Aber auch Online-Händler müssen bessere Bedingungen für die Rücknahme von Elektroschrott zu schaffen. Ein pauschales Anbieten von Paketversand oder bloßes Verweisen auf ein Filialnetz, wie es aktuell viele Händler praktizieren, genügt nicht, wie das OLG München mit Urteil vom 22.02.2021 (Az. 6 U 1549/20) entschied.
Geplante Rücknahmepflichten für Elektroaltgeräte im Lebensmitteleinzelhandel
Die vom Bundestag beschlossenen Änderungen zu den Rücknahmepflichten für Elektroaltgeräte dienen der Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2012/19/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.07.2012 über Elektro- und Elektronik- Altgeräte. Die Richtlinie schreibt ab dem Jahr 2019 eine Sammelquote von mindestens 65% der durchschnittlich in den drei Vorjahren in Verkehr gebrachten Mengen an Elektro- und Elektronikgeräten vor. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland zwar 86% der gesammelten Elektrogeräte recycelt, jedoch wurden nur rund 43% der in Verkehr gebrachten Elektroaltgeräte tatsächlich gesammelt. Daher liegt Deutschland noch deutlich unter der vorgegebenen europäischen Zielmarke.
Ziel der Änderungen im ElektroG ist, den Kunden die Rückgabe von Elektronikaltgeräten zu vereinfachen, um auf diese Weise die Sammelquote zu erhöhen, ein hochwertiges Recycling zu gewährleisten und wertvolle Rohstoffe zurückgewinnen zu können. Außerdem sollen Maßnahmen getroffen werden, um das Trittbrettfahren von Herstellern aus dem Ausland unter Zuhilfenahme von elektronischen Marktplätzen und Fulfillment-Dienstleistern zu verhindern. Die Maßnahmen fallen demnach im Großen und Ganzen unter den Begriff des Ressourcenschutzes.
Im Einzelnen gilt die Gesetzesänderung für Unternehmen mit einer Ladenfläche größer als 800 qm. Zudem müssen die jeweiligen Lebensmitteleinzelhändler selbst Elektrogeräte mehrmals im Jahr (es genügt der regelmäßige Verkauf von Lampen) anbieten. Zurückgenommen werden müssen Elektroaltgeräte mit einer Kantenlänge von bis zu 25 cm, unabhängig von dem Neukauf eines Artikels. Dies gilt auch für Produkte, die vorher nicht in dem Ladenlokal oder derselben Kette gekauft wurden. Elektrogeräte, die größer als 25 cm sind, können nur dann im Lebensmitteleinzelhandel abgegeben werden, wenn dort ein vergleichbares Produkt gekauft wird.
Für Verbraucher bedeutet die Gesetzesänderung eine vereinfachte Abgabe von Elektroaltgeräten während des wöchentlichen Einkaufes. Für die betroffenen Lebensmitteleinzelhändler kommen jedoch neue Verpflichtungen hinzu, wie die Einrichtung und Anzeigepflichten von Rücknahmestellen, Informationspflichten für Kunden und Mitteilungspflichten an die Stiftung ear (www.stiftung-ear.de). Hierbei handelt es sich um eine Institution, bei der sich Hersteller von Elektronikgeräten anmelden müssen.
Die Änderungen des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes müssen noch den Bundesrat passieren und sollen dann am 01.01.2022 in Kraft treten. Für den Handel gilt zwar eine Übergangsfrist von sechs Monaten, gleichwohl sollte man sich entsprechend frühzeitig mit den neuen Pflichten Zurücknahme von Elektroaltgeräten auseinandersetzen.
Dringender Handlungsbedarf für Online-Händler
Online-Händler müssen schon jetzt für bessere Bedingungen bei der Rücknahme von Elektroschrott sorgen. Ein pauschales Anbieten von Paketversand oder bloßes Verweisen auf ein Filialnetz, wie es aktuell viele Händler praktizieren, genügt nicht, so das OLG München in seinem Urteil vom 22.2.2021 (Az. 6 U 1549/20).
Im Streitfall ging es um die Rücknahme von quecksilberhaltigen Altlampen. Diesbezüglich verwies der Online-Händler auf deren Rückgabe per Paketversand. Eine solche Rückgabe ist jedoch nach den jeweiligen Transportrichtlinien der Paketdienstleister ausgeschlossen. Eine andere Möglichkeit zur Rückgabe bestand nur in einer 50km vom Kunden entfernten Rückgabestelle.
Verbraucher können seit dem 24.07.2016 bei Händlern mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400qm (für Online-Händler gilt insoweit die Versand- und Lagerfläche) elektronische Altgeräte, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25cm sind, kostenlos abgeben.
Sind die Geräte größer als 25cm, können sie ebenfalls von dem Verbraucher unentgeltlich bei dem Händler abgegeben werden, wenn dort gleichzeitig ein ähnliches Neugerät erworben wird.
Konkret sind die Händler verpflichtet, für Verbraucher angemessene, zumutbare und verbraucherfreundliche Rückgabemöglichkeiten zu schaffen, wie etwa eine Annahmestelle pro Postleitzahlgebiet zu ermöglichen oder mit anderen Entsorgungsanbietern zu kooperieren und sich finanziell an der Entsorgung zu beteiligen.
Nach dem Urteil des OLG München sind die meisten Online-Händler zum Handeln verpflichtet, denn viele bieten nur unzureichende oder verbraucherunfreundliche Rückgabemöglichkeiten an.
Hinweis: Durch die Deutsche Umwelthilfe wurden bereits verstärkt Kontrollen in Bezug auf die Umsetzung dieser Rücknahmevorgaben angekündigt. Auch können Behörden die Umsetzung dieser Vorgaben kontrollieren. Im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung drohen den Händlern empfindliche Bußgelder.
Betroffene Händler sollten deshalb schnellstmöglich ihre Rückgabebedingungen überprüfen und ggf. entsprechend nachbessern. Die Hinzuziehung eines Experten bei der konkreten Ausgestaltung der Rückgabebedingungen sollte in Betracht gezogen werden, um eventuelle Rechtsstreitigkeiten und drohende Bußgelder zu vermeiden.