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Rechtsprechungsänderung zu Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen

BGH 18.3.2015, VIII ZR 185/14 u.a.

Die bis­he­rige Recht­spre­chung, dass Schönheits­re­pa­ra­tu­ren auch bei zu Miet­be­ginn un­re­no­viert über­las­se­nen Woh­nun­gen durch AGB auf die Mie­ter über­tra­gen wer­den können (BGH-Urt. v. 1.7.1987, Az.: VIII ARZ 9/86), wird auf­ge­ge­ben. Das Glei­che gilt für die frühere Recht­spre­chung zur Wirk­sam­keit for­mu­larmäßiger Quo­ten­ab­gel­tungs­klau­seln (BGH-Rechts­ent­scheid v. 6.7.1988, Az.: VIII ARZ 1/88, Urt. v. 26.9.2007, Az.: VIII ZR 143/06).

Der Sach­ver­halt:
Durch Re­no­vie­rungs­klau­seln (auch Vor­nahme- oder Abwälzungs­klau­seln ge­nannt) wird die (als Teil der In­stand­hal­tungs­pflicht nach § 535 BGB grundsätz­lich dem Ver­mie­ter ob­lie­gende) Pflicht zur Vor­nahme der Schönheits­re­pa­ra­tu­ren auf den Mie­ter ab­gewälzt. (Quo­ten-)Ab­gel­tungs­klau­seln er­le­gen dem Mie­ter die Pflicht zur an­tei­li­gen Tra­gung von Kos­ten der Schönheits­re­pa­ra­tu­ren für den Fall auf, dass die Woh­nung am Ende des Miet­verhält­nis­ses Ab­nut­zungs- oder Ge­brauchs­spu­ren auf­weist, die Schönheits­re­pa­ra­tu­ren aber nach dem in der Re­no­vie­rungs­klau­sel fest­ge­leg­ten Fris­ten­plan noch nicht fällig sind.

In dem Ver­fah­ren VIII ZR 185/14 hat­ten die Vor­in­stan­zen der auf Scha­dens­er­satz we­gen un­ter­las­se­ner Schönheits­re­pa­ra­tu­ren ge­rich­te­ten Klage über­wie­gend statt­ge­ge­ben. Der BGH hat das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­rich­tes auf­ge­ho­ben und die Klage ins­ge­samt ab­ge­wie­sen. Die Rich­ter wa­ren der An­sicht, dass die for­mu­larmäßige Abwälzung der Schönheits­re­pa­ra­tu­ren auf die be­klag­ten Mie­ter un­wirk­sam war, da bei Miet­be­ginn in drei Zim­mern Streich­ar­bei­ten er­for­der­lich ge­we­sen wa­ren und die Mie­ter bei Nut­zungs­be­ginn eine nicht re­no­vierte Woh­nung über­nom­men hat­ten. Der ih­nen zu Miet­be­ginn gewährte Nach­lass von le­dig­lich ei­ner hal­ben Mo­nats­miete stellte in die­sem Fall kei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich dar.

Im Ver­fah­ren VIII ZR 242/13, in dem das LG dem Ver­mie­ter den be­gehr­ten Scha­dens­er­satz we­gen nicht aus­geführ­ter Schönheits­re­pa­ra­tu­ren zu­ge­spro­chen hatte, hat der BGH die Sa­che un­ter Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils zurück­ver­wie­sen, da­mit die - vom Mie­ter zu be­wei­sende Frage - geklärt wer­den kann, ob die Woh­nung zu Ver­trags­be­ginn un­re­no­viert über­ge­ben wor­den war und der Abwälzung der Schönheits­re­pa­ra­tu­ren des­halb die Wirk­sam­keit fehlte. Da­bei kommt es auch hier für die Ab­gren­zung re­no­viert/un­re­no­viert letzt­lich dar­auf an, ob etwa vor­han­dene Ge­brauchs­spu­ren so un­er­heb­lich sind, dass die Mieträume im Zeit­punkt der Über­las­sung den Ge­samt­ein­druck ei­ner re­no­vier­ten Woh­nung ver­mit­teln; dies muss der Ta­trich­ter un­ter um­fas­sen­der Würdi­gung der Umstände des Ein­zel­falls ent­schei­den.

