deen

Themen

Praktische Umsetzung der globalen Mindeststeuer: Herkulesaufgabe für die Unternehmen?

Mit der Ver­ab­schie­dung der Min­dest­be­steue­rungs­richt­li­nie auf EU-Ebene im De­zem­ber 2022 sind die EU-Mit­glied­staa­ten ver­pflich­tet, Re­ge­lun­gen zur Einführung ei­ner glo­ba­len Min­dest­steuer in ihr na­tio­na­les Recht auf­zu­neh­men. In Deutsch­land lässt ein um­fas­sen­der Um­set­zungs­ent­wurf be­reits er­ken­nen, was auf be­trof­fene Un­ter­neh­men ab 2024 zu­kommt. Mehr noch als et­wai­gen Steu­er­mehr­be­las­tun­gen dürf­ten sich Un­ter­neh­men um­fas­sen­den ad­mi­nis­tra­ti­ven Her­aus­for­de­run­gen ge­genüber­se­hen. Ent­war­nung kann hier lei­der nicht ge­ge­ben wer­den, wenn­gleich es in den ers­ten An­wen­dungs­jah­ren ge­wisse Er­leich­te­run­gen ge­ben könnte.

Konkretisierungen in Deutschland durch den vorliegenden Diskussionsentwurf

Mit einem ge­plan­ten Min­dest­steu­er­ge­setz wer­den (mul­ti­na­tio­nale ebenso wie na­tio­nale) Kon­zerne mit einem Ge­samt­jah­res­um­satz von min­des­tens 750 Mio. Euro in min­des­tens zwei von vier vor­an­ge­hen­den Ge­schäfts­jah­ren ver­pflich­tet, erst­mals für das nach dem 30.12.2023 be­gin­nende Wirt­schafts­jahr zu überprüfen, ob der Ge­winn al­ler in ei­ner Ju­ris­dik­tion ansässi­gen Grup­pen­mit­glie­der ei­ner ef­fek­ti­ven Be­steue­rung von min­des­tens 15 % un­ter­liegt. Liegt die ef­fek­tive Steu­er­be­las­tung dar­un­ter, ist ein ent­spre­chen­der Steu­er­erhöhungs­be­trag ab­zuführen, re­gelmäßig auf Ebene der Kon­zern­mut­ter.

© iStock

Zur Er­mitt­lung des ef­fek­ti­ven Steu­er­sat­zes in den je­wei­li­gen Steu­er­ho­heits­ge­bie­ten sind zum einen die sog. an­ge­pass­ten er­fass­ten Steu­ern und zum an­de­ren der sog. Min­dest­steuer-Ge­winn bzw. -Ver­lust zu er­mit­teln. Aus de­ren Verhält­nis er­gibt sich der ef­fek­tive Steu­er­satz für die je­wei­lige Ju­ris­dik­tion. Bei der Er­mitt­lung der maßgeb­li­chen Größen sind um­fang­rei­che An­pas­sun­gen an den aus der Han­dels­bi­lanz II be­kann­ten Zah­len vor­zu­neh­men. Dies macht eine um­fang­rei­che Da­ten­er­he­bung und -ver­ar­bei­tung auf Ebene je­der ein­zel­nen Kon­zern­ge­sell­schaft er­for­der­lich, die in einem struk­tu­rier­ten Pro­zess zur Er­mitt­lung der er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen zu­sam­men­zuführen ist.

Be­fin­det sich die Kon­zern­mut­ter in Deutsch­land, hat diese den sich er­ge­ben­den Steu­er­erhöhungs­be­trag selbst zu er­mit­teln und in ei­ner Steu­er­an­mel­dung ih­rem Be­triebsstätten-Fi­nanz­amt elek­tro­ni­sch bis 15 Mo­nate (im Erst­an­wen­dungs­jahr 18 Mo­nate) nach Ab­lauf des Wirt­schafts­jah­res zu über­mit­teln. Die Zah­lung des Steu­er­erhöhungs­be­trags hat in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Ab­gabe der Steu­er­an­mel­dung zu er­fol­gen. Zu­dem hat die Kon­zern­mut­ter bin­nen des vor­ge­nann­ten 15- bzw. 18-mo­na­ti­gen Zeit­raums einen sog. Min­dest­steuer-Be­richt an das Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern zu über­mit­teln, in dem ne­ben An­ga­ben zur Kon­zern­struk­tur alle not­wen­di­gen An­ga­ben zur Be­rech­nung des Steu­er­erhöhungs­be­trags zu ma­chen sind. Diese An­ga­ben um­fas­sen sämt­li­che in- und ausländi­schen Ge­schäfts­ein­hei­ten des Kon­zerns und grundsätz­lich auch sol­che, die in no­mi­nel­len Hoch­steu­erländern ansässig sind.

