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Rechtsberatung

Restrukturierungsinstrumente in der Praxis - welches Verfahren eignet sich wann?

Die seit ei­ni­gen Jah­ren an­dau­ern­den vielfälti­gen Kri­sen, nicht zu­letzt die Aus­wir­kun­gen von In­fla­tion, Zins­wende und ho­hen En­er­gie­kos­ten, ha­ben dazu geführt, dass sich die Kon­junk­tur in Deutsch­land deut­lich ab­ge­schwächt hat. Das be­kom­men auch die Un­ter­neh­men zu spüren und müssen sich ggfs. auf Kri­sen­ma­nage­ment ein­stel­len. In sol­chen Si­tua­tio­nen ist es wich­tig zu wis­sen, wel­che ge­richt­li­chen und außer­ge­richt­li­chen Sa­nie­rungs- und Re­struk­tu­rie­rungsmöglich­kei­ten zur Verfügung ste­hen.

Wel­ches In­stru­men­ta­rium ge­nutzt wer­den kann, hängt da­von ab, ob eine In­sol­venz­an­trags­pflicht gemäß § 15a InsO be­steht. Eine sol­che liegt vor, wenn das Un­ter­neh­men ent­we­der zah­lungs­unfähig oder über­schul­det ist. Können die In­sol­venz­an­tragsgründe nicht recht­zei­tig be­ho­ben wer­den, ist der Schuld­ner ge­setz­lich zur Ein­lei­tung ei­nes In­sol­venz­ver­fah­rens ver­pflich­tet. Bei ei­ner nur dro­hen­den Zah­lungs­unfähig­keit steht Un­ter­neh­men seit ei­ni­ger Zeit - ne­ben der freien Sa­nie­rung - ein außer­in­sol­venz­li­ches, aber ge­richtsförmi­ges Re­struk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren zur Verfügung.

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Drohende Zahlungsunfähigkeit

Überschuldung

Zahlungsunfähigkeit

§ 18 InsO

§ 19 InsO

§ 17 InsO

Der Schuldner ist voraussichtlich nicht in der Lage, die bestehenden Zahlungsverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (Prognosezeitraum 24 Monate).

Das Vermögen des Schuldners deckt die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist überwiegend wahrscheinlich.

Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, d. h. er seine Zahlungen eingestellt hat.

Sanierung in Eigenregie

 

 

StaRUG-Verfahren

 

 

Eigenverwaltungsverfahren

 

Schutzschirmverfahren

 

 

Gerichtliches Insolvenzverfahren

Freie Sanierung

So­fern noch keine In­sol­venz­an­trags­pflicht be­steht, kann die Re­struk­tu­rie­rung ei­nes Un­ter­neh­mens frei, d. h. außer­halb ei­nes ge­richtsförmi­gen Ver­fah­rens, durch­geführt wer­den. Sind hierzu Ände­run­gen von Ver­trags­be­zie­hun­gen er­for­der­lich (z. B. An­pas­sung von Miet­verträgen, Verlänge­rung von Bank­dar­le­hen, mögli­cher­weise (Teil-)Ver­zichte von Gläubi­gern) ge­schieht dies im Ver­hand­lungs­weg. Der­ar­tige Sa­nie­run­gen fin­den viel­fach fern der Öff­ent­lich­keit statt. Es han­delt sich um eine fle­xi­ble Me­thode zur Bewälti­gung fi­nan­zi­el­ler Schwie­rig­kei­ten und zur Ver­bes­se­rung der fi­nan­zi­el­len Sta­bi­lität ei­nes Un­ter­neh­mens. Un­ter­neh­men können ihre fi­nan­zi­el­len Pro­bleme un­ter Auf­recht­er­hal­tung ih­res Ge­schäfts­be­triebs bspw. durch Ver­hand­lun­gen mit Gläubi­gern, den Ver­kauf von Vermögens­wer­ten bzw. Um­schul­dungsmaßnah­men fle­xi­bel lösen.

Viel­fach ist die freie Sa­nie­rung je­doch schwer um­setz­bar, da bei Ein­grif­fen in Ge­sell­schaf­ter- bzw. Gläubi­ger­rechte die Zu­stim­mung al­ler Be­trof­fe­nen er­for­der­lich, ein ent­spre­chen­der Kon­sens aber nicht im­mer er­reich­bar ist. Nicht sel­ten ma­chen sich ei­nige we­nige Gläubi­ger diese Si­tua­tion auch zu Nutze, um sich durch eine Blo­cka­de­po­si­tion Son­der­vor­teile zu ver­schaf­fen. Daran können freie Sa­nie­run­gen schei­tern.

Restrukturierungsverfahren gemäß StaRUG

Das Re­struk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren gemäß StaRUG schließt die Lücke zwi­schen der freien, auf den Kon­sens al­ler Be­tei­lig­ten an­ge­wie­se­nen Sa­nie­rung und ei­ner Sa­nie­rung im In­sol­venz­ver­fah­ren. Un­ter­neh­men können sich bei dro­hen­der Zah­lungs­unfähig­keit auf der Grund­lage ei­nes von den Be­trof­fe­nen mehr­heit­lich an­ge­nom­me­nen Re­struk­tu­rie­rungs­plans sa­nie­ren. Mit­tels StaRUG können Wi­derstände ein­zel­ner Be­trof­fe­ner durch das Mehr­heits­prin­zip über­wun­den wer­den. Im Rah­men ei­nes sol­chen Re­struk­tu­rie­rungs­plans wer­den häufig Ver­bind­lich­kei­ten ge­gen so­for­tige Zah­lung ei­nes Teil­be­trags gekürzt bzw. ge­stun­det. For­de­run­gen aus Ar­beits­verhält­nis­sen sind da­bei aus­ge­nom­men. Leis­tungs­wirt­schaft­li­che Sa­nie­rungs­in­stru­mente (u. a. Möglich­kei­ten zur Ver­trags­be­en­di­gung und das In­sol­ven­zar­beits­recht) ste­hen im StaRUG-Ver­fah­ren nicht zur Verfügung.

