Herausforderndes Marktumfeld
Das M&A-Marktumfeld in Deutschland war im Jahr 2023 trotz des anhaltenden Aktivitätsniveaus mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Geopolitische Konflikte und anhaltend hohe Energiepreise beeinflussten strategische Kaufentscheidungen. Die steigende Inflation sowie die anhaltend hohen Zinsen stellten zusätzliche Belastungen dar. Auch die teilweise stattfindende Entkopplung der globalen Lieferketten und ein beabsichtigtes Onshoring von Produktion war ein weiterer wesentlich M&A-Treiber. Trotz dieser Herausforderungen blieb Deutschland ein attraktives Ziel für nationale und internationale Unternehmenskäufer.
Stärkerer Fokus auf Buy and Build Strategien
Vor dem Hintergrund der gestiegenen Finanzierungskosten erlebten Buy and Build Strategien insb. bei Finanzinvestoren eine steigende Beliebtheit. Eine Buy and Build Strategie zielt darauf ab, durch den Kauf und die Integration von Unternehmen in ähnlichen Branchen oder Märkten zu wachsen. Der Vorteil besteht zumeist darin, dass in der Regel ein schnelleres Wachstum gelingt als dies durch rein organisches Wachstum möglich wäre. So kann die Erhöhung des Marktanteils durch den Zukauf von Wettbewerbern erreicht werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass durch die Kombination mehrerer kleinerer Unternehmen vielfach Synergien genutzt werden können, indem Ressourcen und der Einkauf gebündelt oder der Zugang zu neuen Märkten ermöglicht werden. Das kann zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Ferner dient eine derartige Strategie der Risikostreuung, indem in verschiedene Geschäftsbereiche oder geografische Märkte expandiert wird. Die größte Herausforderung besteht in der Post-M&A-Integration der einzelnen Add-on Targets und der tatsächlichen Hebung der beabsichtigten Plattform-Synergien.
Bindung durch Beteiligung
Wesentlicher Aspekt insb. auch bei Buy and Build Strategien ist die Bindung (Retention) des Managements bzw. der Führungskräfte an die Gruppe. Vor allem wenn die Veräußerer als zukünftige Fremdgeschäftsführer in der Unternehmensleitung verbleiben sollen, ist häufig beabsichtigt, sie über Rückbeteiligungen weiter am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen. Solche Managementbeteiligungsmodelle bieten für die Unternehmensleitung hohes Wertsteigerungspotential und dementsprechend Anreizeffekte.
Rechtlich werden solche Beteiligungen häufig in GmbH & Co. KG Strukturen gepoolt. Typischerweise sieht der KG-Gesellschaftsvertrag ferner Vereinbarungen für den Fall des Ausscheidens des Managers (Good- or Bad-Leaver) sowie zu Drag-along/Tag-along Rechten im Falle des Exits vor.
Steuerlich können solche Mitarbeiterbeteiligungsmodelle sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch beim beteiligten Manager Auswirkung haben, wobei häufig das Ziel ist, dass die möglichen Erlöse aus dem Beteiligungsprogramm als sog. Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert werden und damit der günstigen Besteuerung der Abgeltungs- bzw. dem Teileinkünfteverfahren unterliegen.
Für die Einordnung als Einkünfte aus Kapitalvermögen kommt es entscheidend darauf an, dass das wirtschaftliche Eigentum an der Beteiligung auch tatsächlich auf den Manager (oder sein Beteiligungsvehikel) übergeht. Hierfür sollte als Gegenleistung für die Beteiligung grundsätzlich der Verkehrswert durch den Manager gezahlt werden. In einer aktuellen Entscheidung hat der BFH zudem glücklicherweise für weitere Rechtsicherheit gesorgt, indem er klarstellte, dass selbst eine verbilligte Überlassung einer Managementbeteiligung (also unterhalb des Verkehrswertes) in der Regel nur zu einer Arbeitslohnbesteuerung der Wertdifferenz im Beteiligungszeitpunkt führen kann, nicht jedoch in Bezug auf später realisierte Veräußerungsgewinne. Das bedeutet, dass in diesem Fall der Veräußerungsgewinn steuerlich begünstigt als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert wird.
Alternativ bestehen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, bei denen keine Kapitalbeteiligung gezeichnet wird, sondern die rein auf schuldrechtlicher Basis zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber abgeschlossen werden (insb. häufig als virtuelle Beteiligung - VSOP - bezeichnet). Diese bieten rechtlich den Vorteil, dass eine deutlich flexiblere Ausgestaltung möglich ist. Steuerlich sind die daraus erzielten Erträge hingegen klar als Arbeitslohn zu werten.
Hinweis: In der nächsten Ausgabe unseres novus werden wir ausführlich auf das Thema Mitarbeiterbeteiligungen eingehen.
KI und Technologien in der Transaktionsberatung
Das vergangene Jahr trieb zudem die Nutzung von Technologien in der Transaktionsberatung weiter voran. Insb. bei Due Diligence Prüfungen und der Dokumentationssteuerung kommen vermehrt Tool-Lösungen zum Einsatz, welche die Datenauslese und -analyse und die damit verbundene Risikoeinschätzung erheblich erleichtern. Auch auf Käuferseite werden verstärkt technische Lösungen angewendet, um die erforderliche Integration und das Beteiligungsmanagement nach Erwerb zu erleichtern. Hierfür wird vermehrt vor Erwerb eine IT Due Diligence durchgeführt, um die Dateninformationslage zu bewerten und natürlich auch die Softwarestruktur des Zielunternehmens zu prüfen.
Steuerrisikoversicherung zur Absicherung von Steuerrisiken
Auch im Transaktionsumfeld kommen - neben der oftmals standardmäßig eingesetzten Versicherung von Garantien und Freistellung im Kaufvertrag, sog. Warranty-and-Indemnity (W&I) Insurance, - inzwischen vermehrt auch Steuerliche Risikoversicherungen ins Spiel. Durch eine solche Steuerrisikoversicherung können Risiken hinsichtlich einer unklaren Rechtslage abgesichert werden. Interessant ist eine solche Versicherungslösung dann, wenn ein hoher möglicher Steuerschaden im Raum steht, dessen Eintritt aber eher unwahrscheinlich ist. Unter Darlegung des Sachverhalts ermitteln die Anbieter von Steuerrisikoversicherungen relativ schnell, in welcher Höhe eine Versicherungsprämie zu entrichten ist, so dass ein erfolgreicher Abschluss einer M&A-Transaktion nicht zeitlich verzögert wird.
ESG gewinnt an Bedeutung
Last but not least gewinnt das Thema Nachhaltigkeit (Environmental, Social, Governance - ESG) für Käufer vermehrt Bedeutung. ESG Reporting-Pflichten, die den Käufer treffen (entweder im Rahmen einer Pflicht zum non-financial Reporting oder als vertragliche Pflicht gegenüber Banken und anderen Kreditgebern) zwingen zur Bewertung dieser Aspekte auch beim Zielunternehmen. Neben der rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Due Diligence wird daher auch vermehrt eine ESG-Due Diligence durchgeführt, die Nachhaltigkeitsaspekte beleuchtet.
Fazit
Der M&A Markt in Deutschland ist trotz der schwierigen Marktbedingungen weiter robust. Es zeichnen sich lediglich Trends ab, die neuen Marktbedingungen in den Transaktionsstrukturen abzubilden. So werden Themen wie ESG, Mitarbeiterbindung und Synergiegewinne relevanter. Rechtlich und steuerlich ergeben sich dabei neue Stolpersteine, die jedoch durch eine kluge Transaktionsstruktur ausgeräumt werden können.