Die Bildung einer Rückstellung für künftige Wartungsaufwendungen aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Wartung von Flugzeugen wurde im konkreten Fall abgelehnt und mit einer fehlenden wirtschaftlichen Verursachung zum Bilanzstichtag begründet. Demgegenüber wurde eine Rückstellungsbildung infolge einer privatrechtlichen Verpflichtung aufgrund der wirtschaftlichen Belastung durch Wartungsrücklagen-Garantiebeträge für notwendig erachtet, wenn zum Bilanzstichtag eine Verpflichtung besteht, derer sich der Leasingnehmer nicht entziehen kann.
Hinweis
Im konkreten Fall haben eine GmbH sowie eine Tochtergesellschaft Luftfahrzeuge auf der Grundlage von Leasingverträgen mit einem (externen) Leasing-Unternehmen betrieben. Nach der Betriebsordnung für Luftgeräte (LuftBO) sind Lufttransportunternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, nach Erreichen einer bestimmten Anzahl an Betriebsstunden das Fluggerät zu warten bzw. einer Generalüberholung zu unterziehen. Neben dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung bestand zudem über die abgeschlossenen Leasingverträge eine privatrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Leasinggeber, – neben den regulären Leasingraten – monatliche Zahlungen für Wartungsrücklagen-Garantiebeträge zu leisten oder in gleicher Höhe eine Bankbürgschaft zu stellen. Die GmbH bildete Rückstellungen für die erwartete Verpflichtung aus der Bankbürgschaft, welche für die künftige öffentlich-rechtliche Wartungsverpflichtung nach LuftBO haftet. Die Tochtergesellschaft wählte die alternative Variante und leistete Zahlungen in eine Wartungsrücklage an den Leasinggeber, die sie als laufenden Aufwand erfasste.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung lehnte das Finanzamt die vorgenommene Bilanzierung ab. Zum einen verneinte es die Rückstellungsbildung bei der GmbH mit der Begründung, dass die künftigen Wartungsverpflichtungen am Bilanzstichtag wirtschaftlich noch nicht verursacht worden seien. Zum anderen seien die Zahlungen der Tochtergesellschaft in die Wartungsrücklage als Forderung bzw. sonstige Vermögensgegenstände im Sinne einer Kaution zu aktivieren.
Keine Zulässigkeit der Rückstellungsbildung aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung
Grundsätzlich sind die nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gemäß § 249 HGB anzusetzenden Kriterien für die Bildung von Rückstellungen auch in der Steuerbilanz maßgeblich, soweit steuerliche Sondervorschriften dem nicht entgegenstehen (bspw. § 5 Abs. 2a, 3, 4, 4a, 4b EStG). Insbesondere beim Ansatz für Rückstellungen aufgrund ungewisser Verbindlichkeiten ist es nach beiden gesetzlichen Vorschriften erforderlich, dass
- eine Außenverpflichtung am Bilanzstichtag besteht,
- der Grund und/oder die Höhe der Verpflichtung ungewiss ist,
- mit der tatsächlichen Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist und
- diese rechtlich oder wirtschaftlich zum Bilanzstichtag bereits verursacht worden ist.
Beruht eine Verpflichtung auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften, erfordert die Rückstellungsbildung eine Konkretisierung in dem Sinne, dass sie inhaltlich hinreichend bestimmt, zeitnah zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewährt ist. Ist die Verpflichtung nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grunde nach rechtlich noch nicht entstanden, so kann eine Rückstellung nur unter der weiteren Voraussetzung gebildet werden, dass sie in der abgelaufenen Zeit bis zum Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht wurde (vgl. BFH-Urteil vom 6.2.2013, Az. I R 8/12, BStBl. II 2013, S. 686).
Im vorliegenden Sachverhalt ist insbesondere das Kriterium der wirtschaftlichen Verursachung Gegenstand der Urteilsbegründung. Die Bildung einer Rückstellung scheidet demnach unter dem Aspekt einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung aus, da es an einer wirtschaftlichen Verursachung vor bzw. zum Bilanzstichtag fehlt. Eine Verpflichtung für zukünftige Wartung ist zum Bilanzstichtag demnach nicht entstanden. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine wirtschaftliche Verursachung dann gegeben, wenn der Tatbestand, dessen Rechtsfolge die Verpflichtung ist, im Wesentlichen vor dem Bilanzstichtag verwirklicht wird bzw. wenn die Ereignisse, die zum Entstehen der Verpflichtung führen, wirtschaftlich dem abgelaufenen Geschäftsjahr oder den vorherigen Geschäftsjahren zuzurechnen sind. Zwar besteht im vorliegenden Sachverhalt unstrittig eine Verpflichtung zur Wartung im Sinne der LuftBO, allerdings liegt die wirtschaftliche Ursache hierfür in der Zukunft, nämlich in der Erlaubnis zum weiteren Betrieb des Flugzeugs. Die Wartungsverpflichtung wurde somit wirtschaftlich nicht in der Vergangenheit verursacht.
