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Wirtschaftsprüfung

Prüfungsschwerpunkte der ESMA und der BaFin

Die Eu­ropäische Wert­pa­pier- und Markt­auf­sichts­behörde (Eu­ro­pean Se­cu­ri­ties and Mar­kets Aut­ho­rity, ESMA) hat am 24.10.2024 die ge­mein­sa­men eu­ropäischen Prüfungs­schwer­punkte (Eu­ro­pean Com­mon En­force­ment Prio­ri­ties (ECEP)) für die Un­ter­neh­mens­be­richt­er­stat­tung 2024 veröff­ent­licht. Diese be­zie­hen sich auf IFRS-Ab­schlüsse, die Nach­hal­tig­keits­be­richte und auf das eu­ropäische ein­heit­li­che elek­tro­ni­sche Be­richts­for­mat (Eu­ro­pean Sin­gle Elec­tro­nic For­mat, ESEF).

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Die ESMA veröff­ent­licht jähr­lich Prüfungs­schwer­punkte, die die eu­ropäischen na­tio­na­len En­forcer bei der Prüfung der Un­ter­neh­mens­be­richt­er­stat­tung be­son­ders im Fo­kus ha­ben wer­den. Die Bun­des­an­stalt für Fi­nanz­dienst­leis­tungs­auf­sicht (Ba­Fin) über­nimmt die von der ESMA veröff­ent­lich­ten Prüfungs­schwer­punkte und ergänzt diese um wei­tere na­tio­nale Prüfungs­schwer­punkte. Da­her soll­ten insb. ka­pi­tal­markt­ori­en­tierte Un­ter­neh­men und de­ren Ab­schlussprüfer diese The­men be­son­ders sorgfältig bei der Er­stel­lung der Kon­zern- und Jah­res­ab­schlüsse und bei de­ren Prüfung be­ach­ten:

Abschlüsse nach International Financial Reporting Standards (IFRS)

Die Prüfungs­schwer­punkte für IFRS-Ab­schlüsse be­tref­fen:

  • Li­qui­ditätsas­pekte
  • Bi­lan­zie­rungs- und Be­wer­tungs­me­tho­den, Er­mes­sens­ent­schei­dun­gen und we­sent­li­che Schätzun­gen.

Die ESMA er­in­nert an die Be­deu­tung der An­ga­ben zum Li­qui­ditätsri­siko und be­tont die neuen An­ga­be­pflich­ten in IAS 7 Ka­pi­tal­fluss­rech­nung für Lie­fe­ran­ten­fi­nan­zie­rungs­ver­ein­ba­run­gen (supplier fi­nance ar­ran­ge­ments, re­verse fac­to­ring). Alle we­sent­li­chen Lie­fe­ran­ten­fi­nan­zie­rungs­ver­ein­ba­run­gen sind zu iden­ti­fi­zie­ren und of­fen­zu­le­gen, insb. de­ren Be­din­gun­gen ein­schließlich verlänger­ter Zah­lungs­fris­ten und et­wai­ger Si­cher­hei­ten oder Ga­ran­tien. Auch die Klar­stel­lun­gen und neuen An­ga­be­pflich­ten in IAS 1 zu lang­fris­ti­gen Schul­den mit Co­ven­ants so­wie die gemäß IFRS 7 ge­for­der­ten In­for­ma­tio­nen im Falle von Zah­lungs­verzöge­run­gen bzw. Zah­lungs­ausfällen, Ver­trags­ver­let­zun­gen oder Neu­ver­hand­lun­gen von Dar­le­hens­ver­ein­ba­run­gen, wer­den her­vor­ge­ho­ben. Als drit­ten Un­ter­schwer­punkt hat die ESMA Pro­blem­be­rei­che im Zu­sam­men­hang mit der Ka­pi­tal­fluss­rech­nung iden­ti­fi­ziert (u. a. Brut­to­dar­stel­lung von Zah­lungs­strömen, nicht zah­lungs­wirk­same Trans­ak­tio­nen, Ein­stu­fung und Aus­weis von Bank­ver­bind­lich­kei­ten).

