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Steuerberatung

Schenkungsteuer bei Erwerb eines Geschäftsanteils durch Pooltreuhänder

BFH v. 6.5.2020 - II R 34/17

Veräußert ein Ge­sell­schaf­ter einem vor­for­mu­lier­ten Ver­trags­werk ent­spre­chend sei­nen Ge­schäfts­an­teil an einen Pool­treuhänder, der die­sen bis zur Auf­nahme ei­nes neuen Ge­sell­schaf­ters treuhände­ri­sch für die ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­ter hält, un­ter­liegt der Vor­gang bei den ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­tern nicht der Schen­kung­steuer.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Wirt­schaftsprüfer und war seit Juli 1988 Ge­sell­schaf­ter ei­ner Wirt­schaftsprüfungs­ge­sell­schaft (W-GmbH). Die Ge­sell­schaf­ter hiel­ten je­weils einen Ge­schäfts­an­teil im Nenn­be­trag von 50.000 €. Am 30.6.2004 hat­ten die Ge­sell­schaf­ter die Neu­fas­sung ei­nes no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­ten Pool­ver­trags be­schlos­sen, der die Verhält­nisse der Ge­sell­schaf­ter un­ter­ein­an­der im Ma­na­ger­mo­dell re­gelte. Dazu gehörte die Be­en­di­gung der Mit­glied­schaft bei Voll­en­dung des 63. Le­bens­jahrs. Der Ge­sell­schaf­ter sollte zu einem näher be­stimm­ten Tag (ge­kop­pelt an die Rech­nungs­le­gung) sei­nen Ge­schäfts­an­teil nach einem vor­for­mu­lier­ten Ver­trags­mus­ter an einen Pool­treuhänder, der durch die Pool­ver­samm­lung be­stimmt wurde, ver­kau­fen und über­tra­gen.

Der Pool­treuhänder hatte hierfür auf Rech­nung der ak­ti­ven Pool­mit­glie­der den No­mi­nal­be­trag des Ge­schäfts­an­teils zu ent­rich­ten, die W-GmbH die bis­her auf­ge­lau­fe­nen Ge­winn­an­teile. Ein An­spruch auf Ab­fin­dung stil­ler Re­ser­ven oder ei­nes Good­wills be­stand nicht. Die Ge­schäfts­an­teile der aus­schei­den­den Pool­mit­glie­der wa­ren für die Auf­nahme neuer Pool­mit­glie­der vor­ge­se­hen. Der Pool­treuhänder hatte die Ge­schäfts­an­teile bis zu ih­rer Über­tra­gung treuhände­ri­sch für alle in der W-GmbH ver­blei­ben­den Pool­mit­glie­der zu er­wer­ben und zu hal­ten. Diese Ge­schäfts­an­teile wa­ren in der Pool­ver­samm­lung nicht stimm­be­rech­tigt und auch bei der Ge­winn­ver­tei­lung grundsätz­lich nicht zu berück­sich­ti­gen. Ein­zel­hei­ten re­gelte ein dem Pool­ver­trag bei­gefügter Treu­hand­ver­trag, dem­zu­folge der Pool­treuhänder als fremdnützi­ger Treuhänder han­delte und im Außenverhält­nis Voll­rechts­in­ha­ber war. Zah­lun­gen und sons­tige Leis­tun­gen aus der Ge­sell­schaf­ter­stel­lung wa­ren grundsätz­lich an den Treu­ge­ber ab­zuführen.

Der Ge­sell­schaf­ter X kündigte aus Al­tersgründen und ver­kaufte sei­nen Ge­schäfts­an­teil nach Maßgabe der vor­be­schrie­be­nen Re­ge­lun­gen an den Pool­treuhänder für 50.000 €. Das Fi­nanz­amt nahm zunächst die W-GmbH un­ter Be­ru­fung auf § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG auf Schen­kung­steuer in An­spruch. Im Ein­spruchs­ver­fah­ren zog es den Kläger un­ter Be­ru­fung auf § 174 Abs. 5 Satz 2 AO hinzu. We­gen des Aus­schei­dens ei­nes wei­te­ren Ge­sell­schaf­ters setzte das Fi­nanz­amt eben­falls Schen­kung­steuer ge­gen die W-GmbH fest.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion der Fi­nanz­behörde vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Das FG hat zu Recht er­kannt, dass die Über­tra­gung des Ge­schäfts­an­teils an der W-GmbH von X auf den Pool­treuhänder bei dem Kläger nicht der Schen­kung­steuer un­ter­liegt.

