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Wirtschaftsprüfung

Regierungsentwurf eines CSRD-Umsetzungsgesetzes: Das kommt in Sachen Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die Unternehmen zu

Nach den Vor­ga­ben der sog. Cor­po­rate Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Di­rec­tive (kurz CSRD) sol­len Un­ter­neh­men künf­tig - zeit­lich ge­staf­felt - zu­sam­men mit ih­rem Jah­res­ab­schluss de­tail­liert über ih­ren Um­gang mit so­zia­len und öko­lo­gi­schen Her­aus­for­de­run­gen be­rich­ten. Dazu hat das Bun­des­ka­bi­nett am 24.07.2024 den Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Um­set­zung der sog. Cor­po­rate Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Di­rec­tive (EU-Richt­li­nie 2022/2464), kurz CSRD-Um­set­zungs­ge­setz, be­schlos­sen, nach­dem das Bun­des­mi­nis­te­rium der Jus­tiz am 22.03.2024 einen ent­spre­chen­den Re­fe­ren­ten­ent­wurf veröff­ent­licht hatte.

In­halt­lich wer­den mit dem Re­gie­rungs­ent­wurf die Vor­ga­ben der EU-Richt­li­nie 2022/2464 wei­test­ge­hend 1:1 um­ge­setzt. Grundsätz­lich hätte die CSRD-Um­set­zung bis spätes­tens 06.07.2024 ab­ge­schlos­sen sein müssen. Deutsch­land hat diese Frist - wie an­dere EU-Mit­glied­staa­ten auch - nicht ein­ge­hal­ten.

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Betroffene Unternehmen

Un­ter die Be­richts­pflich­ten der CSRD fal­len künf­tig u. a. fol­gende Un­ter­neh­men:

  • große Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten so­wie die­sen gleich­ge­stellte Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten i. S. v. § 267 HGB
  • ent­spre­chende Mut­ter­un­ter­neh­men großer Kon­zerne
  • ka­pi­tal­markt­ori­en­tierte kleine und mit­tel­große Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten und die­sen gleich­ge­stellte Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten; Kleinst­un­ter­neh­men sind hier­von aus­ge­nom­men
  • Un­ter­neh­men außer­halb der EU, de­ren Wert­pa­piere an einem or­ga­ni­sier­ten Markt in Deutsch­land ge­han­delt wer­den
  • Un­ter­neh­men außer­halb der EU mit einem Net­to­um­satz in der EU von min­des­tens 150 Mio. Euro in den letz­ten bei­den Ge­schäfts­jah­ren und min­des­tens einem großen oder ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­ten Toch­ter­un­ter­neh­men oder ei­ner Zweig­nie­der­las­sung mit einem Net­to­um­satz von min­des­tens 40 Mio. Um­satz Euro in der EU,
  • be­stimmte kleine, mit­tel­große und große Kre­dit­in­sti­tute und Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men.

Gestaffelte erstmalige Anwendung

Ab dem Ge­schäfts­jahr 2024 ist eine ge­staf­felte Erst­an­wen­dung für Ge­schäfts­jahre, die am oder nach dem 01.01.2024 be­gin­nen, vor­ge­se­hen:

  • ab 01.01.2024: Große Un­ter­neh­men und Mut­ter­un­ter­neh­men großer Kon­zerne von öff­ent­li­chem In­ter­esse mit mehr als 500 Mit­ar­bei­ten­den - dies ent­spricht dem Kreis von Un­ter­neh­men, die be­reits seit 2017 eine nicht­fi­nan­zi­elle Erklärung veröff­ent­li­chen müssen.
  • ab 01.01.2025: Übrige große Un­ter­neh­men und Mut­ter­un­ter­neh­men großer Kon­zerne
  • ab 01.01.2026: Ka­pi­tal­markt­ori­en­tierte KMU (für diese be­steht die Möglich­keit ei­nes Opt-outs bis 2028) so­wie kleine und nicht-kom­plexe Kre­dit­in­sti­tute und fir­men­ei­gene Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men
  • ab 01.01.2028: Un­ter­neh­men außer­halb der EU gemäß den o. g. Kri­te­rien.

Die Pflicht zur Be­richt­er­stat­tung be­steht auf Ebene der Ein­zel­un­ter­neh­men, § 289b HGB-E, und auf kon­so­li­dier­ter Ebene für (Teil-)Kon­zerne, § 315b HGB-E, wo­bei un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen Toch­ter­un­ter­neh­men von der Be­richts­pflicht be­freit wer­den können. Auch können Mut­ter­un­ter­neh­men, die als Ein­zel­ge­sell­schaft be­richts­pflich­tig sind, die­ser Be­richts­pflicht über die Kon­zern­be­richt­er­stat­tung nach­kom­men, sog. Selbst­be­frei­ung der Mut­ter.

