssen, das aus Sicht ei­nes ob­jek­ti­ven Be­trach­ters als ein­heit­li­ches Ge­biet wahr­ge­nom­men wird. Das Ge­biet muss zum einen nach außen von sei­ner Um­ge­bung ab­ge­grenzt sein und zum an­de­ren eine in­nere Ge­schlos­sen­heit auf­wei­sen. Nach Ein­schätzung des OLG Frank­furt han­delt es sich bei die­sem Merk­mal um ein Kri­te­rium un­ter­ge­ord­ne­ter Na­tur. An­la­gen in einem Gebäude oder auf einem Grundstück erfüllen diese Vor­aus­set­zun­gen in der Re­gel. Sind meh­rere Grundstücke be­trof­fen, müssen sie durch Be­bau­ung o.ä. als ein­heit­lich wahr­ge­nom­men wer­den. Diese Ein­heit­lich­keit werde in der Re­gel durch tren­nende Ele­mente wie Straßen oder Schie­nen un­ter­bro­chen, nicht je­doch, wenn die Straße le­dig­lich Er­schließungs­funk­tion hat. Auf die Ei­gen­tums­verhält­nisse komme es nicht an. Die ge­mein­same Nut­zung von In­fra­struk­tur wie Wärme­lei­tun­gen o.ä. begründet keine räum­li­che Ver­bin­dung.

Ob eine An­lage für die Si­cher­stel­lung ei­nes wirk­sa­men und un­verfälsch­ten Wett­be­werbs be­deu­tend ist oder nicht, soll nicht nach kar­tell­recht­li­chen Kri­te­rien, son­dern nach einem ei­genständi­gen, netz­re­gu­la­to­ri­schen Maßstab er­mit­telt wer­den. Nach der Ge­set­zes­begründung sol­len die An­zahl der an­ge­schlos­se­nen Letzt­ver­brau­cher, die geo­gra­phi­sche Aus­deh­nung, die Menge der durch­ge­lei­te­ten En­er­gie so­wie sons­tige Merk­male aus­schlag­ge­bend sein. Da­bei soll ein ab­so­lu­ter Maßstab an­ge­legt wer­den, al­ler­dings gebe es keine fes­ten Ober­gren­zen. Das Kam­mer­ge­richt Ber­lin (Az. 2 W 16/16) hatte eine Kun­den­an­lage bei 90 an­ge­schlos­se­nen Letzt­ver­brau­chern ver­neint. Das OLG Frank­furt sieht die Grenze bei „deut­lich mehr als 100“. Das OLG Düssel­dorf sieht eine wett­be­werb­li­che Re­le­vanz je­den­falls bei knapp 400 an­ge­schlos­se­nen Letzt­ver­brau­chern.

Bei der Be­ur­tei­lung der geo­gra­phi­schen Aus­deh­nung sei zu be­ach­ten, dass in der Ge­set­zes­begründung Gebäude und Gebäude­kom­plexe als Re­gel­bei­spiele ge­nannt würden. Daran müsse sich der Maßstab ori­en­tie­ren. Eine Fläche von ca. 7.500 m2 könne da­nach als Kun­den­an­lage an­ge­se­hen wer­den, eine Fläche von mehr als 40.000 m2 hin­ge­gen sei zu groß. Die Menge der durch­ge­lei­te­ten En­er­gie ist in ge­wis­sem Um­fang von der An­zahl der an­ge­schlos­se­nen Letzt­ver­brau­cher abhängig. Die BNetzA und das OLG Düssel­dorf sa­hen En­er­gie­men­gen von mehr als 1.000 MWh pro Jahr (das ent­spricht etwa dem Jah­res­ver­brauch von 400 - 500 Ein­per­so­nen­haus­hal­ten) als nicht mehr un­be­deu­tend für den Wett­be­werb an.

Ob diese Ausführun­gen im De­tail Be­stand ha­ben, wird demnächst der BGH be­ur­tei­len müssen. Ge­gen die Ent­schei­dung des OLG Düssel­dorf ist Rechts­be­schwerde (Az. EnVR 66/18) ein­ge­legt. Mit den Ent­schei­dun­gen ist bis­lang je­den­falls der Kor­ri­dor auf­ge­zeigt, in­ner­halb des­sen An­la­gen als Kun­den­an­la­gen an­ge­se­hen wer­den können.

Hinweis

Den­noch blei­ben ei­nige Fra­gen of­fen. Frag­lich ist, ob die Ausführun­gen zum räum­lich zu­sam­men­gehören­den Ge­biet auf die Be­ur­tei­lung ei­ner Kun­den­an­lage für die be­trieb­li­che Ei­gen­ver­sor­gung (§ 3 Nr. 24b EnWG) über­tra­gen wer­den können. Un­klar ist auch, ob und ggf. wel­che Be­son­der­hei­ten für die Be­ur­tei­lung rei­ner Er­zeu­gungs­an­la­gen wie Wind- oder So­lar­parks im Strom­steu­er­recht gel­ten. Seit dem 1.1.2018 ist in § 1a Abs. 6 und 7 StromStV ge­re­gelt, dass Be­trei­ber von Kun­den­an­la­gen mit ei­ner elek­tri­schen Nenn­leis­tung von mehr als 2 MW nur noch für den er­zeug­ten aber nicht mehr für den be­zo­ge­nen Strom als Ver­sor­ger gel­ten. Die Haupt­zollämter wen­den diese Vor­schrift auch auf Be­trei­ber von Wind- und So­lar­parks an und ver­sa­gen un­ter Be­ru­fung dar­auf die Ver­sor­ger­ei­gen­schaft für den Strom­be­zug.

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