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Schadensersatz wegen Pflichtverletzung durch Lieferung eines bauaufsichtlich nicht zugelassenen Bauprodukts

BGH 27.11.2014, I ZR 67/11

Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch nach §§ 1, 3, 13 Abs. 6 UWG a.F. setzte auch dann ein Han­deln zu Wett­be­werbs­zwe­cken vor­aus, wenn die Pflicht­ver­let­zung in der Lie­fe­rung ei­nes Bau­pro­dukts be­stand, das der dafür be­ste­hen­den all­ge­mei­nen bau­auf­sicht­li­chen Zu­las­sung nicht ent­sprach. Erst durch das UWG 2008 ist der Be­griff der Wett­be­werbs­hand­lung durch den der ge­schäft­li­chen Hand­lung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 er­setzt wor­den.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klagte pro­du­ziert und ver­treibt Hohl­kam­mer­pro­fil­plat­ten aus Po­ly­car­bo­nat, die als Da­ch­ele­mente in Dächer und Wände ein­ge­baut wer­den. Das Deut­sche In­sti­tut für Bau­tech­nik er­teilte ihr im Au­gust 2000 für die Zeit bis Ende Ja­nuar 2004 eine all­ge­meine bau­auf­sicht­li­che Zu­las­sung für die Plat­ten mit den Ty­pen­be­zeich­nun­gen "PC 14403 B 1" und "PC 15403 B 1". Nach der Zu­las­sung mus­ste der Roh­stoff der Plat­ten aus der Form­masse Ma­kro­lon KU 1-1230 der Her­stel­le­rin B-AG be­ste­hen. Die Be­klagte lie­ferte Plat­ten die­ses Typs im Jahre 2003 u.a. für ein Bau­vor­ha­ben des Auf­trag­ge­bers G. Auf die Aus­schrei­bung, die der Er­tei­lung des Auf­trags für das Bau­vor­ha­ben vor­an­ge­gan­gen war, hatte auch die Kläge­rin ein An­ge­bot ab­ge­ge­ben.

Die Kläge­rin be­haup­tet, die von der Be­klag­ten ge­lie­fer­ten Plat­ten erfüll­ten nicht die An­for­de­run­gen der all­ge­mei­nen bau­auf­sicht­li­chen Zu­las­sung. Es habe sich nicht um schwer ent­flamm­bare Bau­stoffe der Brand­schutz­klasse B 1 ge­han­delt. Die Plat­ten hätten nicht (vollständig) aus der Form­masse Ma­kro­lon KU 1-1230 be­stan­den. Da­her habe die Be­klagte bei der Lie­fe­rung un­ter dem Ge­sichts­punkt des Rechts­bruchs so­wie we­gen Ir­reführung des Auf­trag­ge­bers wett­be­werbs­wid­rig ge­han­delt. So­weit der Rechts­streit in die Re­vi­si­ons­in­stanz ge­langt ist, be­gehrt die Kläge­rin den Er­satz des Ge­winns, der ihr da­durch ent­gan­gen sei, dass sie den Auf­trag G nicht er­hal­ten habe.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr i.H.v. rd. 60.000 € nebst Zin­sen statt und wies die wei­ter­ge­hende Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des LG zurück.

Die Gründe:
Nach den vom OLG ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen kann nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Be­klagte bei der Lie­fe­rung ih­rer Hohl­kam­mer­pro­fil­plat­ten zu Zwecken des Wett­be­werbs i.S.d. §§ 1 und 3 UWG a.F. und da­mit wett­be­werbs­wid­rig ge­han­delt hat.

Das OLG hat nicht berück­sich­tigt, dass die Be­stim­mun­gen der §§ 1 und 3 UWG a.F. ein Han­deln zu Zwecken des Wett­be­werbs vor­aus­set­zen. Daran hat sich auch durch das UWG 2004 nichts geändert. Eine Wett­be­werbs­hand­lung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 er­for­dert eben­falls die Ab­sicht, ei­ge­nen oder frem­den Wett­be­werb zu fördern. Erst durch das UWG 2008 ist der Be­griff der Wett­be­werbs­hand­lung durch den der ge­schäft­li­chen Hand­lung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 er­setzt wor­den. Nach den hier al­leine maßgeb­li­chen §§ 1, 3 UWG a.F. war die Ver­let­zung ver­trag­li­cher Pflich­ten ein­schließlich der Nicht- oder Schlech­terfüllung bei Ab­wick­lung ei­nes Ver­trags­verhält­nis­ses grundsätz­lich kein wett­be­werbs­recht­lich re­le­van­tes Ver­hal­ten.

