Damit sollen im Wesentlichen die Richtlinien aus dem EU-Bankenpaket umgesetzt werden, wobei in erster Linie das Kreditwesengesetz (KWG n. F.) geändert wird. Mit Blick auf die europarechtlichen Vorgaben trat bzw. tritt das RiG gestaffelt am 28.12.2020, 29.12.2020, am 28.6.2021 und am 1.1.2023 in Kraft.
Die Umsetzung des EU-Bankenpakets macht parallel zum KWG auch eine Anpassung verschiedener Merkblätter der BaFin und nationaler Verordnungen, u. a. der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) erforderlich. Hierzu liegt seit dem 12.11.2020 mit Konsultation 15/2020 der BaFin die geänderte Verordnung (InstitutsVergV-E) vor.
In diesem Beitrag gehen wir auf neuen Regelungen zu den Vergütungssystemen, den Eignungsanforderungen an Geschäftsleiter und Aufsichtsräte sowie die damit zusammenhängenden Anzeigevorschriften ein. Weitere wichtige Aspekte zu neuen Anforderungen aus dem RiG beleuchten wir in der nächsten Ausgabe des novus Financial Services.
Regelungen zu Vergütungssystemen
Der Begriff des bedeutenden Instituts wurde 2019 von der InstitutsVergV in § 25n KWG übernommen und ist nun zentral in § 1 Abs. 3c KWG n. F. verortet. Hierbei handelt es sich insb. um Institute mit einer Bilanzsumme von über EUR 15 Mrd. Der Begriff dient der Vereinheitlichung der Begriffsbestimmungen, einerseits zur Bestimmung der Risikoträger (sog. Risk Taker), andererseits in Bezug auf die Anwendbarkeit besonderer Anforderungen in §§ 25c und 25d KWG und ersetzt dort den bislang verwendeten Begriff des Instituts von erheblicher Bedeutung.
Bislang waren die Regelungen für Risikoträger in den Vergütungssystemen eines Instituts nur auf bedeutende Institute anzuwenden. Ab dem Geschäftsjahr 2021 ist bei der Risikoträger-Identifizierung zwischen Risikoträger-Kriterien zu unterscheiden, die gemäß § 25 Abs. 5b S. 1 KWG n. F. auf sämtliche Institute, also bedeutende Institute und nicht-bedeutende CRR-Institute anwendbar sind (sog. geborene Risk Taker) und Risikoträger-Kriterien, die nach § 25a Abs. 5b S. 2 und 3 KWG n. F. nur von bedeutenden Instituten im Rahmen der eigenverantwortlichen Risikoanalyse berücksichtigt werden müssen.
Damit sind nun bei allen CRR-Instituten unabhängig von deren Größe, Organisation, Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeiten für bestimmte Mitarbeiterkategorien zwingend die Risikoträgereigenschaft (geborene Risk Taker) angenommen:
- Mitarbeiter der unmittelbar nachgelagerten Führungsebene,
- Mitarbeiter mit Managementverantwortung für die Kontrollfunktionen oder für die wesentlichen Geschäftsbereiche sowie
- bestimmte Mitarbeiter mit einem Anspruch auf Vergütung im vergangenen Geschäftsjahr von mindestens EUR 500.000.
Zu den geborenen Risk Takern eines Instituts gehören auch sämtliche Mitglieder der Geschäftsleitung und des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans. Für die Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans hat dies jedoch keine praktischen Konsequenzen, da diese für ihre Tätigkeit gemäß § 25d Abs. 5 Satz 2 KWG keine variable Vergütung erhalten dürfen.
Hinweis: Die Pflicht zur Risikoträger-Analyse betrifft damit neben den bedeutenden CRR-Instituten ab dem Geschäftsjahr 2021 auch alle nicht-bedeutenden CRR-Institute sowie bedeutende Institute, die keine CRR-Institute sind. Ausgenommen sind lediglich Leasing- und Factoringinstitute (siehe nachfolgend). Damit werden für viele kleine und mittelgroße Kreditinstitute neue aufsichtsrechtliche Pflichten geschaffen.
