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Schadensersatz eines Anlegers wegen Aufklärungspflichtverletzungen

BGH v. 21.5.2019 - II ZR 340/18

Die Verjährung von Scha­dens­er­satz­an­sprüchen ei­nes An­le­gers we­gen Aufklärungs- oder Be­ra­tungs­pflicht­ver­let­zun­gen im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb ei­ner Be­tei­li­gung an ei­ner Fonds­ge­sell­schaft gem. § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB be­ginnt nicht be­reits mit dem Zu­gang sei­nes Bei­tritts­an­ge­bots bei der Fonds­ge­sell­schaft, son­dern frühes­tens mit dem Zu­stan­de­kom­men des Be­tei­li­gungs­ver­fah­rens.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger un­ter­zeich­nete am 20.3.2005 eine Bei­tritts­erklärung, mit der er ei­ner GmbH & Co. KG (im Fol­gen­den Fonds­ge­sell­schaft) seine Be­tei­li­gung über die Be­klagte an­bot. Die Be­klag­ten sind Gründungs­kom­man­di­tis­tin­nen der Fonds­ge­sell­schaft. Das Be­tei­li­gungs­an­ge­bot des Klägers wurde am 13.4.2005 von ei­ner der Be­klag­ten an­ge­nom­men. Am 13.4.2015, also ge­nau 10 Jahre später, be­an­tragte der Kläger bei ei­ner staat­lich an­er­kann­ten Gütestelle die Durchführung ei­nes auf Scha­dens­er­satz ge­rich­te­ten Güte­ver­fah­rens ge­gen die Be­klag­ten, wel­ches am 22.5.2015 von der Gütestelle als er­folg­los be­en­det erklärt wurde.

Am 23.11.2015 reichte der Kläger ge­gen die Be­klag­ten eine Klage auf Scha­dens­er­satz we­gen Aufklärungs­pflicht­ver­let­zun­gen im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb sei­ner Be­tei­li­gung bei Ge­richt ein. Das LG wies die Klage ab. Die Be­ru­fung des Klägers hatte vor dem OLG kein Er­folg. Der BGH gab dem Kläger je­doch mit sei­ner Re­vi­sion recht.

Die Gründe:
Ein et­wai­ger Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen Aus­kunfts­pflicht­ver­let­zun­gen ist nicht gem. § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB verjährt.

Strei­tent­schei­dend ist hier der Verjährungs­be­ginn gem. § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB. Ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts be­ginnt die Verjährung von den streit­ge­genständ­li­chen Scha­dens­er­satz­an­sprüchen nicht be­reits mit dem Zu­gang des Bei­tritts­an­ge­bots des Klägers bei der Fonds­ge­sell­schaft, son­dern frühes­tens mit dem Zu­stan­de­kom­men des Be­tei­li­gungs­ver­trags.

Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch ist nach all­ge­mei­nen Grundsätzen ent­stan­den, so­bald er von dem Ge­schädig­ten erst­mals gel­tend ge­macht und not­falls im Wege der Klage durch­ge­setzt wer­den kann. Da­bei ist es für die Ent­ste­hung ei­nes Geld­an­spruchs nicht er­for­der­lich, dass der Zah­lungs­an­spruch be­reits be­zif­fert wer­den kann. Je­doch setzt der Ein­tritt ei­nes Scha­dens vor­aus, dass es zu ei­ner kon­kre­ten Ver­schlech­te­rung der Vermögens­lage des Gläubi­gers ge­kom­men ist, wo­hin­ge­gen der Ein­tritt ei­ner (nur) ri­si­ko­be­haf­te­ten Si­tua­tion nicht aus­reicht. Je­doch kann be­reits der auf ei­ner Aufklärungs- oder Be­ra­tungs­pflicht­ver­let­zung be­ru­hende Er­werb ei­ner für den An­la­gein­ter­es­sen­ten nach­tei­li­gen Ka­pi­tal­an­lage für sich ge­nom­men ein Vermögens­scha­den dar­stel­len.

Nach ständi­ger Recht­spre­chung des IV. Zi­vil­se­nats ent­steht der Scha­den in einem sol­chen Fall im Zeit­punkt des Er­werbs der An­lage. Nach neu­erer Recht­spre­chung des III. Zi­vil­se­nats sei der An­le­ger selbst durch das Zu­stan­de­kom­men des Bei­tritts­ver­tra­ges grundsätz­lich noch nicht ge­schädigt, wenn ihm ein ver­trag­li­ches Recht auf Wi­der­ruf sei­ner Bei­tritts­erklärung zu­stehe, wel­ches an keine wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen ge­bun­den sei. Auch nach der ständi­gen Recht­spre­chung des XI. Zi­vil­se­nats ent­steht der Scha­dens­er­satz­an­spruch ei­nes An­le­gers we­gen feh­ler­haf­ter An­la­ge­be­ra­tung erst mit dem Ab­schluss des schuld­recht­li­chen Be­tei­li­gungs­ver­fah­rens, der al­ler­dings - an­ders als nach der Recht­spre­chung des III. und des IV. Zi­vil­se­nats - noch nicht un­wi­der­ruf­lich oder voll­zo­gen sein muss.

Un­abhängig da­von, wel­cher der ge­nann­ten Auf­fas­sun­gen des III., des IV. und des XI. Zi­vil­se­nats zur Scha­dens­ent­ste­hung man folgt, kann hier eine Verjährung nicht be­jaht wer­den. Verjährungs­be­ginn war mit­hin frühes­tens der 13.4.2005. Mit Ein­rei­chen des Güte­an­trags des Klägers am 13.4.2015 wurde noch recht­zei­tig gem. § 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB am letz­ten Tag der zehnjähri­gen Verjährungs­frist die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b BGB ge­hemmt. Die Ein­rei­chung der Klage er­folgte noch in­ner­halb der 6 Mo­nate nach er­folg­lo­ser Be­en­di­gung des Güte­ver­fah­rens, wo­nach die Verjährung aber­mals gem. § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB recht­zei­tig ge­hemmt wurde.

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