In der Schrems-II-Entscheidung vom 16.07.2020 (Rs. C-311/18) hat der EuGH festgestellt, dass Datenübermittlungen in die USA nicht länger auf der Basis des Privacy Shields erfolgen können. Außerdem ist der Einsatz der Standardvertragsklauseln bei Datenübermittlungen in alle Drittländer nur noch unter Verwendung wirksamer zusätzlicher Maßnahmen ausreichend, die ein dem Schutzniveau der EU gleichwertiges Schutzniveau für die personenbezogenen Daten gewährleisten (mehr dazu lesen Sie hier).
Das baldige einjährige Jubiläum der Schrems-II-Entscheidung könnte der Anlass sein, weshalb die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden nun die breite Durchsetzung der Anforderungen der Schrems-II-Entscheidung in Angriff nehmen. Dafür haben sie gemeinsam fünf Fragebögen zu fünf Themenkomplexen formuliert, mithilfe deren sie Unternehmen hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen zur internationalen Datenübermittlung kontrollieren wollen. Die Themenkomplexe betreffen Mailhoster, Webhoster, Tracking, Bewerberportale und der konzerninterne Datenverkehr. Dabei kann jede Behörde selbst entscheiden, welche Fragebögen sie an welches Unternehmen herausgibt und ob sie die Fragen regional anpasst. Somit kann der Kontrollumfang von Bundesland zu Bundesland und von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ausfallen.
Neben technischen Fragen, wie z. B. ob der Programmcode eines Tracking Tools auf den Internetseiten eingebettet worden ist, werden auch Fragen zu Verträgen mit anderen Unternehmen, z.B. mit Auftragsverarbeitern, abgefragt. So wird in allen Fragebögen nach den rechtlichen Grundlagen bzw. Übermittlungsinstrumenten gefragt, auf die die Drittlandsübermittlung gestützt wird. Auch haben alle Fragebögen gemein, dass in ihnen die Zurverfügungstellung der zum abgefragten Themenkomplex passenden Teile des Verzeichnisses der Verarbeitungstätigkeiten verlangt wird.
Sollte bei den Kontrollen herauskommen, dass die Anforderungen der Schrems-II-Entscheidung nicht erfüllt werden, muss die Datenschutzaufsichtsbehörde die unzulässige Datenübermittlung aussetzen oder verbieten. Nach eigener Aussage ist den Datenschutzaufsichtsbehörden bewusst, dass dies besondere Herausforderungen für die Unternehmen darstellen kann, da bspw. auch der alltägliche Gebrauch von US-amerikanischer Produkten, wie Outlook oder Teams/Skype, davon betroffen sind. Dies wird wohl aber nichts an dem möglichen Ergebnis einer Prüfung ändern.
Passend zu der Ankündigung der Aufsichtsbehörden hat die Europäische Kommission am 04.06.2021 neue Standardvertragsklauseln herausgegeben, die für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer verwendet werden müssen. Die bisherigen Standardvertragsklauseln werden drei Monate nach Inkrafttreten (voraussichtlich Ende Juni 2021) der neuen Klauseln aufgehoben. Verträge, die vor diesem Datum geschlossen wurden, werden weitere 15 Monate anerkannt.
Handlungsempfehlungen
Der Startschuss für die Durchsetzung der Schrems-II-Entscheidung ist gefallen. Um gut durch die angekündigten Kontrollen der jeweils zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden zu kommen, empfehlen wir bereits jetzt, die konkreten Datenverarbeitungen in den benannten Themenkomplexen mit allen involvierten Personen und Unternehmen wie externen Dienstleistern in den Blick zu nehmen. Das Hauptaugenmerk sollte dabei auf Datenübermittlungen in Drittstaaten auf Grundlage von Standardvertragsklauseln liegen. Hierfür sollten alle Verträge vorliegen und gesammelt werden, sodass bei einer Kontrolle die erforderlichen Informationen schnell zu finden sind. Sollten Verträge über Datenverarbeitungen fehlen, ist jetzt die Zeit, die geschäftliche Beziehung unter Verwendung der neuen Standardvertragsklauseln auf eine vertragliche Grundlage zu stellen. Es ist zudem besonders empfehlenswert, die betroffenen Teile des Verzeichnisses der Verarbeitungstätigkeiten auf Vollständigkeit und Inhalt zu überprüfen, um sie bei einer Kontrolle herausgeben zu können. Ein vollständiges und gut geführtes Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten hilft u. a. sehr bei der Beantwortung der Fragebögen. Schließlich sollte auch bereits jetzt die Anpassung der bestehenden Verträge mit „alten“ Standardvertragsklauseln an die neuen Standardvertragsklauseln begonnen werden.
Selbstverständlich unterstützen wir Sie bei Bedarf bei allen angesprochenen Punkten. Sprechen Sie uns gern an.