Hintergrund der geplanten Senkung der Umsatzsteuer auf Erdgaslieferungen ist die beschlossene Gasumlage, aufgrund derer Importeure ab Oktober wegen des Ukraine-Kriegs erhöhte Beschaffungskosten an die Verbraucher weitergeben können. Alle Gasnutzer, gleichgültig ob Privatleute oder Unternehmen, müssen dann zunächst eine Umlage in Höhe von etwa 2,4 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Auf diese Umlage fällt zudem Umsatzsteuer an. Da nach europäischem Recht nicht vorgesehen ist, eine solche Umlage umsatzsteuerfrei zu behandeln, hat sich die Bundesregierung zur Entlastung von Endverbrauchern und Unternehmern für eine vorübergehende Senkung der Umsatzsteuer auf Gas entschieden.
Das für die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ab Oktober erforderliche Gesetzgebungsverfahren müsste vor dem 01.10.2022 abgeschlossen sein. Die Zustimmung des Bundesrates zu dem Gesetz ist erforderlich. Diese könnte bereits bei seiner nächsten Sitzung am 16.09.2022 erfolgen.
Hinweis: Sollte das Gesetzgebungsverfahren in dem vorgesehenen Eiltempo zum Abschluss gebracht werden, bleibt für die in den Unternehmen erforderlichen Umstellungen wenig Zeit.
Auch Unternehmer von der Umsatzsteuersatzsenkung betroffen
Nach den bisher vorliegenden Informationen soll der Umsatzsteuersatz für alle Lieferungen von Erdgas vorübergehend vom 01.10.2022 bis 31.03.2024 von 19 % auf 7 % gesenkt werden. Damit wird diese Senkung nicht nur Erdgaslieferungen an nichtunternehmerische Endverbraucher, sondern auch solche an andere Unternehmer betreffen. Dies hat zur Folge, dass alle Unternehmer den Vorsteuerabzug aus dem Einkauf von Erdgas im Zeitraum der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur in Höhe von 7 % vornehmen dürfen. Unternehmer, die Erdgas z. B. an Gruppengesellschaften weiterveräußern, müssen den Steuersatz von 7 % auch auf die daraus resultierenden Verkäufe von Erdgas anwenden.
Hinweis: Die Senkung des Steuersatzes wirkt sich damit nicht nur auf die Ausgangsumsätze von Gasversorgern aus, sondern betrifft auch die Umsätze einer Vielzahl von Unternehmen. Unternehmen sollten sich daher zeitnah auf die erforderlichen Umstellungen einrichten.
Für die Frage, ab wann der ermäßigte Steuersatz auf die Lieferung von Erdgas anzuwenden ist, ist der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung entscheidend.
Hinweis: Wird die Lieferung von Erdgas vor dem 01.10.2022 oder nach dem 31.03.2024 ausgeführt, gilt der Steuersatz von 19 %. Für Erdgaslieferungen nach dem 30.09.2022 und vor dem 01.04.2024 gilt hingegen der ermäßigte Steuersatz von 7 %.
Wie das BMF mit Schreiben vom 30.06.2020 in Rz. 35 zur Senkung der Steuersätze im Jahr 2020 klargestellt hat, ist die Lieferung von Gas mit dem Ende des Ablesezeitraumes erbracht.
Hinweis: Sofern der Steuersatz auf die Lieferung von Erdgas wie geplant abgesenkt wird und der Ablesezeitraum zu einem Zeitpunkt nach dem 30.09.2022 und vor dem 01.04.2024 endet, sind die Erdgaslieferungen des gesamten Ablesezeitraumes mit dem Steuersatz in Höhe von 7 % abzurechnen. Soweit Ablesezeiträume vor dem 01.10.2022 oder nach dem 31.03.2024 enden, sind die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums dem Steuersatz in Höhe von 19 % zu unterwerfen.
Diese Handhabung setzt voraus, dass die Finanzverwaltung die geplante Lieferung von Erdgas wie bei der Senkung der Umsatzsteuersätze im Jahr 2020 behandelt, wovon derzeit auszugehen ist.
Daher ist es auch zu vermuten, dass wieder Vereinfachungsregelungen erlassen werden. Hier ist ggf. eine Klärung durch ein weiteres BMF-Schreiben abzuwarten.
Auswirkungen der Umsatzsteuersatzsenkung auf Erdgas für Vermieter
Für Vermieter von Immobilien, die den Verbrauch von Erdgas an ihre Mieter abrechnen, ändert sich der Steuersatz auf die Abrechnung an ihre Mieter nicht, sofern sie die Gaslieferung als umsatzsteuerliche Nebenleistung zu der Vermietung behandeln. In diesem Fall gilt, sofern auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 1 UStG verzichtet wurde, weiterhin der Regelsteuersatz in Höhe von 19 %. Wurde nicht auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet, gilt die Umsatzsteuerbefreiung auch für die Gaslieferung als Nebenleistung.
Handelt sich um eine kurzfristige Vermietung, für die unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG der ermäßigte Steuersatz in Höhe von 7 % anzuwenden ist, gilt dies auch für die Gaslieferung als Nebenleistung.
Sofern Vermieter die jüngere EuGH-Rechtsprechung (EuGH-Urteil vom 16.04.2015, Rs. C-42/14, Wojskowa Agencja Mieszkaniowa, DStR 2015, S. 888) anwenden und die Gaslieferung aufgrund des Vorhandenseins eines separaten Zählers je Mieter nicht als Nebenleistung behandeln, reduziert sich der Steuersatz für die Erdgaslieferung an den Mieter ab dem 01.10.2022 auf 7 %.
Hinweis: Sie möchten mehr zu den umsatzsteuerlichen Implikationen der Steuersatzänderung erfahren? Fordern Sie dazu gerne unser FAQ zur temporären Umsatzsteuersenkung für Gaslieferungen per E-Mail unter umsatzsteuersenkung@ebnerstolz.de an.
Update: Der Bundestag hat am 30.09.2022 das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes beschlossen. Darin enthalten ist auch eine temporäre Umsatzsteuersenkung für die Lieferung von Wärme über das Wärmenetz.