Bedeutende Institute haben wie bisher eine umfassende Risk Taker-Analyse nach Maßgabe des § 25a Abs. 5b S. 2 bis 6 KWG n. F. und der Vorgaben der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 604/2014 durchzuführen. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 18.6.2020 den finalen Entwurf zur überarbeiteten Fassung der delegierten Verordnung veröffentlicht, der demnächst von der EU-Kommission erlassen werden soll.
Hinweis: Diese delegierte Verordnung soll auch nicht-bedeutenden Instituten bei der aufsichtsrechtlichen Ableitung der Mitarbeiterkategorien Hilfe leisten (§ 25a Abs. 5b Satz 7 KWG n. F.).
Zur Verhinderung einer Umgehung der Vergütungsvorschriften werden die Vorgaben auch auf Risikoträger in den den Instituten nachgelagerten Unternehmen, die nicht dem KWG unterstellt sind, ausgeweitet (§ 25a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KWG n. F.). Die Erweiterung zielt insb. auf gruppenangehörige Kapitalverwaltungsgesellschaften ab.
Für Leasing- und Factoringinstitute werden Erleichterung bei den Anforderungen an deren Vergütungssysteme eingeführt, da die Vergütungsvorschriften bei ihnen keine besondere Steuerungswirkung entfalten. Sie werden von den Regelungen nach § 25a Abs. 5 und 5b KWG n. F. ausgenommen (§ 2 Abs. 7a KWG n. F.).
Hinweis: Leasing- und Factoringinstitute haben jedoch weiterhin die allgemeinen Anforderungen an die Vergütungssysteme des § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 KWG zu erfüllen.
Ergänzend wurden die Sanktionen verschärft (§ 45 KWG n. F.). So kann die Aufsicht bei Verstößen gegen die Angemessenheit der Vergütungssysteme nicht nur Entnahmen und Gewinnausschüttungen, sondern auch die Auszahlung variabler Vergütungen begrenzen oder untersagen. Die Anordnung kann sich auf den Gesamtbetrag, konkrete Vergütungsbestandteile oder aufgeschobene Auszahlungstranchen früherer Geschäftsjahre beziehen.
Über die neue im Entwurf vorliegende InstitutsVergV-E erfolgt für die CRR-Institute künftig eine weitere wichtige Differenzierung. Bislang hatten nur bedeutsame Institute i. S. d. § 25n KWG die Anforderungen des Abschn.s 3 der InstitutVergV zu erfüllen. Über den neu gefassten § 1 Abs. 3 InstitutsVergV-E haben alle CRR-Institute, soweit sie nicht kleines und nicht komplexes Institut (Small and Non-Complex Institution – SNCI) gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 CRR sind, teilweise auch die besonderen Anforderungen der InstututsVergV-E zu erfüllen.
Hinweis: Damit müssen alle CRR-Institute mit einer Bilanzsumme zwischen EUR 5 und 15 Mrd. künftig für ihre identifizierten Risikoträger zusätzlich die Vergütungsvorschriften der §§ 18 ff. InstitutsVergV-E anwenden. Das DK betonte im Rahmen der Konsultationsphase, dass dies eine komplette Neuausrichtung des Vergütungssystems für diesen Mitarbeiterkreis bedeutet und die erstmalige Prüfung der Belegschaft auf die Risikoträgereigenschaft sowie die Umsetzung der §§ 18 ff. InstitutsVergV-E erhebliche Zusatzbeanspruchungen darstellen werden.
Anforderungen an die Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans eines KWG-Instituts
(Fit-and-Proper-Anforderungen)
In § 25c KWG n. F. wurde ein neuer Abs. 1a eingefügt. Die Geschäftsleiter müssen künftig nicht nur individuell, sondern auch kollektiv (also in ihrer Gesamtheit) ein angemessenes breites Spektrum von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen vorweisen, die zum Verständnis der Tätigkeiten des Instituts und seinen Hauptrisiken notwendig sind.
