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Steuerberatung

Sonstige Leistungen eines Berufsreiters

BFH v. 10.6.2020 - XI R 25/18

Preis­gel­der, die ein Rei­ter im Falle ei­ner er­folg­rei­chen Teil­nahme an einem Tur­nier (vom Ver­an­stal­ter oder vom Ei­gentümer des Pfer­des) erhält, sind kein Ent­gelt für eine steu­er­bare Leis­tung des Rei­ters. Die Gewährung un­ent­gelt­li­cher sons­ti­ger Leis­tun­gen aus un­ter­neh­me­ri­schen Gründen ist nicht steu­er­bar. Auf­wen­dun­gen für die Vor­be­rei­tung und Teil­nahme von Pfer­den an Tur­nie­ren ste­hen bei einem Un­ter­neh­mer, der einen Tur­nier- und Aus­bil­dungs­stall be­treibt, in einem di­rek­ten und un­mit­tel­ba­ren Zu­sam­men­hang mit sei­ner ge­sam­ten wirt­schaft­li­chen Tätig­keit, wenn die Pferde tatsäch­lich für den Ver­kauf be­stimmt sind oder die Teil­nahme an Tur­nie­ren ob­jek­tiv ein Mit­tel zur Förde­rung der wirt­schaft­li­chen Tätig­keit sei­nes Un­ter­neh­mens ist.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb im Streit­jahr (2009) einen Tur­nier- und Aus­bil­dungs­stall für Pferde. Da­bei nahm er mit bei ihm un­ter­ge­brach­ten Pfer­den, die über­wie­gend nicht in sei­nem Ei­gen­tum stan­den, aber auch mit Pfer­den, de­ren Mit­ei­gentümer der Kläger ist (ei­gene Pferde), im In- und Aus­land an Reit­tur­nie­ren teil und er­hielt im Falle der er­folg­rei­chen Tur­nier­teil­nahme Preis­gel­der. Ei­gene Pferde sind fol­gende Pferde: das Pferd A, das Pferd B und das Pferd C. Bei ei­ner Tur­nier­teil­nahme mit frem­den Pfer­den schloss der Kläger Über­las­sungs­ver­ein­ba­run­gen mit den je­wei­li­gen Ei­gentümern ab, die Un­ter­stel­lung, Pflege und Tur­nier­vor­be­rei­tung der Pferde be­inhal­te­ten. Der Ei­gentümer des Pfer­des stellte die­ses dem Tur­nier- und Aus­bil­dungs­stall zur Verfügung, er ver­zich­tete auf jeg­li­ches Wei­sungs­recht für Trai­ning und Ein­satz des Pfer­des und über­nahm die Kos­ten für den Un­ter­halt, den Huf­schmied, den Tier­arzt und den Tur­nier­ein­satz. Im Ge­gen­zug er­hielt der Ei­gentümer aus den Teil­nah­men an den Tur­nier­ver­an­stal­tun­gen die Hälfte der ge­won­ne­nen Geld­preise und die Hälfte der vom Ver­an­stal­ter gewähr­ten (im Streit­fall aber nicht an­ge­fal­le­nen) Trans­port­ent­schädi­gun­gen.

Da­ne­ben schloss der Kläger ge­son­derte Pfer­de­ein­stel­lungs- und Ver­sor­gungs­verträge mit den Pfer­de­ei­gentümern. Für diese Pen­si­ons­leis­tun­gen ver­ein­bar­ten die Ver­trags­par­teien mtl. ein ge­son­der­tes Ent­gelt. Zur pro­fes­sio­nel­len Un­ter­stel­lung und Pflege der Pferde gehörten die Fütte­rung, das tägli­che Be­we­gen so­wie die Be­treu­ung durch einen Tier­arzt und einen Huf­schmied. So­weit die frem­den Pferde wei­ter aus­ge­bil­det und vom Kläger auf di­ver­sen in- und ausländi­schen Tur­nie­ren ge­rit­ten wur­den, über­nahm der Kläger die Lo­gis­tik (For­ma­litäten, Nenn­gel­der, Trans­port der Pferde, Ab­rech­nung mit den Tur­nier­ver­an­stal­tern etc.). Die Preis­gel­der wur­den vom je­wei­li­gen Tur­nier­ver­an­stal­ter in vol­ler Höhe an den Kläger aus­ge­zahlt; die­ser lei­tete nach Ab­zug sei­nes An­teils den ver­blei­ben­den Be­trag an den je­wei­li­gen Ei­gentümer wei­ter.