Das StaRUG-Ver­fah­ren ist ge­eig­net für die Sa­nie­rung von Un­ter­neh­men, bei de­nen die Blo­cka­de­hal­tung ein­zel­ner Be­trof­fe­ner mit­tels Mehr­heits­ent­schei­dung über­wun­den wer­den muss und eine fi­nanz­wirt­schaft­li­che Re­struk­tu­rie­rung aus­reicht.

Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung

Die In­sol­venz­ord­nung gewährt mit dem Ei­gen­ver­wal­tungs­ver­fah­ren (§ 270 ff. InsO) auch einen recht­li­chen Rah­men für eine Sa­nie­rung durch In­sol­venz in „Ei­gen­re­gie“. Dies er­folgt al­ler­dings nur un­ter der Auf­sicht ei­nes ge­richt­lich be­stell­ten Sach­wal­ters. Im Ge­gen­satz zum StaRUG-Ver­fah­ren be­steht hier die Möglich­keit der leis­tungs­wirt­schaft­li­chen Sa­nie­rung. Be­tei­ligt sind nicht nur ein­zelne Gläubi­ger­grup­pen, son­dern alle Gläubi­ger. Be­zweckt wird die Sa­nie­rung des Un­ter­neh­mens bzw. des Recht­strägers bei bestmögli­cher Gläubi­ger­be­frie­di­gung.

Schutzschirmverfahren

Das Schutz­schirm­ver­fah­ren ist eine Va­ri­ante der Ei­gen­ver­wal­tung, bei dem es um die frühzei­tige Sa­nie­rung mit­tels In­sol­venz­plans geht, § 270d InsO. Im Rah­men die­ses Ver­fah­rens steht dem Schuld­ner ein weit­ge­hend bin­den­des Vor­schlags­recht für den Sach­wal­ter zu. Ein Schutz­schirm­ver­fah­ren setzt die Vor­lage ei­ner sog. Schutz­schirm­be­schei­ni­gung vor­aus, in der von einem Fach­mann bestätigt wird, dass das Un­ter­neh­men für ein sol­ches Ver­fah­ren ge­eig­net ist. Ein Schutz­schirm­ver­fah­ren ist aus­ge­schlos­sen, wenn be­reits die Zah­lungs­unfähig­keit ein­ge­tre­ten ist.

Insolvenzplanverfahren

Schließlich ermöglicht der In­sol­venz­plan nach § 218 InsO den Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten eine von den ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen der In­sol­venz­ord­nung ab­wei­chende Ver­fah­ren­sab­wick­lung zum Er­halt des Un­ter­neh­mens. Die Be­tei­lig­ten können die Be­frie­di­gung der ab­son­de­rungs­be­rech­tig­ten Gläubi­ger, der In­sol­venzgläubi­ger so­wie die Ver­wer­tung der Masse und de­ren Ver­tei­lung an die Be­tei­lig­ten und schließlich die Haf­tung des Schuld­ners nach Be­en­di­gung des Ver­fah­rens i. R. d. all­ge­mein gel­ten­den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten re­geln.

Das In­sol­venz­plan­ver­fah­ren ist kein ei­ge­ner Ver­fah­rens­ty­pus. Viel­mehr han­delt es sich um einen Gläubi­ger­ak­kord zur Sa­nie­rung des Recht­strägers, der in je­dem In­sol­venz­ver­fah­ren (Re­gel- oder Ei­gen­ver­wal­tungs­ver­fah­ren) zur An­wen­dung kom­men kann.

Regelinsolvenzverfahren

Sollte ein Un­ter­neh­men nicht (mehr) ei­gen­ver­wal­tungs­ge­eig­net sein, kommt es zum Re­ge­lin­sol­venz­ver­fah­ren. Hier­bei wird vom Ge­richt ein In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt. Auch ein Re­ge­lin­sol­venz­ver­fah­ren be­deu­tet nicht zwangsläufig die Schließung und Ab­wick­lung. Viel­mehr ist der In­sol­venz­ver­wal­ter ge­hal­ten, das Un­ter­neh­men zur bestmögli­chen Gläubi­ger­be­frie­di­gung und zum Er­halt von Ar­beitsplätzen (einst­wei­len) fort­zuführen und eine Sa­nie­rungslösung zu su­chen. Es gibt viele nam­hafte Bei­spiele, in de­nen eine er­folg­rei­che Sa­nie­rung, sei es durch über­tra­gende Sa­nie­rung oder durch In­sol­venz­plan, aus einem Re­ge­lin­sol­venz­ver­fah­ren her­aus be­trie­ben wurde.

Handlungsoptionen für den Ernstfall eruieren

Un­ter­neh­men, bei de­nen Re­struk­tu­rie­rungs­be­darf be­steht, soll­ten frühzei­tig alle Op­tio­nen prüfen, um möglichst viele Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven und genügend Zeit für de­ren Um­set­zung zu ha­ben. Auch wenn in vie­len Fällen Un­ter­neh­men be­rech­tig­ter­weise zunächst mit ei­ner freien Sa­nie­rung be­gin­nen, sollte vor­sorg­lich über­legt wer­den, ob nicht par­al­lel die Op­tion ei­nes förm­li­chen Ver­fah­rens geprüft und vor­be­rei­tet wird. Dies wapp­net vor Über­ra­schun­gen bei den Ver­hand­lun­gen mit den Sta­ke­hol­dern und schafft Hand­lungs­freiräume.

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