Im Kern sieht die Verordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise die folgenden Maßnahmen vor:
Senkung der Stromnachfrage
Die Mitgliedstaaten verpflichten sich zu einer verbindlichen Senkung des Gesamtbruttostromverbrauchs in Spitzenzeiten von 5 %. Zusätzlich sieht die Verordnung eine Senkung des Stromverbrauchs um 10 % auf freiwilliger Basis vor. Welche Maßnahmen zur Verbrauchsreduzierung herangezogen werden, ist dabei den Mitgliedstaaten freigestellt.
Abschöpfung von Markterlösen inframarginaler Erzeuger
In der Öffentlichkeit diskutiert wurde eine Abschöpfung von sog. Überschusserlösen für Betreiber, die sog. inframarginale Technologien, bspw. erneuerbare Energien, Kernenergie oder Braunkohle, zur Stromerzeugung nutzen. Die Mitgliedstaaten haben sich nun darauf geeinigt, die Markteinnahmen solcher Stromerzeuger und Zwischenhändler auf 180 Euro/MWh zu begrenzen. Darüberhinausgehende Erlöse sollen abgeschöpft und zur Unterstützung und zum Schutz der Stromendkunden umverteilt werden.
Um den individuellen nationalen Gegebenheiten Rechnung tragen zu können, wurde den Mitgliedstaaten allerdings Spielraum bei der Umsetzung der dazu selbst gewählten Maßnahmen eingeräumt. In gewissen Fällen kann bspw. eine höhere Erlösobergrenze festgelegt werden. Außerdem wird den Mitgliedstaaten eine weitere Begrenzung der Markerlöse eingeräumt, wobei eine unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Technologien möglich ist, sowie die Möglichkeit, die Markterlöse weiterer Akteure, z. B. auch von Händlern, zu begrenzen.
Solidaritätsbeitrag für fossile Brennstoffe
Laut der Verordnung müssen Unternehmen, die im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätig sind, zudem einen befristeten Solidaritätszuschlag von mindestens 33 % leisten. Dieser wird auf Grundlage des im Jahr 2022 und/oder 2023 beginnenden Haushaltsjahrs ermittelten steuerpflichtigen Gewinne berechnet. In die Berechnung einbezogen werden allerdings nur Gewinne, die 20 % über dem durchschnittlichen Gewinn der letzten vier Jahre liegen. Der Solidaritätsbeitrag wird zusätzlich zu den in den einzelnen Mitgliedstaaten erhobenen Steuern und Abgaben erhoben und soll für die finanzielle Abfederung der Energiepreisbelastungen bei Privatverbrauchern und Unternehmen verwendet werden.
Festlegung eines Strompreises für KMU-Endkunden
Die EU-Mitgliedstaaten können zur Unterstützung von KMU, die die hohen Energiepreise nicht stemmen können, vorübergehend einen Strompreis festlegen. Ausnahmsweise und vorübergehend können die Mitgliedstaaten zudem einen Strompreis unterhalb der Kosten des Versorgers festsetzen.
Zeitliche Anwendung der Maßnahmen
Die beschlossenen Maßnahmen gelten grundsätzlich für den Zeitraum vom 01.12.2022 bis zum 31.12.2023. Davon abweichend müssen die Reduktionsziele des Energieverbrauchs bis zum 31.03.2023 eingehalten werden. Die Begrenzung der Markterlöse wird auf den Zeitraum bis zum 30.06.2023 beschränkt.
Hinweis: Die Verordnung gilt seit dem Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU, somit seit dem 07.10.2022, in den Mitgliedstaaten unmittelbar. Ob und wie die eingeräumten Spielräume in Deutschland durch den Gesetzgeber genutzt werden, ist derzeit noch nicht bekannt.