Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Luftentfeuchtern. Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.2013 ab, weil die Beklagte ihr Produkt "Luftentfeuchter a. -X. " auf der Produktverpackung mit der Aufschrift "40 % mehr Wirksamkeit" beworben hatte. Die Beklagte gab am 30.10.2013 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, mit der sie sich verpflichtete, es zu unterlassen, mit der beanstandeten Aussage zu werben. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung versprach sie die Zahlung einer Vertragsstrafe, deren Höhe sie in das billige Ermessen der Klägerin stellte.
In der Zeit vom 31.10.2013 bis zum 5.11.2013 war das Produkt, das die Beklagte unter Eigentumsvorbehalt geliefert hatte, mit der entsprechenden Werbung in insgesamt 22 verschiedenen O-Märkten noch erhältlich; 17 dieser Märkte wurden von der Firma O selbst betrieben, die übrigen fünf Märkte von Franchisenehmern. Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 112.200 € wegen insgesamt 22 Verstößen gegen die Unterlassungsverpflichtung in Anspruch genommen, wobei sie die Höhe der Vertragsstrafen mit 5.100 € pro Verletzungshandlung bemessen hat.
LG und OLG gaben der Klage teilweise statt und verurteilten die Beklagte zur Zahlung von 30.600 €. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von mehr als 5.100 € nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist, und verurteilte die Beklagte, an die Klägerin 5.100 € nebst Zinsen zu zahlen.
Die Gründe:
Durch die Abgabe des Vertragsstrafeversprechens durch die Beklagte am 30.10.2013 ist eine wirksame Vertragsstrafevereinbarung zwischen den Parteien zustande gekommen. Die Revision wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Annahme des OLG, die Beklagte habe schuldhaft gegen das Vertragsstrafeversprechen verstoßen, weil die O-Märkte das Produkt der Beklagten mit der beanstandeten Aussage nach dem Zustandekommen des Unterlassungsvertrags zwischen den Parteien weiterhin zum Verkauf angeboten hatten.
Allerdings kann entgegen der Ansicht des OLG nicht davon ausgegangen werden, dass die O-Filialen und die O-Franchisenehmer, die das Produkt der Beklagten unter Eigentumsvorbehalt gekauft und es in der Zeit vom 1.11. bis zum 5.11.2013 mit der beanstandeten Werbung im Angebot hatten, Erfüllungsgehilfen der Beklagten i.S.v. § 278 BGB bei der Einhaltung der Unterlassungspflicht waren und die Beklagte deshalb für deren Verhalten einzustehen hat. Die Revision verweist zu Recht darauf, dass die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts und eine damit in Zusammenhang stehende Sicherungsabrede nicht dazu führt, dass der Vorbehaltskäufer in den Aufgaben- und Pflichtenkreis des Vorbehaltsverkäufers aus der Unterlassungsvereinbarung mit der Klägerin einbezogen wird.
Das OLG ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund eigenen Fehlverhaltens haftet. Ist der Unterlassungsschuldner zur Vornahme von Handlungen verpflichtet, kann dies die Verpflichtung umfassen, auf Dritte einzuwirken, um diese zu einem Tun oder einem Unterlassen anzuhalten. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Er ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist.
Danach muss ein Schuldner, dem gerichtlich untersagt worden ist, ein Produkt mit einer bestimmten Aufmachung zu vertreiben oder für ein Produkt mit bestimmten Angaben zu werben, grundsätzlich durch einen Rückruf des Produkts dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner durch vertragliche Vereinbarung eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung übernommen hat. Die Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, bereits ausgelieferte und mit einer wettbewerbswidrigen Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen. Die Beklagte war zu ihr tatsächlich möglichen und zumutbaren Anstrengungen verpflichtet, um auf das Verhalten der O-Märkte einzuwirken. Selbst wenn ein Rechtsanspruch gefehlt hat, schließt dies nicht die Pflicht aus, einen Rückruf zumindest zu versuchen. Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte verstoßen.
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des OLG, die Beklagte habe sechs Mal gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung verstoßen und deshalb jeweils eine Vertragsstrafe i.H.v. 5.100 € verwirkt. Es liegt nur ein Verstoß gegen das Vertragsstrafeversprechen vor. Das Versprechen, eine Vertragsstrafe "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" zu zahlen, kann dahin auszulegen sein, dass mehrere zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Einzelverstöße, die auf fahrlässigem Verhalten beruhen, als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen werden. Das OLG ist insoweit zu Unrecht von mehreren Verstößen gegen die Unterlassungsverpflichtung ausgegangen. Bei wertender Betrachtung liegt nur ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vor. Die Verstöße beruhten auf einem einheitlichen Entschluss der Beklagten, gegenüber ihren Abnehmern untätig zu bleiben. Entschließt sich der zum Rückruf bereits ausgelieferter Ware verpflichtete Unterlassungsschuldner aufgrund einer einheitlichen, rechtlich allerdings unzutreffenden Überlegung, von einem Rückruf abzusehen, liegt bei einer wertenden Betrachtungsweise nur ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vor.
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