Der Sachverhalt:
Die Klägerin und ihr mittlerweile geschiedener Ehemann hatten sich im Jahr 2012 getrennt. Vor dem Amtsgericht führten beide ein familienrechtliches Streitverfahren, das die Scheidung, den Versorgungsausgleich sowie den nachehelichen Unterhalt umfasste. Im Jahr 2014 wurde die Ehe dann gerichtlich geschieden und der frühere Ehemann der Klägerin zu monatlichen Unterhaltszahlungen verpflichtet.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts erhoben die Klägerin Beschwerde und ihr früherer Ehemann Anschlussbeschwerde beim OLG. Streitgegenstand dieses Verfahrens war die Höhe des zu zahlenden nachehelichen Unterhalts, wobei der frühere Ehemann der Klägerin begehrte, keinen Unterhalt zu zahlen, und die Klägerin höhere monatliche Zahlungen forderte. Im Jahr 2015 endete der Streit mit einem gerichtlichen Vergleich über die Unterhaltshöhe.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2015 erklärte die Klägerin sog. sonstige Einkünfte in Höhe der erhaltenen Unterhaltszahlungen und machte die Prozessführungskosten (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten), die auf die Verfahren betreffend den nachehelichen Unterhalt entfielen, steuermindernd geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung allerdings ab. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die von der Klägerin zur Geltendmachung des Anspruches auf Zahlung nachehelichen Unterhalts gegen ihren geschienen Ehemann aufgewendeten anteiligen Prozessführungskosten i.H.v. rund 4.983 € sind als Werbungskosten gem. § 9 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG bei den im Veranlagungszeitraum 2015 vereinnahmten steuerpflichtigen Einnahmen der Klägerin aus den Unterhaltszahlungen ihres geschienenen Ehemannes i.S.v. § 22 Nr. 1a EStG zu berücksichtigen.
Die Prozessführungskosten der Klägerin als Unterhaltsempfängerin sind als Werbungskosten zu berücksichtigen, weil sie den Unterhalt ihres geschiedenen Ehemannes nach § 22 Nr. 1a EStG versteuerte. Die Klägerin hatte die Prozessführungskosten aufgewendet, um zukünftig (höhere) steuerbare Einkünfte in Form von Unterhaltsleistungen zu erhalten. Diese Unterhaltszahlungen sind gem. § 22 Nr. 1a EStG als steuerbare Einkünfte zu behandeln, weil der geschiedene Ehemann als Zahlungsverpflichteter die Möglichkeit gehabt hatte, seine Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1a EStG abzuziehen, sog. Realsplitting.
Die Unterhaltszahlungen werden den übrigen Einkünften insoweit vollständig gleichgestellt. Daraus folgt, dass auch ein Werbungskostenabzug vollumfänglich möglich sein muss. Da die Aufwendungen der Klägerin vollständig als Werbungskosten berücksichtigungsfähig waren, musste der Senat nicht über die Frage entscheiden, unter welchen Voraussetzungen Prozessführungskosten zur Geltendmachung nachehelichen Unterhalts gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sein können.
Entgegen der Auffassung des Finanzamtes kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin durch die Verfahren zunächst lediglich einen zivilprozessualen Titel auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.S.v. § 1573 Abs. 2 BGB erlangt hatte. Ebenfalls ist unbeachtlich, dass das Beschwerdeverfahren vor dem OLG durch einen einvernehmlichen Vergleich beendet wurde. Denn die Prozessführung und der Vergleich dienten unmittelbar der Erzielung sonstiger Einkünfte in Form von nach § 22 Nr. 1a EStG steuerbaren Unterhaltsleistungen, sodass ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Erlangung des Titels als prozessualer Folge der Verfahrensbeendigung und der Erzielung steuerbarer Einkünfte vorhanden ist, der nicht der privaten Vermögensebene der Klägerin zuzuordnen ist.
Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts sind als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Unterhaltsempfänger die Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte versteuert. Die Unterhaltszahlungen werden den übrigen Einkünften insoweit vollständig gleichgestellt. Daraus folgt, dass auch ein Werbungskostenabzug vollumfänglich möglich sein muss.