Wichtige Rechtsänderungen bei Verbrauchsteuergesetzen
Zum 13.02.2023 stehen wichtige, zum Teil grundlegende Änderungen im Verbrauchsteuerrecht an. So sind die novellierte europäische sog. Verbrauchsteuersystemrichtlinie (Richtlinie zur Festlegung des allgemeinen Verbrauchsteuersystems, RL 2020/262, ABl. Nr. L 57, 4) und die neue Alkoholsteuerstrukturrichtlinie (Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 92/83/EWG zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke, RL 2020/1151, ABl. Nr. L 256, 1) mit dem 7. und 8. Verbrauchsteueränderungsgesetz sowie der 7. Verbrauchsteueränderungsverordnung in nationales Recht umgesetzt worden. Ebenfalls zum 13.02.2023 wird im Bereich der Beförderung unter Steueraussetzung mit dem Excise Movement and Control System (EMCS) die EMCS-Durchführungsverordnung durch neue Verordnungen abgelöst.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Beförderung unter Steueraussetzung und Besteuerung
- Bei Beförderungen unter Steueraussetzung ist nur noch das Mitführen des Referenzcodes (ARC) notwendig - das Mitführen eines Ausdrucks des elektronischen Verwaltungsdokuments (e-VD) oder eines Handelspapiers ist nicht mehr erforderlich.
- Einführung von Heilungsmöglichkeiten bei geringfügigen Verfahrensabweichungen im Steueraussetzungsverfahren auch im Bereich der Genussmittelsteuern (Schaumwein und Zwischenerzeugnisse, Tabak, Kaffee, Bier und Alkohol)
- Abgabe einer zusammengefassten monatsweisen Steueranmeldung für Hersteller ohne Erlaubnis als Steuerlagerinhaber (gilt für Hersteller von Bier, Kaffee, Schaumwein oder Zwischenerzeugnisse).
EMCS für EU-grenzüberschreitende Lieferungen im steuerrechtlich freien Verkehr
- Verpflichtende Verwendung des EMCS für EU-grenzüberschreitende Lieferungen von verbrauchsteuerpflichtigen Waren des freien Verkehrs zu gewerblichen Zwecken (gilt für die harmonisierten Verbrauchsteuern, dazu zählen die Energie-, Tabak-, Alkohol-, Bier- sowie Schaumwein und Zwischenerzeugnissteuer)
- Zulassung von zuvor genannten Lieferungen zu gewerblichen Zwecken, einschließlich des Empfangs oder der Lieferung von Wein, grundsätzlich nur für dafür berechtigte Personen; in diesem Rahmen Einführung der neuen Rechtsfiguren „zertifizierter Versender“ „zertifizierter Empfänger“ (Dauer- oder Einzelerlaubnis erforderlich)
- Geänderte Regelungen für den Versandhandel, insb. betreffend die Erlaubnis als Versandhändler sowie die Benennung eines Steuervertreters (ausgenommen für Kaffee, hier gelten die neuen Regelungen bereits seit dem 01.07.2021)
- Beförderung von vollständig vergälltem Alkohol zu gewerblichen Zwecken mit e-VD, obwohl es sich bei der Ware um steuerfreie Alkoholerzeugnisse handelt.
Änderungen mit Blick auf das Zollrecht
- Steuerentstehung in Anlehnung an Zollvorschriften grundsätzlich zum Zeitpunkt der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr durch Einfuhr oder unrechtmäßigen Eingang
- Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich des Verbrauchsteuerschuldners durch die zollrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der indirekten Vertretung und Bestimmung des Anmelders
- Verbrauchsteuerrechtliche Ausfuhr auch durch Überführung der Verbrauchsteuergegenstände in ein zollrechtliches externes Versandverfahren (T1).
Steuerbefreiungen für wissenschaftliche Zwecke
Schaffung eines Steuerbefreiungstatbestandes im Bereich der Genussmittel für wissenschaftliche Versuche und Untersuchungen auch außerhalb des Steuerlagers (Steuerbefreiung für den Zweck der Förderung der Wissenschaft)
Steuerentlastung bei Beförderungen von Waren des steuerrechtlich freien Verkehrs in einen anderen EU-Mitgliedstaat
- Einführung eines neuen Verfahrens zur Entlastung von nachweislich versteuerten und in einen anderen Mitgliedstaat beförderten Waren
- Bei Mehrmengen grundsätzlich Gewährung der Entlastung nur in der Höhe, in der auch eine Versteuerung im Steuergebiet stattgefunden hat.
Hinweis: Unternehmen, die von den Rechtsänderungen betroffen sind, bspw. aufgrund grenzüberschreitender Warenflüsse von verbrauchsteuerpflichtigen Waren innerhalb der EU, sollten sich kurzfristig mit den Neuregelungen vertraut machen, ihre Prozesse ggf. entsprechend anpassen und Erlaubnisse beantragen, insofern dies nicht bereits erfolgt ist.
Insbesondere hinsichtlich der Verwaltung und IT sind ggf. Anpassungen notwendig. Auch eine Abstimmung mit Vertragspartnern in EU-Mitgliedstaaten erscheint sinnvoll, um zu prüfen, ob Beförderungen unter den neuen Regularien bereits stattfinden können.
Neben dem anfänglichen Aufwand zur Umsetzung der Neuerungen bringen diese jedoch ebenfalls positive Effekte mit sich, u. a. aufgrund vereinfachter Entlastungsverfahren und der Schaffung von Heilungstatbeständen bei geringfügigen Abweichungen der Beförderung von Genussmitteln unter Steueraussetzung.