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Steuerberatung

Rechnung i.S.d. § 14c UStG: Ausweis eines negativen Steuerbetrags

BFH v. 26.6.2019 - XI R 5/18

Bei der Prüfung, ob ein als "Be­las­tung" be­zeich­ne­tes Do­ku­ment (nur) über Leis­tun­gen oder (auch) über Ent­gelt­min­de­run­gen ab­rech­net, ist der In­halt ei­ner dem Fi­nanz­amt vor­lie­gen­den Kon­di­ti­ons­ver­ein­ba­rung je­den­falls dann ergänzend her­an­zu­zie­hen, wenn in dem Do­ku­ment auf die Ver­ein­ba­rung ver­wie­sen wird. Ein ne­ga­ti­ver Be­trag, der in ei­ner Rech­nung un­rich­tig oder un­be­rech­tigt aus­ge­wie­sen wird, wird nicht i.S.d. § 14c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UStG ge­schul­det.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist In­sol­venz­ver­wal­ter der Firma X. Diese hatte mit der Firma Y, ei­ner Or­gan­ge­sell­schaft der Z-GmbH, eine "Jah­res-Kon­di­ti­ons­ver­ein­ba­rung 2006" ge­schlos­sen. Diese ent­hielt im "Leis­tungs­block A" un­ter "1. Bo­nus" An­ga­ben zu "Bo­nus­zah­lun­gen" und dar­auf zu leis­tende Ab­schlags­zah­lun­gen ("Net­to­be­trag zzgl. MWST (EUR)"). Wei­ter heißt es un­ter Tz. 1.8.: "zum 15.12. für alle ver­ein­bar­ten Vergütun­gen gemäß hoch­ge­rech­ne­tem Um­satz ab­zgl. ge­leis­te­ter Ab­schlags­zah­lun­gen ... Ab­rech­nung: X - Rech­nung, Ver­rech­nung über W. Die End­ab­rech­nung er­folgt schrift­lich bis zum 15.1. des Fol­ge­jah­res ge­gen Lie­fe­ran­ten­ab­rech­nung zu Händen der Ab­tei­lung For­de­rungs­ma­nage­ment."

Mit der Firma W, einem Zen­tral­re­gu­lie­rer, hatte X am 01.01.2005 einen "Dienst­be­sor­gungs-Ver­trag/De­le­ga­ti­ons­ver­ein­ba­rung" ge­schlos­sen. W wurde da­nach u.a. von X be­auf­tragt, steu­er­lich re­le­vante Be­lege wie (Sam­mel-)Rech­nun­gen, Be­las­tungs­an­zei­gen, Rück­be­las­tun­gen und Kor­rek­tur­rech­nun­gen ge­genüber Lie­fer­fir­men im Na­men des Han­dels­un­ter­neh­mens zu er­stel­len und mit Wir­kung für die­ses zu emp­fan­gen. Die Rech­nun­gen/Gut­schrif­ten wur­den von X er­stellt und an W wei­ter­ge­lei­tet. W wie­derum lei­tete die Ab­rech­nun­gen an­schließend an Y wei­ter. W er­stellte dem­gemäß für 2006 an Y mit "Be­las­tung" be­zeich­nete Do­ku­mente, wel­che als Ab­sen­der die Firma X aus­wie­sen und einen "Begründungs­text" ent­hiel­ten.

Y zog die in den o.g. "Be­las­tun­gen" ge­nann­ten Beträge als Vor­steuer ab. X mel­dete die in den "Be­las­tun­gen" ge­nann­ten Beträge in sei­ner Um­satz­steu­er­erklärung für das Jahr 2006 an und führte die Beträge an das Fi­nanz­amt ab. Im Jahr 2012 wurde über das Vermögen des X das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net und der Kläger zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt. Das Fi­nanz­amt ver­trat die Auf­fas­sung, die "Be­las­tun­gen" seien keine Rech­nun­gen i.S.v. § 14c UStG, da sie nicht der Ab­rech­nung von Leis­tun­gen dien­ten. Dies er­gebe sich dar­aus, dass die ent­hal­te­nen An­ga­ben wi­der­sprüch­lich seien, Y in dem Do­ku­ment als Ab­sen­der be­zeich­net werde, und dem Rech­nungs­be­trag ein ne­ga­ti­ves Vor­zei­chen vor­an­ge­stellt sei. Im März 2016 stor­nierte X die "für das Jahr 2006 er­stell­ten Bo­nus­ab­rech­nun­gen". Das FA Q bestätigte, dass Y be­reits am 31.12.2015 die ab­ge­zo­gene Vor­steuer an das FA Q zurück­ge­zahlt habe. Das Fi­nanz­amt ver­trat wei­ter­hin die Auf­fas­sung, ein Steu­er­aus­weis i.S.v. § 14c UStG liege nicht vor, da aus der Ge­samt­heit des In­halts der Ab­rech­nungs­pa­piere und der Jah­res­kon­di­ti­ons­ver­ein­ba­rung her­vor­gehe, dass X über Preis­nach­las­san­sprüche "ab­ge­rech­net" habe und des­halb keine (Be­schrei­bung ei­ner) Leis­tung vor­liege. Eine for­melle Rech­nungs­be­rich­ti­gung sei nicht er­for­der­lich.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage weit­ge­hend statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hat rechts­feh­ler­haft an­ge­nom­men, dass X in den "Be­las­tun­gen" zu Un­recht einen Steu­er­be­trag of­fen aus­ge­wie­sen habe, den er nach § 14c UStG, Art. 203 der Richt­li­nie 2006/112/EG des Ra­tes vom 28.11.2006 über das ge­mein­same Mehr­wert­steu­er­sys­tem (MwSt­Sys­tRL) schul­den könnte.

