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„Reservierungsgebühr“ für das Freihalten eines Platzes im Pflegeheim unzulässig

Laut BGH ist die Ver­ein­ba­rung ei­ner „Re­ser­vie­rungs­gebühr“ für das Frei­hal­ten ei­nes Plat­zes in einem Pfle­ge­heim un­wirk­sam.

Der Kläger ver­langte die Rück­zah­lung ei­ner Re­ser­vie­rungs­gebühr für die Re­ser­vie­rung ei­nes Zim­mers für seine Mut­ter in einem Pfle­ge­heim. Die in­zwi­schen ver­stor­bene Mut­ter war pri­vat pfle­ge­ver­si­chert. Der Kläger schloss für seine Mut­ter mit Wir­kung zum 15.02. 2016 mit dem Pfle­ge­heim einen Pfle­ge­ver­trag über voll­sta­tionäre Pflege. Der Ein­zug der Mut­ter er­folgte am 29.02. 2016. Gemäß Pfle­ge­ver­trag war von Ver­trags­be­ginn bis zum Ein­zugs­ter­min eine Re­ser­vie­rungs­gebühr zu ent­rich­ten, den das Pfle­ge­heim für die Re­ser­vie­rung ei­nes Zim­mers im Zeit­raum vom 15. bis zum 28.02.2016 in Höhe von 1.127,84 Euro in Rech­nung stellte.

Der BGH ent­schied in sei­nem Ur­teil vom 15.07.2021 (Az. III RZ 255/20), dass die Ver­ein­ba­rung ei­ner sol­chen Re­ser­vie­rungs­gebühr der Re­ge­lung des § 87a Abs. 1 SGB XI wi­der­spricht und des­halb gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 WBVG un­wirk­sam ist. Dem­nach darf eine Re­ser­vie­rungs­gebühr auf der Ba­sis des ver­trag­li­chen Leis­tungs­ent­gelts für die Zeit vor der Auf­nahme des Pfle­ge­bedürf­ti­gen in das Pfle­ge­heim bis zum tatsäch­li­chen Ein­zugs­ter­min nicht ver­trag­lich ver­ein­bart wer­den. Aus die­sem Grund war das Pfle­ge­heim zur Rücker­stat­tung der Re­ser­vie­rungs­gebühr ver­pflich­tet.

Hinweis

Bei § 15 Abs. 1 WBVG han­delt es sich um eine ge­genüber den all­ge­mei­nen heim­ver­trag­li­chen Vor­schrif­ten vor­ran­gige Spe­zi­al­re­ge­lung für Verträge mit Leis­tungs­empfängern der ge­setz­li­chen Pfle­ge­ver­si­che­rung. Da­nach wer­den die ver­trag­li­chen Vergütungs­ver­ein­ba­run­gen den Vor­ga­ben der §§ 82 ff. SGB XI zur Pfle­ge­vergütung un­ter­stellt. Wi­der­spre­chende Ver­ein­ba­run­gen sind dem­nach un­wirk­sam. Die­ser Vor­rang des So­zi­al­rechts stelle einen ge­ne­rel­len Grund­satz des WBVG dar, so der BGH. Der Ver­brau­cher­schutz, den das WBVG be­zweckt, werde so­mit durch das so­ziale Leis­tungs­recht über­la­gert. Der An­wen­dungs­be­reich des § 15 Abs. 1 WBVG um­fasse nicht nur Ver­brau­cher, die un­mit­tel­bar Leis­tun­gen der so­zia­len Pfle­ge­ver­si­che­rung be­zie­hen, son­dern auch Ver­brau­cher, die Leis­tun­gen ei­ner pri­va­ten Pfle­ge­pflicht­ver­si­che­rung er­hal­ten. An­dern­falls käme es zu ei­ner kaum nach­voll­zieh­ba­ren Un­gleich­be­hand­lung der hin­sicht­lich des Leis­tungs­um­fangs gleich­ge­stell­ten Ver­si­cher­ten in der pri­va­ten Pfle­ge­ver­si­che­rung.

Konsequenzen für Pflegeheime und deren Bewohner

Das Ent­gelt für die Un­ter­kunft und Ver­pfle­gung in einem Pfle­ge­heim ist für den Tag der Auf­nahme des Pfle­ge­bedürf­ti­gen in das Pfle­ge­heim so­wie für je­den wei­te­ren Tag des Heim­auf­ent­halts tag­ge­nau zu be­rech­nen. Da­nach be­steht der Zah­lungs­an­spruch des Heimträgers grundsätz­lich nur für die Tage, an de­nen sich der Pfle­ge­bedürf­tige tatsäch­lich im Heim aufhält (Be­rech­nungs­tage). Die Zah­lungs­pflicht der Heim­be­woh­ner oder ih­rer Kos­tenträger en­det mit dem Tag, an dem der Heim­be­woh­ner aus dem Heim ent­las­sen wird oder ver­stirbt.

Die durch Leerstände ver­ur­sach­ten Kos­ten ei­nes Pfle­ge­hei­mes wer­den in die Pfle­gesätze ein­ge­rech­net und an­schließend an­tei­lig auf die Heim­be­woh­ner um­ge­legt. Da­bei ist der Zah­lungs­an­spruch des Ein­rich­tungsträgers bei einem Aus­zug oder bei Ver­ster­ben des Heim­be­woh­ners auf den Tag der Be­en­di­gung der tatsäch­li­chen Leis­tungs­er­brin­gung zu be­gren­zen, weil an­sons­ten die Zeit des Leer­stands zu­las­ten des Heim­be­woh­ners dop­pelt berück­sich­tigt wer­den würde.

Laut BGH ist da­mit un­ter­sagt, eine Platz- oder Re­ser­vie­rungs­gebühr für die Zeit vor der Auf­nahme des Pfle­ge­bedürf­ti­gen in das Pfle­ge­heim bis zum tatsäch­li­chen Ein­zugs­ter­min ver­trag­lich fest­zu­le­gen. Es ist nicht möglich, ab­wei­chen­den Ver­ein­ba­run­gen in einem Wohn- und Be­treu­ungs­ver­trag den Vor­rang ein­zuräumen.

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