Der Sachverhalt:
Am 1.8.2012 war die Antragstellerin zur Insolvenzverwalterin über das Vermögen des B bestellt worden. Später erstellte sie für die Veranlagungszeiträume 2013 bis 2017 die Einkommensteuererklärungen des B. Dabei ergaben sich Erstattungsansprüche i.H.v. 18.375 € sowie gesondert festgestellte Verlustvorträge. Das Finanzamt überwies die Erstattungen auf die Konten der der Antragstellerin. Mit Beschluss vom 7.11.2018 erteilte das AG dem B Restschuldbefreiung.
Bereits im März 2019 hatte das Finanzamt der Antragstellerin mitgeteilt, dass sich nach seiner Auffassung durch Erteilung der Restschuldbefreiung und des damit verbundenen Wegfalls betrieblicher Verbindlichkeiten ein Gewinn ergebe. Es sei beabsichtigt, diesen zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe am 28.2.2013 zu berücksichtigen. Dies habe auch steuerliche Auswirkungen für die Folgejahre 2014 bis 2017, die für die Jahre 2013 bis 2017 erfolgten Steuererstattungen seien dann zurückzuzahlen. Später erlies die Behörde geänderte Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2013 bis 2017 gegenüber B.
Die Antragstellerin begehrte daraufhin vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung trug sie vor, die gegenüber B erlassenen geänderten Bescheide seien rechtswidrig. Die Gewährung der Restschuldbefreiung sei kein rückwirkendes Ereignis und rechtfertige nicht die vom Finanzamt vorgenommene Änderung der Bescheide.
Das FG lehnte den Antrag ab. Allerdings wurde im Hinblick auf die uneinheitliche Rechtsprechung der Finanzgerichte die Beschwerde zuzulassen
Die Gründe:
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Rückforderung der streitgegenständlichen Steuererstattungen rechtmäßig ist. Als umgekehrter Erstattungsanspruch entsteht ein Rückforderungsanspruch zugunsten des Steuergläubigers, wenn eine Erstattung oder Steuervergütung zu Unrecht, d.h. ohne rechtlichen Grund, gezahlt worden ist, § 37 Abs. 2 Satz 1 AO. Entsprechendes gilt nach Satz 2 der Vorschrift, wenn der rechtliche Grund nachträglich wegfällt. Der Anspruch entsteht ohne besondere Festsetzung, über materielle Grundlagen und Höhe entscheidet die Finanzbehörde durch Verwaltungsakt nach § 218 Abs. 2 Satz 2 AO.
Die Antragstellerin persönlich ist Empfängerin der Erstattungsleistungen. Bei den von der Antragstellerin eingerichteten Konten handelt es sich nicht um sog. Insolvenz-Sonderkonten. Ein solches Konto setzt zum einen die Einrichtung entweder auf den Namen des Verwalters als Partei kraft Amtes für eine bestimmte Insolvenzmasse oder auf den Namen des Schuldners voraus. Zum anderen muss sich aus den Erklärungen ergeben, dass der Verwalter seine Verfügungsbefugnis lediglich als Ermächtigungstreuhänder (§§ 80, 148 InsO) ausübt, während Rechtsträger die Insolvenzmasse ist. Nur unter diesen Voraussetzungen besteht keine Kontobeziehung mit dem Verwalter persönlich und werden Zahlungen auf das Konto Bestandteil der Insolvenzmasse.
Das ist hier aber offensichtlich nicht der Fall, denn in Auftrag gegeben wurde die Einrichtung eines Vollrechtskontos der Antragstellerin, das ausschließlich sie persönlich der Bank gegenüber berechtigen und verpflichten sollte. Zahlungen auf ein sog. Anderkonto fließen nicht in die Masse, sondern unmittelbar in das Vermögen des Kontoinhabers (vgl. u.a. BGH vom 7.2.2019, IX ZR 47/18 und vom 18.12.2008, IX ZR 192/07; Schleswig-Holsteinisches FG vom 6.7.2017, 5 K 42/15, FG Köln vom 13.2.2019, 4 K 1600/18;.a. A. FG Baden-Württemberg vom 1.7.2015, 1 K 1231/13, FG München vom 6.3.2019, 6 K 3063/18).
Der Umstand, dass das Finanzamt mit den Erstattungen seine gegenüber der Masse bestehenden Verpflichtungen erfüllen wollte, ändert an dem vorstehenden Ergebnis nichts. Denn maßgeblich für die Bestimmung des Leistungsempfängers und damit des Schuldners des abgabenrechtlichen Rückforderungsanspruchs ist nicht der innere Wille der Finanzbehörde, sondern der objektive Empfängerhorizont desjenigen, der die Zahlung erhalten hat. Aus objektiver Sicht musste der Antragstellerin vor dem Hintergrund der vorzitierten und im Zeitpunkt der Zahlungen bereits existenten BGH-Rechtsprechung klar vor Augen stehen, dass sie aufgrund der von ihr gewählten Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung zur Bank Leistungsempfängerin war.
Vermeintlicher Rechtsgrund für die Erstattungen von Einkommensteuer 2013 bis 2017 sowie Nebenleistungen hierzu waren die an die Antragstellerin als Insolvenzverwalterin adressierten Bescheide. Hieraus ergaben sich zwar Erstattungsansprüche in Höhe der vom Finanzamt geleisteten Zahlungen. Die Bescheide waren aber nur Rechtsgrund für Zahlungen an die Insolvenzmasse des B. Für die im Streitfall erfolgten Zahlungen an die Antragstellerin hingegen fehlte ein Rechtsgrund von vornherein. Aus diesem Grund ist die von den Beteiligten erörterte Frage, ob im vorliegenden Verfahren Einwendungen gegen die Änderungsbescheide zu prüfen sind, unerheblich.
Ein von der Antragstellerin vorgetragener unlösbarer Konflikt zwischen Insolvenzrecht und Steuerrecht besteht nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH, der der erkennende Senat sich anschließt, eignen sich Anderkonten nicht zur Anlage von Geldmitteln der Insolvenzmasse. Kontoguthaben auf einem Anderkonto sind gerade kein Bestandteil der Masse. Dementsprechend handelt ein Insolvenzverwalter pflichtwidrig, wenn er für die Insolvenzmasse bestimmte Zahlungen auf einem Anderkonto vereinnahmt und damit dem eigenen Vermögen zuführt. Durch pflichtgemäßes Handeln, nämlich durch Einrichtung von Sonderkonten, hätte die Antragstellerin selbst ihre persönliche Rückzahlungsverpflichtung vermeiden können. Durch Berücksichtigung der erhaltenen Erstattungen bei der Schlussverteilung ist bei der Antragstellerin zwar Entreicherung eingetreten. Nach BFH-Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, kann dem abgabenrechtlichen Rückforderungsanspruch ein entsprechender Einwand aber nicht entgegengehalten werden.
Zahlungen auf ein sog. Anderkonto fließen nicht in die Masse, sondern unmittelbar in das Vermögen des Kontoinhabers. Nach der Rechtsprechung des BGH eignen sich Anderkonten nicht zur Anlage von Geldmitteln der Insolvenzmasse. Allerdings war im Hinblick auf die uneinheitliche Rechtsprechung der Finanzgerichte die Beschwerde zuzulassen.