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Steuerberatung

Prozesskosten für Umgangsrecht mit Tochter als außergewöhnliche Belastung

FG Düsseldorf 13.3.2018, 13 K 3024/17 E

Auf­wen­dun­gen auf­grund von Strei­tig­kei­ten über das Um­gangs­recht mit der Toch­ter nach ei­ner Entführung des Kin­des durch die Kin­des­mut­ter im Aus­land können als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung ab­ge­zo­gen wer­den. Ohne ein Um­gangs­recht mit der Toch­ter und de­ren Rückführung nach Deutsch­land wäre die (im­ma­te­ri­elle) Exis­tenz­grund­lage des Kin­des­va­ters gefähr­det.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist die Ab­zugsfähig­keit von Pro­zess­kos­ten als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung. Der Kläger ist Va­ter ei­ner im Jahr 2012 ge­bo­re­nen Toch­ter. Seit Mitte 2012 le­ben er und seine frühere Ehe­frau, die Mut­ter sei­ner Toch­ter, dau­ernd ge­trennt. Im Streit­jahr 2014 er­zielte er einen Brut­to­ar­beits­lohn i.H.v. rd. 57.000 €. In sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung gab er u.a. Auf­wen­dun­gen i.H.v. rd. 21.000 € als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung an. Da­bei han­delte es sich um Krank­heits­kos­ten, Auf­wen­dun­gen für Fahr­ten zu Ärz­ten so­wie Pro­zess­kos­ten.

Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte le­dig­lich die Krank­heits­kos­ten als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung und erläuterte, die Pro­zess­kos­ten könn­ten gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG nicht berück­sich­tigt wer­den, da der Kläger nicht nach­ge­wie­sen habe, in­wie­weit die Exis­tenz­grund­lage gefähr­det ge­we­sen sei.

Der Kläger führte dem­ge­genüber aus, es han­dele sich um Pro­zess­kos­ten, die im Rah­men von Ver­fah­ren zum Haa­ger Übe­rein­kom­men über die zi­vil­recht­li­chen As­pekte in­ter­na­tio­na­ler Kin­des­entführung (HKÜ) ent­stan­den seien. Er führe diese Ver­fah­ren seit Mitte 2012, nach­dem seine frühere Ehe­frau die ge­mein­same Toch­ter nach ei­ner Ur­laubs­reise nicht nach Deutsch­land zurück­ge­bracht, son­dern in Südame­rika be­hal­ten habe. Da er sehr an sei­ner Toch­ter hänge und den Kin­des­ent­zug nicht habe ak­zep­tie­ren können, habe er den Rechts­weg be­schrei­ten müssen.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Pro­zess­kos­ten zu Un­recht nicht als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung berück­sich­tigt, denn die Auf­wen­dun­gen sind nach § 33 Abs. 2 S. 4 EStG nicht vom Ab­zug aus­ge­schlos­sen.

Laut BFH-Recht­spre­chung fehlt es zwar im All­ge­mei­nen bei einem Zi­vil­pro­zess an der Zwangsläufig­keit des die Zah­lungs­pflicht der Pro­zess­kos­ten auslösen­den Er­eig­nis­ses. Der BFH hat je­doch Aus­nah­men von der man­geln­den Zwangsläufig­keit er­kannt, etwa wenn der Rechts­streit einen für den Steu­er­pflich­ti­gen exis­ten­zi­ell wich­ti­gen Be­reich berührt und der Steu­er­pflich­tige ohne den Rechts­streit Ge­fahr liefe, seine Exis­tenz­grund­lage zu ver­lie­ren und seine le­bens­not­wen­di­gen Bedürf­nisse in dem übli­chen Rah­men nicht mehr be­frie­di­gen zu können Eine Aus­nahme hielt der BFH etwa für ge­recht­fer­tigt, wenn die Strei­tig­keit einen Kern­be­reich mensch­li­chen Le­bens berührt, wie es beim Um­gangs­recht der El­tern mit ih­ren Kin­dern der Fall ist. Die Ver­wei­ge­rung des Um­gangs mit den ei­ge­nen Kin­dern könne zu ei­ner tatsäch­li­chen Zwangs­lage führen, die die An­ru­fung ei­nes Ge­richts un­ab­weis­bar ma­che.

Um einen sol­chen Fall, in dem der Kern­be­reich mensch­li­chen Le­bens berührt ist, han­delt es sich vor­lie­gend bei dem Rechts­streit, den der Kläger nach der Entführung sei­ner Toch­ter durch die Kin­des­mut­ter in Südame­rika we­gen sei­nes Um­gangs­rechts und der Rückführung der Toch­ter nach Deutsch­land führte.

Das FG ge­langt für den Fall der dem Kläger ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen im Zu­sam­men­hang mit dem Um­gangs­recht für seine von der Kin­des­mut­ter nach Südame­rika entführte im Streit­jahr rund zwei Jahre alte Toch­ter und de­ren Rück­kehr nach Deutsch­land auf Grund ei­ner ge­bo­te­nen ver­fas­sungs­kon­for­men Aus­le­gung des Be­griffs der Exis­tenz­grund­lage zu der Er­kennt­nis, dass ohne ein Um­gangs­recht mit der Toch­ter und de­ren Rückführung nach Deutsch­land die (im­ma­te­ri­elle) Exis­tenz­grund­lage des Klägers gefähr­det wäre. Er folgt da­mit im Er­geb­nis den Stim­men in der Li­te­ra­tur, die die Be­trof­fen­heit des Kern­be­reichs mensch­li­chen Le­bens als Be­dro­hung der Exis­tenz­grund­lage be­grei­fen.

Vor­lie­gend führte der Kläger den Rechts­streit nach dem HKÜ, um ein drin­gen­des so­zia­les Bedürf­nis nach Liebe zu sei­nem Kind und Fürsorge für das Kind be­frie­di­gen zu können und zwar in einem "übli­chen Rah­men", so wie es bei der über­wie­gen­den Mehr­zahl von El­tern üblich ist. Mit dem Rechts­streit wollte der Kläger als Va­ter das Um­gangs­recht für seine nach Südame­rika entführte Toch­ter so­wie de­ren Rück­kehr nach Deutsch­land er­rei­chen. Die­ses drin­gende so­ziale Bedürf­nis des Klägers als Va­ter ei­nes min­derjähri­gen Kin­des war ohne den geführ­ten Rechts­streit und die da­durch be­ding­ten Auf­wen­dun­gen gefähr­det.

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