Ein deutscher Staatsangehöriger, der seit 2008 als Gesellschafter-Geschäftsführer zu 50 % an einer in der Schweiz ansässigen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, verlegte 2011 seinen Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz. Gemäß § 6 Abs. 1 AStG wurde die Veräußerung der Anteile fingiert und der Vermögenszuwachs unter Beachtung des Teileinkünfteverfahrens der Einkommensteuer unterworfen.
Auf das Vorabentscheidungsersuchen des FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 14.6.2017, Az. 2 K 2413/15) hin entschied nun der EuGH, dass diese Sofortbesteuerung eine ungerechtfertigte Beschränkung des Niederlassungsrechts gemäß dem zwischen der EU und der Schweiz vereinbarten Freizügigkeitsabkommen darstellt (Urteil vom 26.2.2019, Rs. C-581/17, Wächtler). Der EuGH sieht es als unverhältnismäßig an, dass in diesem Fall eine Stundung der Steuer, wie sie bei Wegzug in einen EU-/EWR-Staat vorgesehen ist, versagt wird. Auch eine auf Antrag ggf. zu gewährende Streckung der Steuerzahlung hält der EuGH nicht für geeignet, den aus der Wegzugsbesteuerung resultierenden Liquiditätsnachteil auszugleichen.
Hinweis
Gegen Einkommensteuerbescheide, in denen in entsprechenden Fällen eine fiktive Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen i. S. v. § 17 EStG berücksichtigt wurde, sollte mit Verweis auf die EuGH-Entscheidung Einspruch eingelegt werden. Zwar betraf die Entscheidung des EuGH den Fall eines Steuerpflichtigen, dessen Tätigkeit als selbständige Erwerbstätigkeit qualifiziert wurde. U. E. dürfte der EuGH aber auch bei einem abhängig Beschäftigten zu einem entsprechenden Ergebnis kommen, weshalb auch in diesen Fällen Einspruch eingelegt werden sollte.