Nachdem der Große Senat des BFH den Sanierungserlass mit Beschluss vom 28.11.2016 (Az. GrS 1/15) wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als rechtswidrig beurteilte, wies das BMF die Finanzämter mit Schreiben vom 27.4.2017 an, den Sanierungserlass gleichwohl in sog. Altfällen weiter anzuwenden. Hierunter fallen Sanierungen, bei denen die Gläubiger bis (einschließlich) 8.2.2017 (Zeitpunkt der Veröffentlichung des BFH-Beschlusses) endgültig auf ihre Forderungen verzichtet haben.
Hiergegen wandte sich der BFH und entschied mit Urteilen vom 23.8.2017 (Az. I R 52/14 und X R 38/15), dass der Sanierungserlass auch in diesen Altfällen nicht angewendet werden darf. In einem der Verfahren wurde zwischenzeitlich Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 2637/17).
Die Finanzverwaltung wendet die Urteile des BFH jedoch nicht über die entschiedenen Einzelfälle hinaus an (BMF-Schreiben vom 29.3.2018). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Neuregelung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen ausdrücklich auf die Vertrauensschutzregelung der Finanzverwaltung Bezug genommen und diese damit gebilligt hat. Somit verfährt die Finanzverwaltung in Altfällen weiterhin nach den Vorgaben des Sanierungserlasses.
Hinweis
Für Schuldenerlasse nach dem 8.2.2017 kommt die Anwendung der Steuerbefreiungstatbestände für Sanierungsgewinne in Betracht (§ 3a EStG und § 7b GewStG). Deren Inkrafttreten steht allerdings unter dem Vorbehalt des von der EU-Kommission noch einzuholenden Beschlusses, dass darin keine staatliche Beihilfe gesehen wird.