Der Kläger und MX sind je zur Hälfte Ei­gentümer des Pfer­des A. Ur­sprüng­li­cher Ei­gentümer des Pfer­des war zunächst der Va­ter von MX. Die­ser ver­kaufte den hälf­ti­gen An­teil an dem Pferd an den Kläger; die an­dere Hälfte über­trug er schenk­weise auf MX. Im Pfer­de­pass wer­den der Kläger und MX als Ei­gentümer geführt. Im Pfer­de­kauf­ver­trag wurde ge­son­dert ver­ein­bart, dass das Ge­winn­geld je­weils zu 50 % und dass bei einem Ver­kauf des Pfer­des 50 % des Kauf­prei­ses an MX zu zah­len sind. Der Kläger über­nahm die Ver­pflich­tung, das Pferd zu trai­nie­ren und bei Tur­nie­ren zu rei­ten. MX sollte die Hälfte der Un­ter­halts­kos­ten des Pfer­des tra­gen. Eine schrift­li­che Ver­ein­ba­rung darüber liegt nach An­ga­ben des Klägers nicht vor. Der Kläger stellte da­ne­ben der Fa­mi­lie X für das Ein­stel­len des Pfer­des A mtl. eine Summe (ein­schließlich Um­satz­steuer) in Rech­nung.

In sei­ner Um­satz­steuer-Jah­res­erklärung für das Streit­jahr, der das Fi­nanz­amt zu­ge­stimmt hat, hatte der Kläger die ihm ver­blie­be­nen An­teile an den Preis­gel­dern, so­weit sie auf ausländi­sche Tur­niere ent­fie­len, als Ent­gelt für im In­land nicht steu­er­bare Umsätze de­kla­riert. Die Preis­gel­der für inländi­sche Tur­niere sah er als Ent­gelte für nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG ermäßigt zu be­steu­ernde Umsätze an. Das Fi­nanz­amt folgte die­ser Be­ur­tei­lung auf­grund ei­ner Außenprüfung nicht. Es nahm an, die Preis­gel­der seien Ent­gelte für im In­land steu­er­bare und zum Re­gel­steu­er­satz steu­er­pflich­tige Umsätze an die je­wei­li­gen Ei­gentümer der Pferde. Dies gelte auch für das Pferd A. Mit dem Ein­spruch trug der Kläger u.a. vor, hin­sicht­lich des Pfer­des A hätten er und MX eine GbR gegründet mit dem Ziel, mit dem Pferd er­folg­reich an Leis­tungsprüfun­gen teil­zu­neh­men. Da­her be­stehe kein Leis­tungs­aus­tausch zwi­schen ihm und der GbR, son­dern er, der Kläger, leiste einen Ge­sell­schaf­ter­bei­trag ge­gen Be­tei­li­gung am Ge­winn. Dar­auf­hin setzte das Fi­nanz­amt die Um­satz­steuer für das Streit­jahr höher fest. Es nahm an, dass der Kläger eine un­ent­gelt­li­che Wert­ab­gabe an die GbR (Pferd A) aus­geführt habe.

Im Laufe des Kla­ge­ver­fah­rens hat das Fi­nanz­amt einen Ände­rungs­be­scheid zur Um­satz­steuer 2009 er­las­sen und die Steuer er­neut höher fest­ge­setzt. Es nahm an, dass auch für die Pferde B und C eine un­ent­gelt­li­che Wert­ab­gabe an­zu­set­zen sei, da auch diese Pferde im Mit­ei­gen­tum des Klägers stünden. Außer­dem sei die un­ent­gelt­li­che Wert­ab­gabe für das Pferd A um wei­tere, bis­her nicht berück­sich­tigte Kos­ten zu erhöhen. Der Be­scheid wurde zum Ge­gen­stand des Kla­ge­ver­fah­rens.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Preis­gel­der, die der Kläger im Falle ei­ner er­folg­rei­chen Teil­nahme an einem Tur­nier (vom Ver­an­stal­ter oder vom Ei­gentümer des Pfer­des) er­hal­ten hat, sind kein Ent­gelt für eine steu­er­bare Leis­tung. Denn eine Zah­lung/Auf­wen­dung ist grundsätz­lich (nur) dann Ent­gelt/Ge­gen­leis­tung für eine be­stimmte Leis­tung, wenn sie "für die Leis­tung" bzw. "für diese Umsätze" gewährt wird bzw. der Leis­tende sie hierfür erhält.

