Der Sachverhalt:
Die Klägerin behandelte sämtliche Schwimmkurse als umsatzsteuerfreie Leistungen gem. § 4 Nr. 21 UStG. Das Finanzamt lehnte die Steuerbefreiung für den Schwimmunterricht Kleinkinder unter drei Jahren ab, da hierbei die Freizeitgestaltung und der Spaßfaktor überwiegten. Es handele sich dabei nicht um Unterricht, sondern um eine Frühförderungsmaßnahme. Für die Kinderschwimmkurse über drei Jahre gewährte es die Steuerbefreiung, nachdem der Klägerin hierfür vom Regierungspräsidium eine Bescheinigung erteilt worden war.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Steuerbefreiung auch für den Schwimmunterricht der Kleinkinder unter drei Jahren. Die Klage hatte teilweisen in Bezug auf Schwimmkurse für Kleinkinder im Alter von ein bis drei Jahren Erfolg.
Die Gründe:
Schwimmkurse für Kleinkinder vom 1. bis zum 3. Lebensjahr von sind von der Umsatzsteuer befreit. Dagegen ist das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) steuerpflichtig.
Die Klägerin kann sich für die Steuerbefreiung zwar nicht auf das deutsche Umsatzsteuergesetz, aber auf die europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der RL 2006/112/EG vom 28.11.2006) berufen. Danach ist der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht steuerfrei. Bei der Klägerin handelt es sich um eine qualifizierte Privatlehrerin. Zudem besteht an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, ein hohes Gemeinwohlinteresse. Das Ertrinken ist in Deutschland nach den Verkehrsunfällen die zweithäufigste Todesursache bei (Klein-)Kindern.
Darüber hinaus sind die Schwimmkurse für Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren auch "Schul- und Hochschulunterricht". Der Begriff erfasst nicht nur prüfungs- oder ausbildungsbezogenen Unterricht. Steuerbefreit sind auch andere Tätigkeiten, um Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hätten. Die Steuerbefreiung verlangt daher nicht, dass die Mehrheit der Kinder nach Beendigung der Kurse in der Lage ist, selbständig zu schwimmen.
Die Steuerbefreiung bezweckt die gleichmäßige umsatzsteuerliche Belastung von privaten und öffentlichen Ausbildungsträgern. Daher ist es ausreichend, wenn der Kurs das Schwimmen lernen fördert. Dies ist vorliegend bei den strukturierten Kinderschwimmkursen der Klägerin der Fall. Beim Säuglingsschwimmen hingegen liegt der Schwerpunkt in der Freizeitgestaltung. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kurs über dies hinausgeht und in einem strukturierten Prozess den Säuglingen Schwimmkenntnisse vermittelt werden. Die Säuglinge bewegen sich nicht alleine. Die Umsätze im Bereich des Säuglingsschwimmens unterliegen daher dem Regelumsatzsteuersatz.
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