Die ESMA be­tont all­ge­meine An­for­de­run­gen an die un­ter­neh­mens­spe­zi­fi­sche und kon­sis­tente Dar­stel­lung von Bi­lan­zie­rungs- und Be­wer­tungs­me­tho­den so­wie an die Dar­stel­lung we­sent­li­cher Er­mes­sens­ent­schei­dun­gen, we­sent­li­cher zu­kunfts­be­zo­ge­ner An­nah­men und we­sent­li­cher Quel­len von Schätz­un­si­cher­hei­ten. Hier­bei ist dar­auf ein­zu­ge­hen, ob und wie Schätz­un­si­cher­hei­ten z. B. durch ma­kroöko­no­mi­sche, tech­no­lo­gi­sche, so­ziale, kli­ma­be­zo­gene oder geo­po­li­ti­sche Ent­wick­lun­gen be­ein­flusst wur­den. Im Zu­sam­men­hang mit dem Vor­lie­gen von Be­herr­schung, ge­mein­sa­mer Be­herr­schung und maßgeb­li­chem Ein­fluss ver­weist die ESMA auf not­wen­dige An­ga­ben zu maßgeb­li­chen Er­mes­sens­ausübun­gen und ge­trof­fe­nen An­nah­men. Dies gilt insb. dann, wenn ne­ben Stimm­rech­ten auch an­dere Fak­to­ren zu berück­sich­ti­gen sind. Fer­ner sind die re­le­van­ten Er­mes­sens­ent­schei­dun­gen bei der Würdi­gung und Er­mitt­lung der Um­sat­zerlöse aus Verträgen mit Kun­den (IFRS 15) an­zu­ge­ben. The­ma­ti­siert wer­den insb. lang­fris­tige Kun­den­verträge (z. B. die An­ge­mes­sen­heit und Ver­tret­bar­keit der Pro­gno­sen der Erlöse und Kos­ten vor dem Hin­ter­grund des ak­tu­el­len ma­kroöko­no­mi­schen Um­felds, die aus be­las­ten­den Kun­den­verträgen ggf. re­sul­tie­ren­den Droh­ver­lustrück­stel­lun­gen gemäß IAS 37) und die Be­ur­tei­lung der Stel­lung als Prin­zi­pal oder Agent.

Nachhaltigkeitsberichte nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS)

Die Prüfungs­schwer­punkte im Be­reich der Nach­hal­tig­keit wer­den ge­legt auf:

  • We­sent­lich­keits­be­ur­tei­lung bei der Be­richt­er­stat­tung nach ESRS
  • Um­fang und Struk­tur des Nach­hal­tig­keits­be­richts
  • An­ga­ben nach Ar­ti­kel 8 der EU-Ta­xo­no­mie-Ver­ord­nung.

Die ESMA legt Wert auf die Durchführung ei­ner gründ­li­chen We­sent­lich­keits­ana­lyse, da diese den Aus­gangs­punkt für die Be­stim­mung der In­for­ma­tio­nen, die in der Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung of­fen­ge­legt wer­den, dar­stellt. Der Um­fang des Nach­hal­tig­keits­be­richts soll sich am Kon­so­li­die­rungs­kreis für den Kon­zern­ab­schluss des Mut­ter­un­ter­neh­mens ori­en­tie­ren und grundsätz­lich In­for­ma­tio­nen über die ge­samte Wert­schöpfungs­kette um­fas­sen. Bezüglich der Struk­tur der Nach­hal­tig­keits­be­richte spricht sie sich für die Bei­spiel­struk­tur in An­lage F des ESRS 1 All­ge­meine An­for­de­run­gen aus. Im Kon­text der EU-Ta­xo­no­mie hält die ESMA an ih­ren Emp­feh­lun­gen aus den Prüfungs­schwer­punk­ten 2023 fest. Die Mel­debögen gemäß de­le­gier­tem Rechts­akt zur Of­fen­le­gung gemäß Ar­ti­kel 8 sind ohne An­pas­sun­gen oder Ände­run­gen zu ver­wen­den.

ESEF (European Single Electronic Format)

Im Hin­blick auf die ESEF-Be­richt­er­stat­tung legt die ESMA den Schwer­punkt auf Prüffel­der, in de­nen häufig Feh­ler fest­ge­stellt wur­den:

  • Ver­wen­dung der kor­rek­ten Ta­xo­no­mie­ele­mente
  • Um­gang mit Er­wei­te­rungs-Ele­men­ten und de­ren Ver­lin­kung
  • Kon­sis­tente und vollständige Aus­zeich­nung
  • Ver­wen­dung der rich­ti­gen Vor­zei­chen, Ska­lie­rung und Ge­nau­ig­keit
  • Kon­sis­tenz in den Be­rech­nun­gen.