Außer­dem wurde fest­ge­stellt, dass ein - von der kla­gen­den Ver­mie­te­rin hilfs­weise gel­tend ge­mach­ter - An­spruch auf an­tei­lige Kos­ten­tra­gung nach ei­ner Quo­ten­ab­gel­tungs­klau­sel nicht be­steht. Denn auch bei der Quo­ten­ab­gel­tungs­klau­sel hatte der Se­nat ur­sprüng­lich eine Be­mes­sung des vom Mie­ter zu tra­gen­den An­teils nach "star­ren" Fris­ten für zulässig er­ach­tet und dies später im Jahr 2007 da­hin mo­di­fi­ziert, dass der­ar­tige Klau­seln (nur dann) der In­halts­kon­trolle stand­hiel­ten, wenn sie den vom Mie­ter zu zah­len­den An­teil nach dem Verhält­nis zwi­schen der Miet­dauer seit Durchführung der letz­ten Schönheits­re­pa­ra­tu­ren und dem Zeit­raum be­mes­sen würden, nach dem bei ei­ner hy­po­the­ti­schen Fort­set­zung auf­grund des Wohn­ver­hal­tens des Mie­ters vor­aus­sicht­lich Re­no­vie­rungs­be­darf bestünde.

Im Hin­weis­be­schluss vom 22.1.2014 (Az.: VIII ZR 352/12) hatte der Se­nat be­reits Be­den­ken an­ge­deu­tet, ob eine Be­rech­nung des vom Mie­ter zu tra­gen­den An­teils an den Re­no­vie­rungs­kos­ten an­hand ei­ner hy­po­the­ti­schen Fort­set­zung sei­nes bis­he­ri­gen Wohn­ver­hal­tens der In­halts­kon­trolle standhält. Diese Be­den­ken hat der Se­nat nun­mehr für durch­grei­fend er­ach­tet und un­ter Auf­gabe sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung ent­schie­den, dass eine - zur Un­wirk­sam­keit der Ab­gel­tungs­klau­sel nach § 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB führende - un­an­ge­mes­sene Be­nach­tei­li­gung des Mie­ters darin liegt, dass der auf ihn ent­fal­lende Kos­ten­an­teil nicht verläss­lich er­mit­telt wer­den kann und für ihn bei Ab­schluss des Miet­ver­trags nicht klar und verständ­lich ist, wel­che Be­las­tung ge­ge­be­nen­falls auf ihn zu­kommt. Dies gilt un­abhängig da­von, ob die Woh­nung dem Mie­ter zu Be­ginn des Miet­verhält­nis­ses re­no­viert oder un­re­no­viert über­las­sen wurde.

In dem Ver­fah­ren VIII ZR 21/13 hat der BGH die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­rich­tes bestätigt, das eine Scha­dens­er­satz­pflicht des Mie­ters we­gen un­ter­las­se­ner Schönheits­re­pa­ra­tu­ren schon des­halb ver­neint hatte, weil die ver­wen­dete For­mu­lar­klau­sel zum Teil auf "starre" Fris­ten ab­stellte und des­halb ins­ge­samt un­wirk­sam war. Auf die Frage, ob die Woh­nung bei Ver­trags­be­ginn re­no­viert über­ge­ben wor­den war, kam es aus die­sem Grund in die­sem Ver­fah­ren nicht mehr an.