Inhaltliche Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Ne­ben ei­ni­gen über­ge­ord­ne­ten An­ga­be­pflich­ten, die in § 289c HGB-E z. B. in Be­zug auf das Zu­sam­men­spiel von Nach­hal­tig­keit und Ge­schäfts­mo­dell oder die Berück­sich­ti­gung von Nach­hal­tig­keit in Un­ter­neh­mens­po­li­tik und -zie­len spe­zi­fi­ziert wer­den, er­gibt sich der Großteil der Be­richts­in­halte aus nach­ge­la­ger­ter Re­gu­la­to­rik der EU.

Die in den § 289c Abs. 1 bis 5 HGB-E ge­nann­ten An­ga­ben sind im Ein­klang mit den nach Ar­ti­kel 29b der Richt­li­nie 2013/34/EU an­ge­nom­me­nen de­le­gier­ten Rechts­ak­ten zu Stan­dards für die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung (die Eu­ro­pean Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Stan­dards, kurz ESRS) zu ma­chen. Diese wer­den von der EU-Kom­mis­sion er­las­sen und sind un­mit­tel­bar in al­len Mit­glieds­staa­ten an­zu­wen­den, müssen also nicht in deut­sches Recht überführt wer­den. Der­zeit liegt ein ers­tes Set an über­ge­ord­ne­ten und bran­chenüberg­rei­fen­den the­men­spe­zi­fi­schen Stan­dards vor, für das am 09.08.2024 eine Be­rich­ti­gung der deut­schen Fas­sung veröff­ent­licht wurde (vgl. De­le­gierte Ver­ord­nung - 2024/90457 - EN - EUR-Lex (eu­ropa.eu)).

Für ka­pi­tal­markt­ori­en­tierte KMU und Un­ter­neh­men außer­halb der EU sind ge­son­derte, re­du­zier­ten Be­richts­pflich­ten und spe­zi­elle Stan­dards vor­ge­se­hen, die der­zeit noch sei­tens der EU in der Er­ar­bei­tung sind. Darüber hin­aus ar­bei­tet die EU auch an zusätz­li­chen bran­chen­spe­zi­fi­schen ESRS.

Die im Ein­zel­fall durch die Un­ter­neh­men in den Nach­hal­tig­keits­be­richt auf­zu­neh­men­den An­ga­be­pflich­ten un­ter­lie­gen da­bei dem sog. Prin­zip der dop­pel­ten We­sent­lich­keit. Dem­nach müssen Un­ter­neh­men so­wohl über we­sent­li­che Nach­hal­tig­keits­ri­si­ken und -chan­cen (fi­nan­zi­elle We­sent­lich­keit, „Out­side-in-Ef­fekte“) als auch über die we­sent­li­chen Aus­wir­kun­gen des Un­ter­neh­mens auf Wirt­schaft, Um­welt und Ge­sell­schaft (Im­pact-We­sent­lich­keit, „In­side-Out-Ef­fekte“) be­rich­ten.

Zusätz­lich er­gibt sich durch die An­pas­sung der EU-Bi­lanzRL durch die CSRD selbst, ent­spre­chende Ver­weise in den ESRS so­wie Re­ge­lun­gen im RegE, u. a. zum Um­fang der Prüfung des Nach­hal­tig­keits­be­richts in § 324c Abs. 1 HGB-E, dass die Vor­ga­ben des Ar­ti­kel 8 der Ver­ord­nung (EU) 2020/852 zur EU-Ta­xo­no­mie ein­zu­hal­ten sind.

In Be­zug auf den Er­stel­lungs­pro­zess präzi­siert § 289b Abs. 6 HGB-E da­bei, dass Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tende in die Er­stel­lung des Nach­hal­tig­keits­be­richts ein­be­zo­gen wer­den sol­len. Sie ha­ben dem­nach ihre Stel­lung­nah­men dem für die Prüfung des (Kon­zern-)La­ge­be­richts zuständi­gen Or­gan zu über­mit­teln.

