Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2011 als Professor an einer Universität tätig. Nach seinen Angaben war er dort vollzeitbeschäftigt. Neben der nichtselbständigen Tätigkeit als Professor übte der Kläger angezeigte (nicht-genehmigungspflichtige) selbständige Nebentätigkeiten aus, insbesondere die Erstellung von Gutachten sowie Vortragstätigkeiten. Der Kläger schätzt den zeitlichen Anteil der selbständigen Tätigkeit auf etwa ein Fünftel der nichtselbständigen Tätigkeit.
Das FG wies die gegen den Bescheid gerichtete Klage ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte für die hier im Streit stehenden vier Vortragsveranstaltungen zu Recht keinen Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG oder § 3 Nr. 26a EStG gewährt.
Die Tätigkeit des Klägers ist keine Tätigkeit als Ausbilder, Übungsleiter oder Erzieher. Er wird nicht ähnlich einem Ausbilder, Übungsleiter oder Erziehung in einer vornehmlich pädagogischen Ausrichtung tätig. Vielmehr hält er Vorträge zu speziellen Themen mit teilweiser rechtspolitischer Ausrichtung oder in der Weise einer Fortbildungsmaßnahme für Fachanwälte, welche dem vorgenannten Tätigkeitsbild nicht entspricht. Der Kläger erscheint bereits bei wortlautorientierter Betrachtung nicht als Ausbilder, Übungsleiter oder Erzieher. Hieran ändert auch eine am Sinn und Zweck oder der Gesetzeshistorie orientierte Auslegung nichts. Der Zweck des § 3 Nr. 26 EStG soll insbesondere Ausbilder, Übungsleiter und Erzieher im Sportbereich und ähnlichen Bereichen einer Breitenbildung (z. B. durch Volkshochschulen), insbesondere in der Kinder- und Jugendförderung, bei gemeinnützigen Vereinen fördern. Rechtspolitische Vortragstätigkeiten oder Fachanwaltsfortbildungen erfüllen diesen Zweck nicht.
Auch unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls kommt der Senat bei Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu dem Ergebnis, dass die Vortragstätigkeiten des Klägers nicht nebenberuflich sind. Die im Streit stehenden Vortragstätigkeiten haben erhebliche Berührungspunkte und Überschneidungen zur unstreitig hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers als Hochschulprofessor. Die Tätigkeit eines Hochschulprofessors umfasst lehrende und forschende Tätigkeiten. Die Vortragsveranstaltungen sind nach Überzeugung des Senats auch Ausfluss der hauptberuflichen Fähigkeiten und Expertise des Klägers und stehen dadurch nach steuerrechtlichen Maßstäben bei der Beurteilung der Nebenberuflichkeit in einem hinreichenden Zusammenhang mit der Professorentätigkeit. Unbeachtlich ist dabei, dass keine Pflicht zu den Veranstaltungen bestand und der Kläger hierfür einer Anzeigepflicht für "Nebentätigkeiten" unterlag. Der Umstand, dass die Tätigkeiten dienstrechtlich Nebentätigkeiten darstellen bewirkt nach Überzeugung des Senats keine Einstufung der Tätigkeit als "nebenberuflich" i.S.d. § 3 Nr. 26 oder 26a EStG, weil steuerrechtlich eigene - vom Nebentätigkeitsrecht zu trennende - Maßstäbe gelten.
Selbst wenn man die Vortragstätigkeiten isoliert von der Professorentätigkeit betrachtet, stellten sich diese als nicht nebenberuflich dar. Die Tätigkeiten wären Teil einer parallel zur Professorentätigkeit ausgeübten weiteren hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers, bei welcher dieser Einkünfte aus selbständiger Arbeit durch Vorträge, Gutachten, Tätigkeiten in Aufsichts- oder Fachgremien o.ä. erzielt. Jene Tätigkeiten haben erhebliches wirtschaftliches und auch zeitliches Gewicht und tragen ausweislich der Steuererklärung in höherem Maße zur Bestreitung des Lebensunterhalts als die Professorentätigkeit bei. Es ist aus Sicht des Senats aufgrund der Gleichartigkeit der Tätigkeiten nicht möglich, jeden Vortrag isoliert zu betrachten und dann allein aus zeitlichen Gesichtspunkten als "nebenberuflich" zu klassifizieren.
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