Die Über­las­sung ei­nes Pfer­des durch sei­nen Ei­gentümer, der Steu­er­pflich­ti­ger ist, an den Ver­an­stal­ter ei­nes Pfer­de­ren­nens zwecks Teil­nahme des Pfer­des an die­sem Ren­nen stellt keine ge­gen Ent­gelt er­brachte Dienst­leis­tung dar, wenn für sie we­der ein An­tritts­geld noch eine an­dere un­mit­tel­bare Vergütung ge­zahlt wird und nur die Ei­gentümer der Pferde mit ei­ner er­folg­rei­chen Plat­zie­rung in dem Ren­nen ein - sei es auch ein im Vor­aus fest­ge­leg­tes - Preis­geld er­hal­ten. Die Über­las­sung ei­nes Pfer­des stellt da­ge­gen eine ge­gen Ent­gelt er­brachte Dienst­leis­tung dar, wenn der Ver­an­stal­ter für sie eine von der Plat­zie­rung des Pfer­des in dem Ren­nen un­abhängige Vergütung zahlt. Al­ler­dings er­gibt sich aus der Recht­spre­chung des EuGH, dass auch im Falle der Tur­nier­teil­nahme mit frem­den Pfer­den für Zah­lun­gen an den Rei­ter ein un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang zu ver­nei­nen ist. Bei Zah­lung ei­nes An­tritts­gelds ist (nur) das vom Renn­ver­an­stal­ter an den Ei­gentümer des Pfer­des ge­zahlte An­tritts­geld die tatsäch­li­che Ge­gen­leis­tung für die ihm er­brachte Dienst­leis­tung, sein Pferd bei dem Ren­nen an­tre­ten zu las­sen. Even­tu­ell zusätz­lich ver­ein­nahmte Preis­gel­der sind da­ge­gen nicht als - wei­tere - Ge­gen­leis­tung für die Leis­tung, das Pferd an­tre­ten zu las­sen, an­zu­se­hen. Das Preis­geld wird wei­ter­hin nicht für die Teil­nahme, son­dern nur für das Wett­be­werb­ser­geb­nis ge­zahlt.

Im Streit­fall hat der Kläger mit den nur an­tei­lig an die Mit­ei­gentümer (wei­ter-)be­rech­ne­ten Vorgängen keine un­ent­gelt­li­che Wert­ab­gabe an die Ge­samt­heit der Mit­ei­gentümer (ob nun in der Rechts­form der Bruch­teils­ge­mein­schaft oder der GbR) aus­geführt. Ei­ner sons­ti­gen Leis­tung ge­gen Ent­gelt wer­den gem. § 3 Abs. 9a UStG gleich­ge­stellt die Ver­wen­dung ei­nes dem Un­ter­neh­men zu­ge­ord­ne­ten Ge­gen­stands, der zum vollen oder teil­wei­sen Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigt hat, durch einen Un­ter­neh­mer für Zwecke, die außer­halb des Un­ter­neh­mens lie­gen, oder für den pri­va­ten Be­darf sei­nes Per­so­nals, so­fern keine Auf­merk­sam­kei­ten vor­lie­gen (Nr. 1), oder die un­ent­gelt­li­che Er­brin­gung ei­ner an­de­ren sons­ti­gen Leis­tung durch den Un­ter­neh­mer für Zwecke, die außer­halb des Un­ter­neh­mens lie­gen, oder für den pri­va­ten Be­darf sei­nes Per­so­nals, so­fern keine Auf­merk­sam­kei­ten vor­lie­gen (Nr. 2). Er­fasst sind da­her nicht nur Leis­tun­gen für den pri­va­ten Be­darf von Drit­ten, son­dern auch Leis­tun­gen für den pri­va­ten Be­darf des Un­ter­neh­mers selbst. Nicht steu­er­bar ist da­ge­gen die Gewährung un­ent­gelt­li­cher sons­ti­ger Leis­tun­gen aus un­ter­neh­me­ri­schen Gründen. Da­mit lag im Streit­fall eine un­ent­gelt­li­che Wert­ab­gabe nicht vor.

Im Er­geb­nis zu­tref­fend hatte das FG auch die An­wen­dung der Min­dest­be­mes­sungs­grund­lage ver­neint. Mit der ihr soll si­cher­ge­stellt wer­den, dass Leis­tun­gen ohne an­ge­mes­se­nes Ent­gelt ebenso wie die ent­spre­chen­den un­ent­gelt­li­chen Leis­tun­gen be­steu­ert wer­den und dass in­so­weit ein un­ver­steu­er­ter End­ver­brauch aus­ge­schlos­sen wird. Auf­grund des Ge­bots der en­gen Aus­le­gung die Min­dest­be­mes­sungs­grund­lage nach § 10 Abs. 5 UStG ist sie nur auf sol­che Leis­tun­gen an­zu­wen­den, die auch bei un­ent­gelt­li­cher Leis­tung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2, Abs. 9a UStG steu­er­bar sind. Dies war je­doch im Streit­fall nicht der Fall. Dem Kläger stand der gel­tend ge­machte Vor­steu­er­ab­zug in un­gekürz­ter Höhe zu. Der Um­stand, dass eine zu be­steu­ernde un­ent­gelt­li­che Wert­ab­gabe nicht vor­lag, stand dem Grunde nach dem Vor­steu­er­ab­zug eben­falls nicht ent­ge­gen.

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