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Schätzungsmethode des "Zeitreihenvergleichs" nur unter Einschränkungen zulässig

BFH 25.3.2015, X R 20/13

Die Durchführung ei­nes Zeit­rei­hen­ver­gleichs setzt vor­aus, dass im Be­trieb das Verhält­nis zwi­schen dem Wa­ren­ein­satz und den Erlösen im be­trach­te­ten Zeit­raum weit­ge­hend kon­stant ist. Es darf zu­dem im maßge­ben­den Zeit­raum nicht zu sol­chen Ände­run­gen in der Be­triebs­struk­tur ge­kom­men sein, die - nicht an­der­wei­tig be­heb­bare - we­sent­li­che Un­si­cher­hei­ten bei der Auf­stel­lung und In­ter­pre­ta­tion des Zah­len­werks mit sich brin­gen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb von 1996 bis zum Frühjahr 2002 und er­neut ab dem Frühjahr 2003 eine Schank- und Spei­se­wirt­schaft in Räumen, die er von ei­ner Braue­rei an­ge­mie­tet hatte. Die Kläge­rin, seine Ehe­frau, war im Be­trieb an­ge­stellt. Der Kläger er­mit­telte sei­nen Ge­winn durch Be­triebs­vermögens­ver­gleich. Den größten Teil sei­ner Bar­ein­nah­men rech­nete er über eine elek­tro­ni­sche Re­gis­trier­kasse ab. Da­ne­ben führte er für die The­ken­ein­nah­men eine von der Re­gis­trier­kasse ge­trennte Bar­kasse.

Im Rah­men ei­ner Außenprüfung be­an­stan­dete der Prüfer die Ord­nungsmäßig­keit der Kas­senführung. Er erhöhte die vom Kläger erklärten Erlöse um Hin­zu­schätzun­gen, für de­ren Höhe er sich auf einen sog. "Zeit­rei­hen­ver­gleich" stützte. Das Fi­nanz­amt er­ließ ent­spre­chend geänderte Ein­kom­men- und Um­satz­steu­er­be­scheide für die Streit­jahre 2001 und 2003.

Die Kläger wehr­ten sich ge­gen den vom Fi­nanz­amt durch­geführ­ten Zeit­rei­hen­ver­gleich. Das FG wies die Klage da­hin­ge­hend ab. Auf die Re­vi­sion der Kläger hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hatte im Er­geb­nis zwar zu­tref­fend er­kannt, dass we­gen vor­han­de­ner Mängel in der Buchführung des Klägers dem Grunde nach eine Schätzungs­be­fug­nis be­stand. Der Zeit­rei­hen­ver­gleich weist al­ler­dings im Ver­gleich zu an­de­ren Ver­pro­bungs- und Schätzungs­me­tho­den be­son­dere Pro­blem­be­rei­che auf, die seine An­wend­bar­keit so­wohl dem Grunde nach als auch hin­sicht­lich der Über­nahme des sich aus einem Zeit­rei­hen­ver­gleich er­ge­ben­den "Meh­rer­geb­nis­ses" als Be­trag der Hin­zu­schätzung der Höhe nach ein­schränken. Diese Ein­schränkun­gen hatte das FG hier nicht in vol­lem Um­fang be­ach­tet.

Die Schätzungs­me­thode des Zeit­rei­hen­ver­gleichs wird von der Fi­nanz­ver­wal­tung im Rah­men von Außenprüfun­gen ins­be­son­dere bei Gas­tro­no­mie­be­trie­ben zu­neh­mend häufig an­ge­wandt. Da­bei han­delt es sich um eine ma­the­ma­ti­sch-sta­tis­ti­sche Ver­pro­bungs­me­thode, bei der die jähr­li­chen Erlöse und Wa­ren­einkäufe des Be­triebs in kleine Ein­hei­ten - re­gelmäßig in Zeiträume von ei­ner Wo­che - zer­legt wer­den. Für jede Wo­che wird so­dann der Roh­ge­winn­auf­schlag­satz (das Verhält­nis zwi­schen Erlösen und Einkäufen) er­mit­telt. Die Fi­nanz­ver­wal­tung geht da­von aus, dass der höchste Roh­ge­winn­auf­schlag­satz, der sich für einen be­lie­bi­gen Zehn-Wo­chen-Zeit­raum er­gibt, auf das ge­samte Jahr an­zu­wen­den ist. Da­durch wer­den rech­ne­ri­sch zu­meist er­heb­li­che Hin­zu­schätzun­gen zu den vom Steu­er­pflich­ti­gen an­ge­ge­be­nen Erlösen aus­ge­wie­sen.

Diese Schätzungs­me­thode wird nun­mehr nur un­ter fol­gen­den Ein­schränkun­gen zu­ge­las­sen:

  • Das Verhält­nis zwi­schen Erlösen und Wa­ren­einkäufen im Be­trieb muss über das ganze Jahr hin­weg weit­ge­hend kon­stant sein.
  • Bei ei­ner for­mell ord­nungsmäßigen Buchführung ist der Zeit­rei­hen­ver­gleich zum Nach­weis ma­te­ri­el­ler Mängel der Buchführung von vorn­her­ein un­ge­eig­net.
  • Ist die Buchführung zwar for­mell nicht ord­nungs­gemäß, sind aber ma­te­ri­elle Un­rich­tig­kei­ten nicht kon­kret nach­ge­wie­sen, sind an­dere Schätzungs­me­tho­den vor­ran­gig.
  • Auch wenn sol­che an­de­ren Schätzungs­me­tho­den nicht zur Verfügung ste­hen, dürfen die Er­geb­nisse ei­nes Zeit­rei­hen­ver­gleichs nicht un­be­se­hen über­nom­men wer­den, son­dern können al­len­falls einen An­halts­punkt für eine Hin­zu­schätzung bil­den.
  • Nur wenn die ma­te­ri­elle Un­rich­tig­keit der Buchführung be­reits auf­grund an­de­rer Er­kennt­nisse fest­steht, können die Er­geb­nisse ei­nes - tech­ni­sch kor­rekt durch­geführ­ten - Zeit­rei­hen­ver­gleichs auch für die Höhe der Hin­zu­schätzung her­an­ge­zo­gen wer­den.

Schließlich war in die­sem Zu­sam­men­hang dar­auf hin­zu­wei­sen, dass beim Ein­satz ei­nes pro­gram­mier­ba­ren Kas­sen­sys­tems be­reits das Feh­len der hierfür auf­be­wah­rungs­pflich­ti­gen Un­ter­la­gen (Be­triebs­an­lei­tung, Pro­gram­mier­pro­to­kolle) einen for­mel­len Man­gel der Buchführung dar­stellt, der grundsätz­lich schon für sich ge­nom­men zu ei­ner Hin­zu­schätzung be­rech­tigt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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