Zur Evaluierung der Gesamtqualifikation der Geschäftsleitung und des Verwaltungs- und Aufsichtsorgans hatte die BaFin in ihrer Konsultation zum „Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB“ und zum „Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- oder Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB“ vom 3.6.2020 eine entsprechende Muster-Matrix beigefügt, die recht umfangreich die Überlegungen der Institute dokumentieren soll.
Hinweis: Dies zeigt, dass sich die BaFin künftig bei Ernennung eines neuen Mitglieds des Leitungsorgans genau erklären lassen wird, wie dieses in das bestehende Leitungsgefüge passt.
Die beiden überarbeiteten Merkblätter enthalten die Änderungen und Anpassungen, die sich aus den relevanten Vorgaben des RiG insb. in Bezug auf die Anforderungen an Geschäftsleiter (§ 25c KWG) und Aufsichtsräte (§ 25d KWG) und die Anzeigepflichten (§ 24 KWG) ergeben. Die wesentlichen Neuerungen beziehen sich auf:
- Verschärfte Anforderungen an das aufsichtliche Überprüfungsverfahren (sog. Fit and Proper-Prüfung): diese beinhalten eine Konkretisierung der Anforderungen, u. a. Anzeige von Wiederbestellungen, sowie Ausweitung der im Anzeigeverfahren einzuholenden Informationen und erweiterte Informationspflichten der beaufsichtigten Unternehmen gegenüber der Aufsicht,
- Anpassungen der materiellen Anforderungen an Geschäftsleiter und Mitglieder von Aufsichtsorganen mit Schwerpunkt in der Mandatszählung,
- Anforderungen an interne Richtlinien und Prozesse der Institute: Teil der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation eines Instituts sind künftig Eignungs- und Diversitätsrichtlinien, Einführungs- und Schulungsrichtlinien sowie Richtlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten,
- Hinweise zu Pflichten der Institute: diese umfassen insb. die Durchführung von internen Prüfungen der individuellen und kollektiven Eignung von Organmitgliedern, Eignungsprüfung von Inhabern von Schlüsselfunktionen, Umgang mit Interessenkonflikten,
- Hinweise für Wertpapierfirmen: diese umfassen diverse Hinweise zu den zu verwendenden Formularen.
Hinweis: Die beiden überarbeiteten Merkblätter enthalten die Änderungen und Anpassungen, die sich direkt aus den zugrunde liegenden Vorgaben des RiG ergeben, insb. in Bezug auf die Anzeigen (§ 24 KWG) und die Anforderungen an Geschäftsleiter (§ 25c KWG) und Aufsichtsräte (§ 25d KWG). Eine endgültige Veröffentlichung der beiden geänderten Merkblätter durch die BaFin stand zum Redaktionsschluss im Dezember 2020 noch aus.
Ergänzend werden neue Anzeigepflichten in § 24 KWG n. F. aufgenommen:
- Eignungstest der Organmitglieder: künftig sind auch die tatsächlichen Ergebnisse der Beurteilung der Eignungsanforderungen sowie neue Tatsachen, die sich auf die ursprüngliche Beurteilung der Kriterien auswirken können, unverzüglich im Rahmen des Anzeigeverfahrens mitzuteilen (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 15 KWG n. F.).
- Zudem kann die BaFin zur Beurteilung der Zuverlässigkeit und Eignung der Organmitglieder eigene Interviews mit den angezeigten Personen führen (§ 24 Abs. 3e KWG n. F.).
- Geschlechtsspezifisches Lohngefälle: Die BaFin wird künftig von den Instituten jährlich Informationen zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle erheben, um diese zum Vergleich von Vergütungstrends und -praxis zu nutzen (§ 24 Abs. 1a Nr. 5 KWG n. F.).
Hinweis: Die in diesem Beitrag erläuterten gesetzlichen Neuerungen traten am 29.12.2020 in Kraft. Sie gelten seither unmittelbar, Übergangsvorschriften sind nicht getroffen.