Bei grenzüberschreitenden Warenlieferungen zwischen mehreren Unternehmern aus unterschiedlichen Mitgliedsstaaten ermöglicht die umsatzsteuerliche Behandlung als sog. Dreiecksgeschäft im Rahmen einer Vereinfachungsregelung die Verlagerung der Umsatzsteuerschuld auf den letzten Erwerber, sodass der innergemeinschaftliche Erwerb des mittleren Unternehmers im Bestimmungsland als besteuert gilt. Der Zwischenerwerber muss sich daher nicht im Bestimmungsland registrieren.
Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung ist neben dem Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts auch ein Hinweis auf die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger auf der Rechnung des mittleren Unternehmers.
In einem österreichischen Vorabentscheidungsverfahren entschied der EuGH mit Urteil vom 08.12.2022 (Rs. C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH, DStR 2022, S. 2675), dass die Bestimmung des Empfängers als Steuerschuldner materielle Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung für Dreieckgeschäfte sei und folglich für die im Rahmen der für Dreiecksgeschäfte geltenden Ausnahmeregelung die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ nicht durch einen anderen Rechnungshinweis ersetzt werden könne.
Ferner führte der EuGH zu der Frage der rückwirkenden Rechnungsberichtigung aus, dass ein fehlender Hinweis nicht über eine nachträgliche Rechnungsergänzung (mit Rückwirkung) nachgeholt werden könne. Denn bei einem solchen Dokument, über das eine solche Angabe ergänzt wird, handele es sich vielmehr um die erstmalige Ausstellung der für die Anwendung der Vereinfachungsregelung erforderlichen Rechnung, die (anders als eine Berichtigung) keine Rückwirkung entfalten könne. Ob hierüber das Wahlrecht gleichwohl wirksam ausgeübt werden kann, musste der EuGH aufgrund der Sonderkonstellation des sog. Missing Traders nicht entscheiden.
Hinweis: Das vorliegende Urteil sollte keine generelle Ausstrahlwirkung auf missglückte Dreiecksgeschäfte haben. Dies gilt zumindest in den Fällen, in denen eine rückwirkende Anwendung der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte nach lokalem Recht noch möglich ist und eine Besteuerung beim letzten Abnehmer durch entsprechende Hinweise auf der Rechnung sichergestellt werden kann. Dies deckt sich auch mit der Auffassung der Generalanwältin in den Schlussanträgen. Danach sollte eine solche Heilung grundsätzlich möglich sein, denn es ergibt sich aus der Mehrwertsteuersystemrichtlinie keine Frist dafür, bis wann die Vereinfachungsregelung in Anspruch genommen werden muss. Zudem muss die weitere Rechtsentwicklung beobachtet werden, so sind zu dem Themenkomplex derzeit verschiedene Verfahren beim BFH anhängig (Az. XI R 38/19, Vorinstanz FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.11.2019, Az. 6 K 1767/17, EFG 2020, S. 319, sowie Az. XI R 14/20, Vorinstanz FG Münster, Gerichtsbescheid vom 22.04.2020, Az. 15 K 1219/17 U, AO, EFG 2020, S. 1097). Weitere Informationen zur EuGH-Entscheidung und was es schon jetzt in der Praxis zu beachten gilt, entnehmen Sie bitte unserem Newsletter und finden Sie auch hier.