Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob die von der Klägerin ausgeführten Verwaltungsumsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage vom 17.5.1977 (Richtlinie 77/388/EWG) umsatzsteuerbefreit sind.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine AG, deren Unternehmensgegenstand u.a. die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens ist, namentlich die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung solcher Gesellschaften, die eigenes Vermögen verwalten. Die Klägerin initiierte die Gründung von fünf jeweils in der Rechtsform der GbR geführten Fondsgesellschaften.
Für die Vermögensverwaltung erhielt die Klägerin die im Vermögensverwaltungsvertrag vorgesehene Vergütung. In den Streitjahren 1998 bis 2004 erzielte die Klägerin auf dieser Grundlage aus ihrer Tätigkeit für die Fondsgesellschaften sowohl erfolgsabhängige als auch erfolgsunabhängige Umsätze, die sie jeweils als nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei behandelte. Das Finanzamt unterwarf die Umsätze der Klägerin im Anschluss an eine Betriebsprüfung für die Jahre 1998 bis 2004 der Regelbesteuerung.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die von der Klägerin ausgeführten Umsätze vom Begriff der "Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften" und damit von der Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG umfasst werden.
Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG ermächtigt die Mitgliedstaaten, den Begriff "Sondervermögen" zu definieren. Nach nationalem Recht, auf das Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG verweist, sind die Verwaltungsleistungen der Klägerin nicht von der Umsatzsteuer befreit, weil die Voraussetzungen von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nicht erfüllt sind. Die Klägerin selbst ist weder eine Kapitalanlagegesellschaft, deren Gegenstand die Verwaltung von Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) ist, noch eine Kapitalanlagegesellschaft, deren Gegenstand die Verwaltung von Sondervermögen nach dem Investmentgesetz (InvG) ist, weil ihr Unternehmensgegenstand nicht die Bildung eines Sondervermögens i.S.d. KAGG bzw. InvG umfasst.
Der Begriff des "Sondervermögens" i.S.v. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG wird neben dem nationalen Recht zugleich durch das Unionsrecht bestimmt. Denn die den Mitgliedstaaten übertragene Definitionsbefugnis ist durch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität und das Verbot, der vom Unionsgesetzgeber verwendeten Formulierung der Befreiungsvorschrift zuwiderzuhandeln, begrenzt. Zudem wurde die Definitionsbefugnis der Mitgliedstaaten durch die Koordinierung der Rechtsvorschriften im Bereich der Investmentaufsicht auf Unionsebene überlagert. Sondervermögen i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG sind deshalb jedenfalls Fonds, die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne der OGAW-Richtlinie, mit Wirkung ab 23.2.2002 geändert durch die Richtlinie 2001/108/EG, darstellen. Darüber hinaus sind als Sondervermögen i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG auch Fonds anzusehen, die zwar keine OGAW i.S.d. OGAW-Richtlinie darstellen, jedoch gleiche Merkmale wie diese aufweisen und vergleichbare Umsätze tätigen oder diesen zumindest so weit ähnlich sind, dass sie mit ihnen im Wettbewerb stehen.
Im Streitfall lagen keine OGAW oder OGAW-ähnliche Fonds vor. Die Klägerin selbst ist schon deshalb kein OGAW, weil ihr ausschließlicher Zweck nicht, wie Art. 1 Abs. 2 der OGAW- Richtlinie voraussetzt, darauf gerichtet ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren anzulegen und deren Anteile auf Verlangen der Anteilsinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden. Denn Unternehmensgegenstand der Klägerin ist vielmehr "u.a. die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens". Allerdings können auch Leistungen bei der administrativen und buchhalterischen Verwaltung der Vermögen durch einen außenstehenden Verwalter als Verwaltung von Sondervermögen steuerfrei sein, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften spezifisch und wesentlich sind.
Das würde aber voraussetzen, dass die fünf GbR als OGAW anzusehen sind. Das ist jedoch nicht der Fall, weil die fünf GbR für die Ausübung ihrer Tätigkeit weder einer Zulassung bedurft haben (Art. 4 Abs. 1 der OGAW- Richtlinie) noch die zuständigen Stellen der Verwaltungsgesellschaft die Zulassung erteilt, die Vertragsbedingungen genehmigt oder der Wahl der Verwahrstelle zugestimmt haben (Art. 4 Abs. 2 der OGAW- Richtlinie). Die Klägerin und die fünf GbR sind auch keine OGAW-ähnlichen Fonds. Das würde voraussetzen, dass sie gleiche Merkmale aufweisen wie diese und vergleichbare Umsätze tätigen oder diesen zumindest so weit ähnlich sind, dass sie mit ihnen im Wettbewerb stehen. Das setzt aber zumindest voraus, dass das nationale Recht eine besondere staatliche Aufsicht für ein solches Vermögen vorsieht. Die GbR unterliegen zwar der allgemeinen Aufsicht durch das BAWe (bis 30.4.2002) bzw. das BaFin (ab 01.5.2002). Das reicht für die besondere Aufsicht i.S.d. EuGH-Urteils Fiscale Eenheid X (EU:C:2015:801) aber nicht aus.
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