Der Sachverhalt:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete der Beklagten mit Vertrag vom 30.4.2001 eine Gewerbeimmobilie, in der die Beklagte wie vereinbart eine Fachklinik für Suchttherapie betreibt. Mietbeginn war der 1.6.2001, die Mietdauer betrug zehn Jahre. Zur Vertragslaufzeit regelt § 2 Ziffer 2 das Recht der Mieterin, "die Mietzeit 2x um je 5 Jahre zu verlängern (Option). Diese Optionen treten jeweils stillschweigend in Kraft, wenn die Mieterin spätestens 12 Monate vor Ablauf der Mietzeit keine gegenteilige schriftliche Erklärung abgibt." Eine solche die Vertragsverlängerung verhindernde Erklärung gab die Beklagte nicht ab.
Erstmals im Juli 2007 rügte die Beklagte verschiedene Mängel. Mit Schreiben vom 25.8.2010 forderte die Beklagte die Klägerin zur Beseitigung zahlreicher Mängel auf und wiederholte diese Aufforderung mit Schreiben vom 27.5.2011 unter Fristsetzung. Nachdem sich ab Februar 2012 die Miete aufgrund einer vertraglichen Wertsicherungsklausel erhöht hatte, zahlte die Beklagte die Miete nur noch zur Hälfte und behielt rd. 5.500 € pro Monat mit der Begründung ein, die Miete sei wegen Mängeln der Mietsache um 50 Prozent gemindert. Die Klägerin macht mit der Klage Mietrückstände von insgesamt rd. 28.000 € für die Monate Mai bis September 2012 geltend.
LG und OLG gaben der Klage statt; die Beklagte könne sich wegen vorbehaltloser Ausübung der Option auf vor der Optionsausübung aufgetretene Mängel nicht mehr berufen. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Das OLG hat zu Unrecht angenommen, die von der Beklagten gem. § 536 Abs. 1 BGB geltend gemachte Minderung sei entsprechend § 536 b BGB ausgeschlossen, weil die Beklagte trotz Mangelkenntnis die Verlängerungsoption ausgeübt habe, ohne sich Rechte wegen der Mängel vorzubehalten.
Ob die vorliegend erfolgte Vertragsverlängerung derjenigen durch Ausübung einer Verlängerungsoption entspricht, die der vom OLG herangezogenen Rechtsprechung des BGH zu § 539 BGB a.F. zugrunde lag, kann dahinstehen. Denn wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, führt auch die vorbehaltlose Ausübung einer Verlängerungsoption durch den Mieter nicht gem. oder entsprechend § 536 b BGB zum Verlust der ihm nach §§ 536 und 536 a BGB zustehenden Rechte. Bei der Ausübung einer Verlängerungsoption handelt es sich nicht um einen Vertragsschluss i.S.d. § 536 b BGB. Die Option ist ein schon im Ausgangsvertrag eingeräumtes Gestaltungsrecht. Durch ihre Ausübung kommt kein neuer Vertrag zustande. Vielmehr wirkt sie unmittelbar auf das bestehende Mietverhältnis ein, indem sie mit ihrer Gestaltungswirkung lediglich die ursprünglich vereinbarte Vertragslaufzeit ändert und ihr einen neuen Zeitabschnitt hinzufügt.
Auch die entsprechende Anwendung des § 536 b BGB kommt bei vorbehaltloser Ausübung einer Verlängerungsoption nicht in Betracht. Seit der Neuregelung durch das am 1.9.2001 in Kraft getretene Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.2001 fehlt es an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Im Zuge der Einführung des Mietrechtsreformgesetzes hat der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, eine Regelung für den Fall zu treffen, dass der Mieter den Mangel erst nach Vertragsschluss erkennt und trotz Kenntnis des Mangels die Miete über einen längeren Zeitraum hinweg vorbehaltlos in voller Höhe weiterzahlt, sondern mit § 536 c BGB eine abschließende Regelung für nachträglich sich zeigende Mängel getroffen. Im Übrigen ist eine entsprechende Anwendung des § 536 b BGB auf die vorbehaltlose Ausübung der Verlängerungsoption durch den Mieter auch nicht in Ansehung des Gesetzeszwecks geboten.
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