Erleichterungen insb. durch befristete Safe-Harbour-Regelungen

Un­be­fris­tete Safe-Har­bour-Re­ge­lung be­ste­hen für un­we­sent­li­che Ge­schäfts­ein­hei­ten, also sol­che Ein­hei­ten, die z. B. nur aus Größen- oder We­sent­lich­keitsgründen nicht in den Kon­zern­ab­schluss ein­zu­be­zie­hen sind. Eine be­fris­tete Er­leich­te­rung sieht die Be­frei­ung von der Min­dest­steuer in den ers­ten fünf Jah­ren bei rein na­tio­na­len Grup­pen bzw. sol­chen mit nur un­ter­ge­ord­ne­ter in­ter­na­tio­na­ler Tätig­keit vor. Da­ne­ben dürf­ten insb. be­fris­tete CbCR-ba­sierte Safe-Har­bour-Re­ge­lun­gen für die Pra­xis von In­ter­esse sein. Da­bei sind drei Fälle vor­ge­se­hen, in de­nen für Wirt­schafts­jahre bis re­gelmäßig ein­schließlich 2026 für Steu­er­ho­heits­ge­biete, in de­nen die Vor­aus­set­zun­gen erfüllt wer­den, ein Steu­er­erhöhungs­be­trag von 0 Euro an­zu­set­zen ist:

  • Laut Coun­try-by-Coun­try-Re­por­ting (CbCR) be­tra­gen die Um­sat­zerlöse we­ni­ger als 10 Mio. Euro und Ge­winn vor Steu­ern von we­ni­ger als 1 Mio. Euro (De-Mi­ni­mis-Test).
  • Der ver­ein­facht auf Ba­sis der CbCR-Da­ten be­rech­nete ef­fek­tive Steu­er­satz (nebst be­stimm­ter Mo­di­fi­ka­tio­nen insb. zur Berück­sich­ti­gung la­ten­ter Steu­ern) beträgt min­des­tens 15 % (in 2024), 16 % (in 2025) bzw. 17 % (in 2026; ver­ein­fach­ter ETR-Test).
  • Der Ge­winn vor Steu­ern laut CbCR ent­spricht ma­xi­mal dem sog. sub­stanz­ba­sier­ten Frei­be­trag, der an­hand von Lohn­kos­ten und ma­te­ri­el­len Vermögens­wer­ten er­mit­telt wird (Sub­stanz­test).

Die An­wen­dung ei­ner die­ser CbCR-Safe-Har­bour-Re­ge­lun­gen könnte re­gelmäßig zu einem deut­lich re­du­zier­ten Er­mitt­lungs­auf­wand führen, da auf be­reits vor­han­de­nen bzw. oh­ne­hin zu er­mit­teln­den CbCR-Da­ten auf­zu­set­zen wäre. Un­klar sind der­zeit zwar noch der ge­naue Um­fang und der De­tail­grad der An­ga­ben in Min­dest­steuer-Be­richt bzw. Steu­er­erklärung, so­weit sich die Un­ter­neh­mens­gruppe auf die CbCR-Safe-Har­bour-Re­ge­lun­gen be­ruft. Hier wäre eine Klar­stel­lung im wei­te­ren Ge­setz­ge­bungs­pro­zess wünschens­wert. Die grundsätz­li­chen Erklärungs­pflich­ten ins­be­son­dere der Kon­zern­mut­ter soll­ten aber auch dann be­ste­hen, wenn die CbCR-Safe-Har­bour-Re­ge­lun­gen an­ge­wandt wer­den. Fest­steht je­den­falls: Das CbCR be­kommt durch die be­schrie­be­nen Re­ge­lun­gen eine ma­te­ri­ell-recht­li­che Be­deu­tung im Rah­men der Min­dest­steuer. Be­trof­fene Un­ter­neh­men sollte da­her ent­spre­chende Pro­zesse zur Si­cher­stel­lung der CbCR-Da­ten­qua­lität frühzei­tig ei­ner kri­ti­schen Prüfung un­ter­zie­hen und bei Be­darf an die Vor­ga­ben der CbCR-Safe-Har­bour-Re­ge­lun­gen an­pas­sen.

