Der Sachverhalt:
Die Kläger betrieben einen Gewerbebetrieb. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten wurde im November 2011 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Das Finanzamt meldete daraufhin Steuerforderungen von 42.710 € bzw. 1.741 € an. Das Verfahren wurde 2012 aufgehoben. Während des dritten Jahres der Wohlverhaltensphase wandten sich die Kläger an das Finanzamt und beantragten einen Steuererlass. Der Kläger erhalte eine Altersrente von nur 1.166 € und die Klägerin von 192 €. Der Insolvenzantrag belaste die Kläger wirtschaftlich und gesundheitlich schwer. Um das Verfahren zu beenden, hätten sich die Kinder der Kläger bereitgefunden, einen Betrag von 40.000 EUR den Gläubigern zur Verfügung zu stellen.
Im Februar bzw. März 2015 erteilte das AG den Klägern vorzeitig die Restschuldbefreiung. Im Einspruchsverfahren machten die Kläger geltend, dass sie dem Insolvenzverwalter von dem Lottogewinn Mitteilung gemacht hätten, dieser aber darauf hingewiesen hätte, dass der Lottogewinn aus Juli 2014 nicht in die Insolvenzmasse des 2011 eröffneten Insolvenzverfahrens gehöre. Die Kläger seien nicht verpflichtet gewesen, bei dem freiwilligen Angebot den Lottogewinn zu erwähnen.
Das FG wies die gegen die Rücknahme des gewährten Erlasses gerichtete Klage ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Die Kläger hatten die Rechtspflicht, den Lottogewinn im Erlassverfahren anzugeben.
Es bedurfte keiner Klärung dahingehend, dass das Finanzamt bei der Gewährung eines Billigkeitserlasses aus persönlichen Gründen nicht auf bestimmte Erwägungen beschränkt ist, sondern allgemein berücksichtigen kann, dass es nicht der Billigkeit entspricht, Steuerschulden zu erlassen, wenn ein Steuerschuldner sich nicht - wie nach § 227 AO vorausgesetzt - in einer wirtschaftlichen Notlage befindet, sondern aufgrund eines beträchtlichen Lottogewinns die Steuerschulden in einem Schlage hätte tilgen können. Ein bereits gewährter Erlass kann nach § 130 AO zurückgenommen werden, wenn im Erlassantrag der Lottogewinn verheimlicht und wahrheitswidrig auf eine angeblich wegen der Steuerschulden bestehende schwere Gesundheitsgefährdung hingewiesen wurde.
Es erscheint auch insolvenzrechtlich nicht ausgeschlossen, dass eine Restschuldbefreiung, mit der nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes dem Schuldner ein lebenslänglicher "Schuldturm" erspart werden sollte, dann nicht mehr erforderlich ist und mit den Grundsätzen der Billigkeit nicht mehr zu vereinbaren ist, wenn dies wegen der durch überraschende Umstände völlig geänderten Vermögensverhältnisse nicht mehr erforderlich erscheint. Denn der mit der Erteilung der Restschuldbefreiung verbundene Eingriff in die Gläubigerrechte ist dann durch sachliche Gründe nicht mehr zu rechtfertigen.
Auch in § 295 InsO ist geregelt, dass ein - wie beim Lottogewinn - nicht erwirtschafteter Erbschaftanfall während der Wohlverhaltensphase wegen des Risikos der Ausschlagung immerhin zur Hälfte an die Gläubiger auszukehren ist. Denn - so die amtliche Begründung - "in diesem Falle wäre es unbillig, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu gewähren, ohne dass er dieses Vermögen antasten muss".
Linkhinweis:
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