Das BMF hat mit Schreiben vom 18.9.2020 (Az. III C 2 - S 7286-a/19/10001 :001) auf diese Rechtsprechung reagiert. Dabei betont das BMF, dass ein Vorsteuerabzug ohne Rechnung nicht möglich ist. Ein Vorsteuerabzug wird aber ausnahmsweise gewährt, wenn die Rechnung zwar nicht alle formellen Voraussetzungen erfüllt, die Finanzverwaltung aber anhand objektiver Nachweise über die nötigen Angaben zur Prüfung der materiellen Voraussetzungen verfügt. Den Nachweis der Steuerbelastung auf der vorausgegangenen Umsatzstufe als materielle Voraussetzung können Unternehmen nur über eine Rechnung (oder deren Kopie) mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer führen.
Kann das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen bei formellen Rechnungsmängeln nicht anhand objektiver Nachweise belegt werden, kommt eine Rechnungsberichtigung in Frage. Enthält das ursprüngliche Rechnungsdokument Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer, entfaltet eine Rechnungsberichtigung Rückwirkung. Das Recht auf Vorsteuerabzug ist dann im Zeitpunkt des Leistungsbezugs auszuüben, in dem die ursprüngliche Rechnung vorlag. Wurde in der Ursprungsrechnung ein zu niedriger Steuerbetrag ausgewiesen, kann der höhere Differenzbetrag hingegen erst als Vorsteuer abgezogen werden, wenn er in der berichtigten Rechnung zutreffend ausgewiesen ist. Bei Rechnungen, welche die für eine rückwirkende Berichtigung nötigen Mindestangaben nicht enthalten, kann der Vorsteuerabzug erst nach einer Berichtigung in Anspruch genommen werden.
Hinweis
Das BMF-Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Es soll allerdings nicht beanstandet werden, wenn bei bis zum 31.12.2020 übermittelten Rechnungsberichtigungen, die Rückwirkung entfalten, der Vorsteuerabzug erst in dem Besteuerungszeitraum geltend gemacht wird, in dem die Rechnungsberichtigung erfolgt.