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Schuldet ein Logistikdienstleister Einfuhrumsatzsteuer für wiederausgeführte Drittlandsware?

FG Hamburg 18.2.2014, 4 K 130/12 u.a.

Das FG Ham­burg hat den EuGH in zwei Ver­fah­ren an­ge­ru­fen, in de­nen sich die Kläger ge­gen die Er­he­bung von Ein­fuhr­um­satz­steuer weh­ren. Das FG hat Zwei­fel an der Rich­tig­keit der Ein­fuhr­um­satz­steuer-Er­he­bung in sol­chen Fällen, in de­nen in der Union ge­la­gerte oder dort­hin trans­por­tierte Dritt­lands­ware wie­der aus dem EU-Ge­biet aus­geführt wurde, da­bei al­ler­dings das ex­terne ge­mein­schaft­li­che Ver­sand­ver­fah­ren nicht frist­ge­recht be­en­det, bzw. der Wa­ren­ab­gang nicht recht­zei­tig in der Zoll­la­ger­buch­hal­tung er­fasst wurde.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger der bei­den Ver­fah­ren 4 K 130/12 und 4 K 150/12 sind Lo­gis­tik­dienst­leis­ter, die für ihre Auf­trag­ge­ber Dritt­lands­ware in der Union trans­por­tiert bzw. ge­la­gert ha­ben. In den Kla­ge­ver­fah­ren sind diese Dritt­lands­wa­ren aus dem Ge­biet der Union wie­der­aus­geführt wor­den. Al­ler­dings hat­ten die Kläger das ex­terne ge­mein­schaft­li­che Ver­sand­ver­fah­ren nicht frist­ge­recht be­en­det bzw. den Wa­ren­ab­gang nicht recht­zei­tig in ih­rer Zoll­la­ger­buch­hal­tung er­fasst. We­gen die­ser Pflicht­ver­let­zun­gen ist ge­gen sie gem. Art. 204 Zoll­ko­dex Ein­fuhr­zoll für die Wa­ren fest­ge­setzt wor­den.

Die Kläger wen­den sich mit ih­ren Kla­gen da­ge­gen, dass Sie ne­ben dem Ein­fuhr­zoll auch noch auf Ein­fuhr­um­satz­steuer in An­spruch ge­nom­men wur­den. Weil nach bis­her herr­schen­der An­sicht Lo­gis­tik­dienst­leis­ter die Ein­fuhr­um­satz­steuer, die ih­nen für Ge­genstände ih­rer Kun­den in Rech­nung ge­stellt wer­den, man­gels ei­ge­ner Verfügungs­macht über die Ge­genstände nicht als Vor­steuer ab­zie­hen dürfen, se­hen sich die Kläger in­so­weit übermäßig be­las­tet. Je nach Wa­ren­wert können beim Dienst­leis­ter auf diese Weise Ein­fuhr­ab­ga­ben in viel­fa­cher Höhe des Wer­tes der von ihm er­brach­ten Dienst­leis­tung ent­ste­hen und un­mit­tel­bar exis­tenz­be­dro­hend wir­ken.

Das FG hat seine Zwei­fel an der Rich­tig­keit der Ein­fuhr­um­satz­steuer-Er­he­bung in sol­chen Fällen zum An­lass für je­weils ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen an den EuGH ge­nom­men.

Die Gründe:
Das an­zu­wen­dende Um­satz­steu­er­ge­setz, mit dem eu­ropäisches Richt­li­ni­en­recht - die Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie bzw. ihr Vorläufer, die sog. Sechste Richt­li­nie - um­ge­setzt wird, ord­net für die Ein­fuhr­um­satz­steuer schlicht eine sinn­gemäße An­wen­dung der zoll­recht­li­chen Vor­schrif­ten an. Das FG sieht durch die In­an­spruch­nahme der Kläger das Neu­tra­litätsprin­zip und da­mit ein kon­sti­tu­ti­ves Merk­mal des eu­ropäischen Mehr­wert­steu­er­rechts in Ge­fahr.

Mit dem Recht auf Vor­steu­er­ab­zug soll der Un­ter­neh­mer vollständig von der im Rah­men sei­ner wirt­schaft­li­chen Tätig­keit ge­schul­de­ten oder ent­rich­te­ten Mehr­wert­steuer ent­las­tet wer­den. Sollte der Lo­gis­tik­dienst­leis­ter man­gels ei­ge­ner Verfügungs­be­fug­nis je­doch nicht wie ein Einführer für die Ein­fuhr­um­satz­steuer vor­steu­er­be­rech­tigt sein, ist es frag­lich, ob er Schuld­ner der Ein­fuhr­um­satz­steuer sein kann. Im Ver­gleichs­fall ei­ner in­ner­eu­ropäischen Lie­fe­rung ist Um­satz­steu­er­schuld­ner auch nur der über den Lie­fer­ge­gen­stand verfügende Lie­fe­rant, nicht aber der von ihm ein­ge­schal­tete Fuhr­un­ter­neh­mer oder La­ger­hal­ter.

Link­hin­weis:

  • Die Voll­texte der Ent­schei­dun­gen sind in der Lan­des­recht­spre­chungs­da­ten­bank Ham­burg veröff­ent­licht.
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