Hin­weis: Ne­ben der CSRD-Be­richt­er­stat­tungs­pflicht sind Un­ter­neh­men auch nach dem Lie­fer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setz zur Of­fen­le­gung be­stimm­ter In­halte ver­pflich­tet. Um dop­pelte bzw. gleich­ge­la­gerte Be­richts­pflich­ten ver­mei­den, kann der Nach­hal­tig­keits­be­richt den LkSG-Be­richt er­set­zen, § 10 Abs. 5 und 6 LkSG-E. Dies setzt aber vor­aus, dass die­ser Be­richt dann wei­ter­hin auf der Un­ter­neh­mens­web­site veröff­ent­licht und beim BAFA ein­ge­reicht wird.

Nachhaltigkeitsbericht als Bestandteil des (Konzern-)Lageberichts

Die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung muss nach den Vor­ga­ben des CSRD-Um­set­zungs­ge­set­zes im (Kon­zern-)La­ge­be­richt in einem klar er­kenn­ba­ren Ab­schnitt er­fol­gen, § 289b HGB-E. Das bis­her be­ste­hende Wahl­recht, der Be­richts­pflicht in Form ei­nes ge­son­der­ten Nach­hal­tig­keits­be­richts außer­halb des (Kon­zern-)La­ge­be­richts zu ent­spre­chen, entfällt künf­tig.

Die Auf­stel­lung des La­ge­be­richts muss gemäß §§ 289g, 315e HGB-E künf­tig im ein­heit­li­chen elek­tro­ni­schen Be­richts­for­mat (sog. ESEF-For­mat) mit ent­spre­chen­der Aus­zeich­nung der In­halte des Nach­hal­tig­keits­be­richts in Form des sog. ESEF-Tag­gings er­fol­gen.

Zwar ver­weist der RegE hierzu auf die ent­spre­chen­den De­le­gier­ten Ver­ord­nun­gen der EU-Kom­mis­sion, ins­be­son­dere die Ver­ab­schie­dung der Re­ge­lun­gen in Be­zug auf das Tag­ging (die sog. Tag­ging-Ta­xo­no­mie) steht ak­tu­ell aber noch aus.

Der Re­gie­rungs­ent­wurf sieht da­her in Abs. 7 des Ar­ti­kels zur Ein­zel­rech­nungs­le­gung so­wie in Abs. 6 des Ar­ti­kels zur Kon­zern­rech­nungs­le­gung EGHGB-E eine Ver­schie­bung der erst­ma­li­gen Um­set­zung der Pflicht zur Auf­stel­lung des (Kon­zern-)La­ge­be­richts im ESEF-For­mat so­wie zum ver­pflich­ten­den Tag­ging des Nach­hal­tig­keits­be­richts auf das Ge­schäfts­jahr 2026 vor.

Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Als Be­stand­teil des (Kon­zern-)La­ge­be­richts un­ter­liegt der Nach­hal­tig­keits­be­richt künf­tig ei­ner ver­pflich­ten­den in­halt­li­chen Prüfung. Zunächst ist eine Prüfungs­pflicht mit be­grenz­ter Si­cher­heit (li­mited as­surance) vor­ge­se­hen. Ein späte­rer Wech­sel auf eine der Ab­schlussprüfung ent­spre­chen­den ge­setz­li­chen Prüfungs­pflicht mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit (re­ason­able as­surance) ist in der CSRD vor­ge­se­hen und wird im Ar­ti­kel zur Prüfung im EGHGB-E um­ge­setzt.

Hin­weis: Für die Um­set­zung der Prüfun­gen so­wohl mit be­grenz­ter als auch mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit sieht die CSRD vor, dass die EU-Kom­mis­sion ent­spre­chende Prüfungs­stan­dards erlässt. Bis diese ent­wi­ckelt sind, wird auf an­er­kannte Stan­dards für die Prüfung nicht­fi­nan­zi­el­ler In­for­ma­tio­nen (bspw. ISAE 3000 (Rev.)) zurück­ge­grif­fen.

Die Prüfung des Nach­hal­tig­keits­be­richts soll künf­tig ver­pflich­tend durch einen Wirt­schaftsprüfer oder eine Wirt­schaftsprüfungs­ge­sell­schaft er­fol­gen. Da­bei kann der Prüfer des Nach­hal­tig­keits­be­richts auch der Ab­schlussprüfer des Jah­res- bzw. Kon­zern­ab­schlus­ses sein.