Unsere Herangehensweise

An­ge­sichts zahl­rei­cher Staa­ten mit no­mi­na­len Un­ter­neh­mens­steu­ersätzen von weit über 15 % dürfte insb. der ver­ein­fachte ETR-Test für Er­leich­te­run­gen in den ers­ten An­wen­dungs­jah­ren der glo­ba­len Min­dest­steuer sor­gen. Dazu bie­tet es sich an, auf der Ba­sis be­reits vor­han­de­ner CbCR-Da­ten, an de­nen al­ler­dings noch Mo­di­fi­zie­run­gen vor­zu­neh­men sind, zu prüfen, wel­che Steu­er­ho­heits­ge­biete un­ter diese Safe-Har­bour-Re­ge­lung fal­len könn­ten. Eb­ner Stolz hat dazu ein Tool ent­wi­ckelt, wel­ches es ermöglicht, mit über­schau­ba­rem Auf­wand eine er­ste Ein­schätzung vor­zu­neh­men, in­wie­weit durch den ver­ein­fach­ten ETR-Test der Er­mitt­lungs- und da­mit vor­aus­sicht­lich auch der De­kla­ra­ti­ons­auf­wand re­du­ziert wer­den kann (s. nach­fol­gen­der Screen­shot). Zu­dem ver­mit­telt das Tool eine In­di­ka­tion, in wel­chen Ju­ris­dik­tio­nen bzw. Kon­zern­ge­sell­schaf­ten ggf. un­plau­si­ble Da­tensätze vor­lie­gen, die die An­wen­dung der Safe-Har­bour-Re­ge­lun­gen ver­hin­dern könn­ten. Im Rah­men ei­nes auf den kon­kre­ten Ein­zel­fall zu­ge­schnit­te­nen Work­shops prüfen wir dazu, wie die er­for­der­li­chen Da­ten er­mit­telt und nutz­bar ge­macht wer­den können. Aus­gangs­punkt ist die Ana­lyse be­reits be­ste­hen­der Da­tener­mitt­lungs- und Da­ten­ver­ar­bei­tungs­sys­teme.

Fazit

Be­trof­fene Un­ter­neh­mens­grup­pen soll­ten be­reits jetzt die Rech­nungs­we­sen-, Con­trol­ling- und Tax Re­por­ting-Sys­teme al­ler Grup­pen­mit­glie­der überprüfen und so an­pas­sen, dass die für die glo­bale Min­dest­steuer er­for­der­li­chen Da­ten ef­fi­zi­ent er­mit­telt wer­den können. Vorüber­ge­hend kom­men Er­leich­te­run­gen in Be­tracht, die ins­be­son­dere auf CbCR-Da­ten auf­set­zen. Darüber hin­aus gilt es, die ge­samte Un­ter­neh­mens­gruppe und de­ren Da­tener­mitt­lungs- und In­for­ma­ti­ons­sys­teme für die glo­bale Min­dest­steuer fit zu ma­chen. Die glo­bale Min­dest­steuer stellt ein kom­plett ei­genständi­ges und neues Steu­er­sys­tem dar. Gerne un­terstützen wir Sie mit un­se­ren pra­xis­er­prob­ten Work­shops zur glo­ba­len Min­dest­steuer, sich den neuen Her­aus­for­de­run­gen zu stel­len.

nach oben