Hat ein Un­ter­neh­mer in ei­ner Rech­nung für eine Lie­fe­rung oder sons­tige Leis­tung einen höheren Steu­er­be­trag, als er nach die­sem Ge­setz für den Um­satz schul­det, ge­son­dert aus­ge­wie­sen (un­rich­ti­ger Steu­er­aus­weis), schul­det er auch den Mehr­be­trag (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Wer in ei­ner Rech­nung einen Steu­er­be­trag ge­son­dert aus­weist, ob­wohl er zum ge­son­der­ten Aus­weis der Steuer nicht be­rech­tigt ist (un­be­rech­tig­ter Steu­er­aus­weis), schul­det den aus­ge­wie­se­nen Be­trag (§ 14c Abs. 2 Satz 1 UStG). Nach § 14 Abs. 4 UStG muss eine Rech­nung u.a. grundsätz­lich den Um­fang und die Art der sons­ti­gen Leis­tung so­wie den (auf das Ent­gelt ent­fal­len­den) Steu­er­be­trag ent­hal­ten. Der Steu­er­be­trag muss ein Geld­be­trag sein, der als Steu­er­be­trag ge­kenn­zeich­net ist.

Vor­lie­gend hat das FG un­zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die "Be­las­tun­gen", so­weit ih­nen keine Wer­be­leis­tun­gen zu­grunde lie­gen, nicht als Ab­rech­nun­gen über ver­ein­barte Boni aus­zu­le­gen ist. Es hatte da­bei nicht be­ach­tet, dass zur Aus­le­gung der "Be­las­tun­gen" auch in­so­weit die Jah­res­kon­di­ti­ons­ver­ein­ba­rung her­an­zu­zie­hen ist. Ob die An­ga­ben in ei­ner Rech­nung un­zu­tref­fend sind, be­stimmt sich nach all­ge­mei­nen Grundsätzen. Da­her sind - wie bei der Prüfung, ob eine Rech­nung hin­rei­chende An­ga­ben enthält, die zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­ti­gen - auch im An­wen­dungs­be­reich des § 14c UStG Be­zug­nah­men in der Rech­nung auf an­dere Do­ku­mente zu berück­sich­ti­gen.

Eine Berück­sich­ti­gung von in der Rech­nung ent­hal­te­nen Be­zug­nah­men im Rah­men der Aus­le­gung ist auch uni­ons­recht­lich ge­bo­ten, weil sich die Steu­er­ver­wal­tung nicht auf die Prüfung der Rech­nung selbst be­schränken darf, son­dern auch die vom Steu­er­pflich­ti­gen bei­ge­brach­ten zusätz­li­chen In­for­ma­tio­nen zu berück­sich­ti­gen hat. Im Streit­fall hat das FG zu Un­recht an­ge­nom­men, dass in den Be­las­tun­gen nur über Wer­be­leis­tun­gen ab­ge­rech­net wurde. Un­abhängig da­von hatte das FG auch des­halb zu Un­recht an­ge­nom­men, dass zunächst Um­satz­steuer gem. § 14c UStG ge­schul­det wurde, weil in den Be­las­tun­gen keine po­si­ti­ven, son­dern ne­ga­tive Beträge of­fen aus­ge­wie­sen wur­den. Einen of­fen aus­ge­wie­se­nen ne­ga­ti­ven Be­trag kann je­doch we­der nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG noch nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG ge­schul­det wer­den. Ist der aus­ge­wie­sene Be­trag (ne­ga­tiv und da­mit) zu nied­rig, ist er kein "Mehr­be­trag" i.S.d. § 14c Abs. 1 UStG.

Ein ne­ga­ti­ver Be­trag ist auch kein "aus­ge­wie­se­ner Be­trag" i.S.d. § 14c Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG oder eine "Mehr­wert­steuer" i.S.d. Art. 203 MwSt­Sys­tRL, der bzw. die vom Rech­nungs­aus­stel­ler "ge­schul­det" wer­den kann. Eine Fest­set­zung von ne­ga­ti­ver Um­satz­steuer zu­guns­ten des Rech­nungs­aus­stel­lers wi­der­spräche dem Zweck von § 14c Abs. 2 UStG, ei­ner Gefähr­dung des Steu­er­auf­kom­mens durch einen un­zu­tref­fen­den Steu­er­aus­weis in Rech­nun­gen ent­ge­gen­zu­wir­ken. Dies zeigt, dass auch ein nach § 14c Abs.2 Satz 1 UStG vom Rech­nungs­aus­stel­ler "ge­schul­de­ter" Be­trag po­si­tiv sein muss. § 14c UStG begründet eine Steu­er­schuld, wenn ein Um­satz mit einem höheren Steu­er­be­trag ab­ge­rech­net wird, als das Um­satz­steu­er­ge­setz für den Um­satz for­dert. Wird aus den "Be­las­tun­gen" keine Um­satz­steuer nach § 14c UStG ge­schul­det, muss das Fi­nanz­amt ei­ner Be­rich­ti­gung der "Be­las­tun­gen" nicht zu­stim­men, weil kein An­wen­dungs­fall des § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG vor­liegt. Die Ab­leh­nung ist hier des­halb zu Recht er­folgt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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