Weiterhin bleibt die Frage zu klären, ob am Bilanzstichtag eine Rückstellung aus einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung für den bis dahin „verdienten Teil“ gebildet werden kann, da der Verpflichtungstatbestand über die Zeit realisiert wird und damit schon eine anteilige wirtschaftliche Verursachung in der Vergangenheit gegeben ist. Eine Verpflichtung muss nicht nur an vergangene Ereignisse anknüpfen sondern auch Vergangenes abgelten. Das ist bei öffentlich-rechtlichen Wartungsverpflichtungen nicht der Fall. Denn bis zur Erreichung der zulässigen Betriebszeiten entspricht ihr Betrieb den luftfahrtechnischen Bestimmungen und ist nicht an zusätzlichen Wartungsaufwand gebunden. Erst nach Ablauf der Betriebserlaubnis ist der Halter verpflichtet, den gesetzlichen Wartungsverpflichtungen nachzukommen. Die Erfüllung der gesetzlichen Wartungsverpflichtung erlaubt somit nicht den Betrieb in der Vergangenheit, sondern ermöglicht den weiteren Betrieb in der Zukunft. Dem Grundsatz der Periodisierung bzw. dem Grundsatz der Abgrenzung der Sache folgend heißt das, dass die Ausgaben für die Flugzeugwartung der Erzielung künftiger Erträge dienen, da ohne die Wartung die Betriebserlaubnis erlöschen würde. Die bereits erzielten Umsätze der Vergangenheit würden indes auch dann dem Unternehmer erhalten bleiben, wenn keine Wartung durchgeführt und/oder der Flugbetrieb eingestellt würde.
Zulässigkeit der Rückstellungsbildung aufgrund einer privatrechtlichen Verpflichtung
Bei einer privatrechtlichen Verpflichtung zur Zahlung von Wartungsrücklagen-Garantiebeträgen kann eine Rückstellungsbildung geboten sein. Beide Gesellschaften waren durch die abgeschlossenen Leasingverträge verpflichtet, unter anderem eine Zahlung in eine vereinbarte Wartungsrücklage des Leasinggebers zu leisten. Zu viel geleistete Rücklagenzahlungen (im Vergleich zu den tatsächlichen Wartungskosten) werden durch den Leasinggeber vereinnahmt. Gleiches gilt, wenn ein Leasingvertrag vor Wartung der Luftfahrzeuge beendet wird. Der Leasingnehmer ist im Ergebnis durch den Vertrag stets mit den privatrechtlich vereinbarten Wartungsrücklagen-Garantiebeträgen belastet. Dieser Verpflichtung kann er sich, anders als im Bereich der öffentlich-rechtlichen Wartungsverpflichtung, durch Einstellung des Flugbetriebs nicht entziehen. Denn auch bei Beendigung des Leasingvertrages vor Durchführung der nächsten fälligen Wartung hat der Leasingnehmer die vertraglich vereinbarte Wartungsverpflichtung wirtschaftlich zu tragen. Es besteht kein Anspruch auf Rückgewehr der geleisteten Zahlungen oder der Bürgschaft.
Ausschlaggebend für die Klassifizierung als ungewisse Verpflichtung ist, dass die wirtschaftliche Verursachung hier die Nutzung und Verfügbarkeit des Leasinggegenstandes in der Vergangenheit liegt. Die Verpflichtung knüpft an Vergangenes an (Ansammeln der Betriebsstunden in der Vergangenheit) und findet auch Vergangenes ab (Ersatz der verursachten Wertminderung). Entscheidendes Kriterium für die Bildung einer Rückstellung ist, dass bei Beendigung des Vertrages kein Anspruch auf Rückerstattung der Beträge besteht und der Leasingnehmer stets mit den vereinbarten Beträgen belastet bleibt. Insofern ist eine wirtschaftliche Verursachung zum Bilanzstichtag gegeben, die eine Rückstellungsbildung notwendig werden lässt.