Hin­weis: Die Ge­set­zes­begründung zum Re­gie­rungs­ent­wurf ver­weist hier in Be­zug auf das Mit­glied­staa­ten­wahl­recht zur Prüfung des Nach­hal­tig­keits­be­richts dar­auf, dass es in Deutsch­land der­zeit keine gleich­wer­ti­gen recht­li­chen An­for­de­run­gen in Be­zug auf Aus­bil­dung und Eig­nungsprüfung, Qua­litäts­si­che­rungs­sys­teme, Sank­ti­ons­re­gime so­wie Haf­tung und Auf­sicht für Um­welt­gut­ach­ter oder an­dere un­abhängige Er­brin­ger von Bestäti­gungs­leis­tun­gen gibt, so dass eine Zu­las­sung die­ser An­bie­ter für die Prüfung der Nach­hal­tig­keits­be­richte nicht CSRD-kon­form er­fol­gen kann.

Prüfer für Nach­hal­tig­keits­be­richte müssen sich re­gis­trie­ren las­sen. Eine ent­spre­chende Re­gis­trie­rung ist un­ter wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen bis zu zwölf Mo­nate nach In­kraft­tre­ten des CSRD-Um­set­zungs­ge­set­zes möglich.

Der Prüfer des Nach­hal­tig­keits­be­richts ist im Rah­men sei­ner Be­stel­lung ge­son­dert durch die zuständi­gen Or­gane zu wählen. Da­bei soll die Wahl vor Ab­lauf des Ge­schäfts­jah­res er­fol­gen, auf das sich die Prüfungstätig­keit er­streckt.

Hin­weis: Für vor dem 01.01.2025 be­gin­nende Ge­schäfts­jahre gilt der be­stellte Ab­schlussprüfer, so­fern die­ser für den Jah­res- bzw. Kon­zern­ab­schluss, nicht je­doch als Prüfer für den Nach­hal­tig­keits­be­richt be­stellt wurde, kraft ge­setz­li­cher Fik­tion grundsätz­lich als Prüfer des Nach­hal­tig­keits­be­richts.

Der Prüfungs­um­fang er­streckt sich dar­auf, ob der (Kon­zern-)La­ge­be­richt gemäß den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben um einen Nach­hal­tig­keits­be­richt er­wei­tert wor­den ist, ob Art. 8 der Ta­xo­no­mie-Ver­ord­nung ein­ge­hal­ten wor­den ist und ob für Ge­schäfts­jahre, die nach dem 31.12.2025 be­gin­nen, die Auf­stel­lung des La­ge­be­richts im ESEF-For­mat er­folgte und der Nach­hal­tig­keits­be­richt ent­spre­chend der Tag­ging-Vor­ga­ben aus­ge­zeich­net wurde. Die Prüfungs­er­geb­nisse müssen in einem ei­ge­nen Prüfungs­ver­merk dar­ge­stellt wer­den.

Hin­weis: Der im Re­fe­ren­ten­ent­wurf vor­ge­se­hene se­pa­rate Prüfungs­be­richt wurde im Re­gie­rungs­ent­wurf nicht mehr auf­ge­grif­fen.

Weil der Nach­hal­tig­keits­be­richt Be­stand­teil des (Kon­zern-)La­ge­be­richts ist, un­ter­liegt er der Über­wa­chung durch den Auf­sichts­rat, der einen Prüfungs­aus­schuss be­stel­len kann, der sich u. a. mit der Über­wa­chung des Pro­zes­ses der Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung als Teil des Rech­nungs­le­gungs­pro­zes­ses und der Prüfung des Nach­hal­tig­keits­be­richts aus­ein­an­der­setzt.

Ausblick

Die CSRD hätte ei­gent­lich be­reits bis zum 06.07.2024 in na­tio­na­les Recht um­ge­setzt wer­den müssen. Sie ver­pflich­tet nun – zeit­lich ge­staf­felt – zahl­rei­che deut­schen Un­ter­neh­men erst­mals zur Veröff­ent­li­chung ei­nes Nach­hal­tig­keits­be­richts. Schätzungs­weise wer­den ca. 15.000 Un­ter­neh­men in Deutsch­land be­trof­fen sein. Die über­wie­gende An­zahl die­ser Un­ter­neh­men muss 2026 für das Ge­schäfts­jahr 2025 erst­mals einen Nach­hal­tig­keits­be­richt auf­stel­len und die­sen prüfen las­sen. An­ge­sichts der im­men­sen be­richts­pflich­ti­gen In­halte und der viel­fach in Un­ter­neh­men dies­bezüglich noch nicht ex­pli­zit vor­ge­hal­te­nen Da­ten soll­ten die Un­ter­neh­men frühzei­tig mit ent­spre­chen­den Vor­be­rei­tun­gen be­gin­nen.

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