Darüber hin­aus ver­weist die ESMA ne­ben den Prüfungs­schwer­punk­ten auf wei­tere re­le­vante The­men­ge­biete und Veröff­ent­li­chun­gen:

  • Kon­nek­ti­vität von Fi­nanz- und Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung (vgl. ESMA Vor­jah­res-Prüfungs­schwer­punkte, IFRS IC Ent­schei­dung zu kli­ma­be­zo­ge­nen Ver­pflich­tun­gen, IASB Ex­po­sure Draft on Cli­mate Re­la­ted and other un­cer­tain­ties)
  • IFRS-Bi­lan­zie­rung von Ver­si­che­rungs­verträgen (IFRS 17) und von Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­ten (vgl. ESMA-Veröff­ent­li­chun­gen aus 2024)
  • Über­lei­tung al­ter­na­ti­ver Cash­flow- oder Net­to­ver­schul­dungs-Kenn­zah­len zu IFRS-Zah­len auf Ba­sis der ESMA-Leit­li­nien zu Al­ter­na­ti­ven Leis­tungs­kenn­zah­len
  • Veröff­ent­li­chung der Eu­ropäischen Kom­mis­sion zur An­wen­dung und Aus­le­gung der CSRD; ESMA-Veröff­ent­li­chung zur erst­ma­li­gen Er­stel­lung ei­nes Nach­hal­tig­keits­be­richts und ESMA-Be­richt zum Green­wa­shing
  • Veröff­ent­li­chun­gen zur ESEF-Be­richt­er­stat­tung (u. a. Ver­weis auf das ak­tua­li­sierte ESEF Re­por­ting Ma­nual).

Die Ba­Fin hat am 7.11.2024 ih­ren na­tio­na­len Prüfungs­schwer­punkt be­kannt ge­ge­ben. Zusätz­lich zu den oben dar­ge­stell­ten ge­mein­sa­men Prüfungs­schwer­punk­ten der ESMA wird die Ba­Fin bei der Prüfung von IFRS-Ab­schlüssen für das Ge­schäfts­jahr 2024 den Fo­kus auf die Wert­hal­tig­keit von Vermögens­wer­ten le­gen. In der Ver­gan­gen­heit wur­den bei den Bi­lanz­kon­trol­len re­gelmäßig Feh­ler auf­grund un­ter­las­se­ner, verspäte­ter oder un­ter­do­tier­ter Wert­min­de­run­gen fest­ge­stellt. Die Re­le­vanz des The­mas er­gibt sich aber auch aus den Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­sen in den Un­ter­neh­men so­wie den geo­po­li­ti­schen und den ge­samt­wirt­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen.

Im Rah­men ih­rer Bi­lanz­kon­troll­ver­fah­ren wird die Ba­Fin schwer­punktmäßig die Wert­hal­tig­keit bi­lan­zier­ter Vermögens­werte im An­wen­dungs­be­reich der Rech­nungs­le­gungs­stan­dards IAS 36 und IFRS 9 un­ter­su­chen. Die Fi­nanz­auf­sicht er­war­tet von den Un­ter­neh­men ne­ben der Do­ku­men­ta­tion der Ana­ly­sen und Wert­hal­tig­keits­tests eine trans­pa­rente und nach­voll­zieh­bare Dar­stel­lung der zu­grunde ge­leg­ten An­nah­men.

Bei nicht­fi­nan­zi­el­len Vermögens­wer­ten ha­ben Un­ter­neh­men im ak­tu­el­len Um­feld ge­nau zu prüfen, ob in­terne oder ex­terne An­zei­chen für mögli­che Wert­min­de­run­gen vor­lie­gen. Sollte dies der Fall sein, sind Wert­min­de­rungs­tests durch­zuführen. Die Überprüfung darf sich hier­bei nicht auf im­ma­te­ri­elle Vermögens­werte mit un­be­schränk­ter Nut­zungs­dauer wie Ge­schäfts- oder Fir­men­werte be­schränken, son­dern soll auch Sach­an­la­gen und sons­tige im­ma­te­ri­elle Vermögens­werte um­fas­sen. Die Ba­Fin weist dar­auf hin, dass die den Wert­min­de­rungs­tests zu­grunde ge­leg­ten Un­ter­neh­mens­pla­nun­gen auf an­ge­mes­se­nen und nach­voll­zieh­ba­ren An­nah­men be­ru­hen müssen. Im Be­reich der fi­nan­zi­el­len Vermögens­werte legt die Ba­Fin den Prüfungs­schwer­punkt auf die Ein­bring­lich­keit von For­de­run­gen.

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