Die Gründe:
Die bis­he­rige Recht­spre­chung, dass Schönheits­re­pa­ra­tu­ren auch bei zu Miet­be­ginn un­re­no­viert über­las­se­nen Woh­nun­gen durch AGB auf die Mie­ter über­tra­gen wer­den können (BGH-Urt. v. 1.7.1987, Az.: VIII ARZ 9/86), wird auf­ge­ge­ben. Das Glei­che gilt für die frühere Recht­spre­chung zur Wirk­sam­keit for­mu­larmäßiger Quo­ten­ab­gel­tungs­klau­seln (BGH-Rechts­ent­scheid v. 6.7.1988, Az.: VIII ARZ 1/88, Urt. v. 26.9.2007, Az.: VIII ZR 143/06).

Wei­ter­hin maßgeb­lich ist al­ler­dings der Aus­gangs­punkt der früheren Recht­spre­chung, dass Mie­ter nur zu den auf seine ei­gene Ver­trags­zeit ent­fal­len­den Re­no­vie­rungs­leis­tun­gen ver­pflich­tet wer­den dürfen. Sie dürfen zur Ver­mei­dung ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung - je­den­falls nicht ohne Gewährung ei­nes an­ge­mes­se­nen Aus­gleichs durch den Ver­mie­ter - for­mu­larmäßig nicht mit der Be­sei­ti­gung von Ge­brauchs­spu­ren der Woh­nung be­las­tet wer­den, die be­reits in einem vor­ver­trag­li­chen Ab­nut­zungs­zeit­raum ent­stan­den sind.

Bei Er­lass der Rechts­ent­scheide aus den Jah­ren 1987 und 1988 ent­sprach es noch der Pra­xis des BGH, den An­wen­dungs­be­reich AGB un­ter Rück­griff auf den Grund­satz von Treu und Glau­ben gem. § 242 BGB in ei­ner Weise ein­zu­schränken, die nach heu­ti­ger Sicht­weise als un­zulässige gel­tungs­er­hal­tende Re­duk­tion ei­ner Klau­sel auf den ge­rade noch zulässi­gen In­halt ein­ge­stuft würde. Dem da­ma­li­gen Verständ­nis lag die Vor­stel­lung zu­grunde, dass der Mie­ter nur mit Re­no­vie­rungs­ar­bei­ten für seine ei­gene Ver­trags­lauf­zeit be­las­tet würde, wenn die "übli­chen" Re­no­vie­rungs­fris­ten im Fall der Über­las­sung ei­ner un­re­no­vier­ten Woh­nung an den Miet­be­ginn anknüpften.

Hieran hält der Se­nat an­ge­sichts der wei­te­ren Ent­wick­lung der BGH-Recht­spre­chung zu den Maßstäben der AGB-In­halts­kon­trolle nicht mehr fest. Ins­be­son­dere durch die ab 2004 ein­set­zende Recht­spre­chung des Se­nats zum Er­for­der­nis ei­nes fle­xi­blen Fris­ten­plans (Urt. v. 23.6.2004, Az.: VIII ZR 361/03) und durch die An­wen­dung der kun­den­feind­lichs­ten Aus­le­gung auch im In­di­vi­dual­pro­zess (Urt. v. 29.5.2013, Az.: VIII ZR 285/12) sind die Maßstäbe der AGB-In­halts­kon­trolle er­heb­lich ver­schärft wor­den.

Ge­mes­sen daran ist eine For­mu­lar­klau­sel, die dem Mie­ter ei­ner un­re­no­viert über­ge­be­nen Woh­nung die Schönheits­re­pa­ra­tu­ren ohne an­ge­mes­se­nen Aus­gleich auf­er­legt, gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB un­wirk­sam. Denn eine sol­che Klau­sel ver­pflich­tet den Mie­ter zur Be­sei­ti­gung sämt­li­cher Ge­brauchs­spu­ren des Vor­mie­ters und führt - je­den­falls bei kun­den­feind­lichs­ter Aus­le­gung - dazu, dass der Mie­ter die Woh­nung vor­zei­tig re­no­vie­ren oder ge­ge­be­nen­falls in einem bes­se­ren Zu­stand zurück­ge­ben müsste als er sie selbst vom Ver­mie­ter er­hal­ten hat.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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