Vor­lie­gend kann in­so­weit nicht von einem Han­deln der Be­klag­ten zu Zwecken des Wett­be­werbs aus­ge­gan­gen wer­den. Das OLG hat an­ge­nom­men, dass die Be­klagte im Fall der Lie­fe­rung des aus­ge­schrie­be­nen kla­ren Ma­te­ri­als die Vor­aus­set­zun­gen der bau­auf­sicht­li­chen Zu­las­sung erfüllt hätte. Die Ände­rung hin­sicht­lich der Farbe, in der das ge­lie­ferte Ma­te­rial die­sen Vor­aus­set­zun­gen nicht mehr ent­spro­chen habe, sei of­fen­bar auf einem nachträgli­chen Wunsch des Bau­herrn zurück­zuführen, der später um eine grüne Ausführung der Plat­ten ge­be­ten habe. Die Be­klagte hätte der­art ein­gefärb­tes Ma­te­rial nicht lie­fern dürfen, ohne auf die Fol­gen für die Ein­hal­tung der Zu­las­sungs­vor­aus­set­zun­gen hin­zu­wei­sen. Diese Ausführun­gen hal­ten der re­vi­si­ons­recht­li­chen Nachprüfung nicht stand.

Konnte die Be­klagte bei Teil­nahme an der Aus­schrei­bung und bei Auf­trags­ver­gabe der all­ge­mei­nen bau­auf­sicht­li­chen Zu­las­sung ent­spre­chen­des Ma­te­rial lie­fern und be­ruhte die spätere Ab­wei­chung aus­schließlich auf dem Wunsch des Auf­trag­ge­bers nach grün ein­gefärb­tem Ma­te­rial, so liegt kein Han­deln zu Zwecken des Wett­be­werbs vor, wenn die Be­klagte es un­ter­las­sen hat dar­auf hin­zu­wei­sen, dass der Roh­stoff des grün ein­gefärb­ten Ma­te­ri­als nicht mehr aus­schließlich aus der Form­masse Ma­kro­lon KU 1-1230 be­stand. Viel­mehr han­delt es sich um ein Ver­hal­ten, das aus­schließlich nach ver­trags­recht­li­chen Grundsätzen zu be­ur­tei­len ist und das kein Mit­tel des Wett­be­werbs dar­stellt.

Mit Er­folg wen­det sich die Re­vi­sion zu­dem ge­gen die An­nahme des OLG, das Ver­hal­ten der Be­klag­ten sei ursäch­lich für den von der Kläge­rin gel­tend ge­mach­ten Scha­den. Nach An­sicht des OLG hätte die Kläge­rin den Auf­trag von vorn­her­ein er­hal­ten, wenn die Be­klagte of­fen­ge­legt hätte, dass die von ihr ge­lie­fer­ten Plat­ten der all­ge­mei­nen bau­auf­sicht­li­chen Zu­las­sung nicht ent­spro­chen hätten. Diese An­nahme steht je­doch in of­fen­sicht­li­chem Wi­der­spruch zu der Fest­stel­lung des OLG, das Ma­te­rial der Be­klag­ten habe zum Aus­schrei­bungs­zeit­punkt der all­ge­mei­nen bau­auf­sicht­li­chen Zu­las­sung ent­spro­chen. Die Ab­wei­chung von der Zu­las­sung be­ruht auf dem Wunsch des Auf­trag­ge­bers, die Farbe der Plat­ten zu ändern. Konnte die Be­klagte aber bei Auf­trags­er­tei­lung der bau­auf­sicht­li­chen Zu­las­sung ent­spre­chen­des Ma­te­rial lie­fern, ist die Schluss­fol­ge­rung, ein Fehl­ver­hal­ten der Be­klag­ten sei dafür ursäch­lich, dass die Kläge­rin nicht von vorn­her­ein den Auf­trag er­hal­ten habe, nicht ge­richt­fer­tigt.

Link­hin­weis:

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