Der Vor­gang ist nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG schen­kung­steu­er­bar. Die Frage, ob und auf wen schen­kung­steu­er­lich ein Ge­schäfts­an­teil über­geht, ist nach dem Zi­vil­recht zu be­ur­tei­len. Denn die Erb­schaft- und Schen­kung­steuer knüpft grundsätz­lich an bürger­lich-recht­li­che Vorgänge an. Eine wirt­schaft­li­che Be­trach­tungs­weise ist da­her re­gelmäßig nicht an­wend­bar. So kommt es auch bei an­de­ren Tat­beständen der Schen­kung­steuer für die Prüfung, wer als Zu­wen­den­der und Be­dach­ter an ei­ner frei­ge­bi­gen Zu­wen­dung be­tei­ligt ist, grundsätz­lich auf die Zi­vil­rechts­lage und nicht dar­auf an, wem nach wirt­schaft­li­cher Be­trach­tungs­weise Vermögen oder Ein­kom­men zu­zu­rech­nen ist, denn die Schen­kung­steuer ist eine Ver­kehr­steuer.

Für Treu­hand­verhält­nisse an jed­we­dem Treu­gut, mit­hin auch an ge­sell­schafts­recht­li­chen Be­tei­li­gun­gen, gilt nichts an­de­res. Geht es im Rah­men der Erb­schaft- und Schen­kung­steuer um die Frage der Rechts­zuständig­keit an dem Treu­gut, so bleibt maßge­bend, wer zi­vil­recht­li­cher Rechts­in­ha­ber ist. Das ist re­gelmäßig der Treuhänder. Die ab­wei­chende Zu­rech­nungs­vor­schrift des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Al­ter­na­tive 1 AO be­trifft eine be­son­dere Form wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tums und ist im Erb­schaft- und Schen­kung­steu­er­recht grundsätz­lich ebenso we­nig an­wend­bar wie § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ins­ge­samt.

Auch § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG bie­tet keine Grund­lage, für den Überg­ang ei­nes Ge­sell­schafts­an­teils nicht - wie re­gelmäßig - an den Er­werb zi­vil­recht­li­chen Ei­gen­tums, son­dern -aus­nahms­weise - an den Er­werb des wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tums an­zuknüpfen. Die Wort­wahl "Überg­ang des An­teils" ist eine ori­ginär zi­vil­recht­li­che. Eine den Prin­zi­pien der Erb­schaft- und Schen­kung­steuer zu­wi­der­lau­fende rein wirt­schaft­li­che Be­trach­tung, die die bei al­len Ver­trags­be­tei­lig­ten ein­tre­ten­den wirt­schaft­li­chen Vor- und Nach­teile be­leuch­tete, hätte ei­ner be­son­de­ren ge­setz­li­chen An­ord­nung be­durft. Ins­be­son­dere gibt § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG für die Be­steue­rung ei­ner et­wai­gen bei einem Drit­ten ein­ge­tre­te­nen Be­rei­che­rung keine Hand­habe, da die Vor­schrift nicht an die Be­rei­che­rung, son­dern an den An­teil­ser­werb anknüpft.

Nach die­sen Maßstäben hatte im Streit­fall nicht der Kläger, son­dern der Pool­treuhänder den GmbH-Ge­schäfts­an­teil er­wor­ben, so dass der Vor­gang beim Kläger nicht nach § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG steu­er­bar ist. Der Pool­treuhänder war zi­vil­recht­li­cher Ei­gentümer ge­wor­den. Die An­nahme des Fi­nanz­am­tes, in Wahr­heit sei le­dig­lich der über die ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­ter ver­lau­fende Leis­tungs­weg ab­gekürzt wor­den, fand in dem Pool­ver­trag, der von vorn­her­ein den tatsäch­lich gewähl­ten Über­tra­gungs­weg vor­sah, keine Stütze.

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